Als Milieustudie unter Londons Büromenschen in Anzug und Bowler merkt man dem Kinofilm „Living“ nicht gleich an, dass er das Remake von Akira Kurosawas „Ikiru“ (1952) ist.
Oliver Hermanus‘ Version verlegt die Moritat um einen Kranken, der das pralle Leben sucht, an die Themse, ins England der Nachkriegszeit. Billy Nighy ist perfekt als Vorsteher einer Behörde: pünktlich, penibel, korrekt gekleidet, eine Autorität.
Steife Oberlippe
Aber auch der langweilige Vertreter staatstragenden Beamtentums, das in seiner Haltung der Aristokratie nacheifert. Steife Oberlippe, keine Emotionen, immer schön die Form wahren.
Die Untergebenen sind verdattert, als dieser Mr. Williams eines Morgens nicht im Büro erscheint. Das war noch nie da, was ist passiert? Nun, Mr. Williams hat erfahren, dass der Krebs ihn bald umbringen wird.
Auf zur Sonnenseite
Williams fährt ans Meer, besucht die Bars und will das Leben auf der Sonnenseite schmecken, das ihn nach dem Tod seiner Frau verließ. Kleine Fluchten eines sympathischen Spießers ergeben schöne Episoden zwischen Witz und Wehmut.
Williams geht mit einer Kollegin (Aimee Lou Wood) ins Kino. Sollen die Leute tuscheln, er will keinen Sex. Aber das Fluidum ihrer Lebenslust fasziniert ihn.
Im Amt macht Williams den Bau eines Spielplatzes zur Chefsache.
Lakonie gegen Sentimentalität
Ungefähr hier tauscht der Film den amüsanten Ton kühler Lakonie gegen Sentimentalität. Williams wird zum Gutmenschen geadelt, Rührszenen erklären seine Motive. Nun bewegt sich der Film leider nahe am Kitsch.
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