
Zur Belohnung für ihre Hilfe bedankte sich Gert Pelster mit neuen Fußbällen bei Henri und Ben (v. re.). © Patrick Köllner
Marl: Fußballfreunde Ben (8) und Henri (7) retten Nachbarn (76) das Leben
Kinder reagieren richtig - mit Video
Was für eine schöne Geschichte: Die Freunde Ben (8) und Henri (7) schießen einen Fußball in den Garten ihres Nachbarn Gert Pelster (76) - und retten ihm dadurch das Leben.
Diesen aufregenden Tag werden Ben (8) und Henri (7) so schnell nicht vergessen: Er begann mit Fußballspielen und endete mit dem Einsatz von Polizei und Rettungswagen. Aber von vorn: Am 1. Mai machten sich die beiden Fußballfreunde einmal mehr auf zu ihrem „Trainingsplatz“ in der Waldsiedlung.
Dabei handelt es sich um einen Garagenhof klassischer Bauart. Darauf machen die Jungs gerne das, was Generationen von fußballbegeisterten Kindern schon immer auf Garagenhöfen gemacht haben: Ben stellte sich vor eins der Tore, sein Kumpel Henri nahm Anlauf und schoss ihm den Ball entgegen. Eine seit Jahrzehnten bewährte Prozedur, mit der so mancher Champions-League-Sieger oder gar Weltmeister seine Karriere begann.
Ball landet im Garten
Auf dem Garagenhof können zum Glück keine Scheiben eingeschossen werden, dafür fliegt der Ball bei zu viel Rückenlage aber schon mal über die „Latte“ hinaus in den Garten dahinter. So auch an diesem Tag. Die Jungs wissen allerdings, wem der Garten gehört und was sie in solchen Fällen zu tun haben. „Da wohnt ein Mann, den wir kennen. Der lässt uns den Ball immer aus seinem Garten holen“, sagt Ben. Der Mann heißt Gert Pelster und ist 76 Jahre alt. An diesem Tag jedoch war alles anders. Nachdem sie an der Tür geklingelt hatten, öffnete der Nachbar nicht wie gewohnt. Stattdessen hörten Ben und Henri seine Hilferufe im Haus.

Auf diesem Garagenhof in der Waldsiedlung treffen sich die Freunde Henri (li.) und Ben gerne zum Fußballspielen. Über die Wand hinter ihnen schoss Henri den Ball in den Garten von Gert Pelster. © Patrick Köllner
Kinder reagieren richtig
„Der Mann hat laut um Hilfe gerufen und gesagt, dass er sich nicht mehr bewegen kann,“ erinnert sich Ben. Die Kinder waren zunächst erschrocken, reagierten dann aber absolut vorbildlich. Sie schellten zuerst beim Nachbarn und liefen danach zu Henris Großvater, der ebenfalls in der Nähe wohnt. „Mein Opa rief dann Hilfe“, sagt Henri. Parallel sorgten die Nachbarn über Umwege für Zugang zum Haus.
„Meine Nachbarn haben einen Schlüssel für Notfälle, sie waren an dem Tag aber unterwegs“, sagt Gert Pelster. Die „Schlüsselwächter“ haben aber ebenfalls einen Schlüssel bei Nachbarn deponiert. Und die holten den Schlüssel zu Gerd Pelsters Haus schließlich aus der verschlossenen Wohnung.
Glück im Unglück
Gert Pelster hatte großes Glück im Unglück. Mit dem Rettungswagen wurde er ins Krankenhaus gebracht, wo sein Kopf per Kernspintomographie untersucht wurde. „Ich hatte ein Blutgerinnsel im Kopf“ sagt der 76-Jährige. Bevor er gerettet wurde, fühlte er sich bereits über mehrere Stunden halbseitig gelähmt. „Am Ende konnte ich mich nicht mehr bewegen“, sagt Gert Pelster. Darum konnte er auch nicht sein Handy erreichen, das er ausgerechnet in diesem Moment nicht bei sich trug, weil das Gerät am Ladekabel hing.

Mit Schmackes: Henri würde gerne Stürmer werden und schießt den Ball in Richtung Ben, der später tatsächlich gerne Torwart wäre - oder Rettungssanitäter. © Patrick Köllner
Auslöser Skiunfall?
Zur Entstehung des Blutgerinnsels hat Gert Pelster eine Theorie. „Im März war ich nach zehn Jahren mal wieder Skifahren. Dabei bin ich einmal gestürzt, da muss ich mir das eingefangen haben“, blickt er zurück. Bei Ben und Henri bedankte er sich mit neuen Fußbällen für ihre schnelle Reaktion.
„Das habt ihr ganz toll gemacht, vielen Dank“, sagt Gert Pelster bei der Ballübergabe in seinem Garten. Dass gelegentlich ein Ball in seinem Garten landet, findet der Rentner übrigens überhaupt nicht schlimm. „Das ist doch ganz normal, das haben wir doch früher auch alle gemacht. Ich habe sogar mal eine Scheibe eingeschossen“, verrät der 76-Jährige und lacht.
Für Ben und Henri hat ihre erfolgreiche Hilfsaktion noch einen weiteren schönen Effekt. Feuerwehr und Notarzt lobten die Jungs für ihre vorbildliche Reaktion - und luden sie zu einer Besichtigung der Hauptfeuerwehrwache ein. Ein Termin, auf den sie sich schon sehr freuen.
Geboren und aufgewachsen in Marl. Kennt deshalb noch Fete ohne Knete, Victoria-Kino und Panoptikum sowie auch sonst jeden Winkel der Stadt. Liebt die Vielfalt seines Berufs, geht auf Menschen zu und ist offen für ihre Geschichten. Hält sein Heimkino auf dem neuesten Stand, sammelt Filme und hört viel Musik - gerne live, laut und rockig. Mag Tiere im Allgemeinen und einen Neun-Kilo-Kater im Besonderen.