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Evonik will Sparte verkaufen: „1000 Arbeitsplätze im Chemiepark betroffen“
Betriebsrat stellt Forderungen
Bis zu 1000 Beschäftigte im Chemiepark sollen von einem Firmenverkauf des Chemiekonzerns Evonik betroffen sein. Er war auch ein Thema bei der Maikundgebung des DGB in Marl.
Berichten der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) zufolge will sich der Essener Chemiekonzern Evonik im Zuge eines Firmenverkaufs von mehr als zehn Prozent seines weltweiten Umsatzes trennen. Betroffen sei das Geschäft mit C4-Chemikalien, die Basis vieler Alltagsprodukte sind (Autoreifen, PVC-Fußböden, Sportflaschen oder Lebensmittelverpackungen). Der Konzern wolle dafür einen Käufer suchen, der das Geschäft zunächst mit Evonik in einem Gemeinschaftsunternehmen betreibt und später eigenständig führt.

Blick über den Chemiepark in Marl. Hier ist die C4-Produktion eine wichtige Sparte. © Meike Holz
Von dem sogenannten „Optimierungsprogramm“ seien bis zu 1000 Arbeitsplätze in Marl betroffen, sagte der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende des Gemeinschaftsbetriebs Marl, Ali Simsir, am Sonntag im Gespräch mit unserer Zeitung. Auch bei der Maikundgebung des DGB im Marler Bürgerbad Loemühle ging er kurz auf dieses Thema ein. Die Arbeitsplätze gingen durch den Eigentümerwechsel nicht verloren, betont Simsir. Der Betriebsrat fordert, dass die bestehenden Tarifverträge auf die neuen Eigentümer übertragen werden.
Erst einen Tag waren die Betriebsratsvorsitzende Adriane Fährmeister (46) und ihr Stellvertreter Ali Simsir (48) im Amt, da erfuhren sie in dieser Woche von den Plänen des weltweit agierenden Konzerns. Nun sind beide in den Verhandlungen gefordert, die ab nächster Woche beginnen sollen: „Unsere Aufgabe ist es, alle sozialen Errungenschaften mit übergehen zu lassen und für unsere Leute eine sichere Zukunft zu gestalten.“ Seine Forderungen will der Betriebsrat in einem Eckpunkte-Papier zusammenfassen - eine sichere Altersversorgung und die Tarifbindung werden ganz oben stehen.
Beschäftigte überrascht
Die Beschäftigten in den Betrieben seien am Freitagmittag informiert worden. Sie hätten überrascht und verwundert reagiert, berichtet Ali Simsir. „Wir mussten sehr viele Fragen beantworten und konnten erstmal Unruhe eindämmen.“
Beide Betriebsräte arbeiten seit Jahrzehnten im Marler Chemiepark. Die Bürokauffrau Adriane Fährmeister war im Betriebsrat Sprecherin für den Bereich Arbeit, Gesundheits- und Umweltschutz, Industriemeister Ali Simsir hat junge Menschen in Chemieberufen ausgebildet.
Die Verkaufspläne kommen auch für sie „zu diesem Zeitpunkt überraschend“: C4 sei ein zukunftsträchtiges Geschäft, das super laufe, sagt Ali Simsir. Noch vor zwei Jahren investierte Evonik rund 15 Millionen Euro in seinen C4-Produktionsverbund in Marl.
Heinz-Peter Mohr schreibt seit 1991 als Redakteur der Marler Lokalredaktion Berichte, Analysen und Kommentare über Politik- und Kulturthemen. Sein Politikstudium an der Uni Münster beendete er 1988 mit einer Magisterarbeit über Experimente der Stadt Rotterdam mit Demokratie-Modellen. Als Redakteur in Marl veröffentlichte er die Serien "50 Tage ohne Auto" und "Eine Stadt gegen Gewalt". Nach seinen Recherchen über belastetes Brunnenwasser wurden 46 Brunnenbesitzer vom Bergwerkskonzern RAG entschädigt. Von Anfang an berichtete er über den Grimme-Preis – und schaut auch privat gern gutes Fernsehen und Kino.