Literaturpreis Ruhr geht an Necati Öziri für „Vatermal“ Shooting-Star der Literaturszene

Literaturpreis Ruhr ist vergeben: Necati Öziri ist ein Shooting-Star der Literaturszene
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Es gibt diese Shooting-Stars, die plötzlich jeder einlädt. Der Autor Necati Öziri ist so einer: Mit seinem Debütroman „Vatermal“ stand er 2023 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises.

Er war mit Lesungen in den Theatern Bochum und Mülheim zu Gast, und im Januar zeigte das Schauspiel Dortmund sein Stück „Der Ring des Nibelungen“ – die Straffung von Wagners Opern-Tetralogie, die (ganz ohne Musik) die Nebenfiguren der vier Opern in den Mittelpunkt rückt, ist ein großartiges Theaterereignis.

Szene aus „Der Ring des Nibelungen“ am Schauspiel Dortmund. Das Stück von Necati Öziri war Anfang des Jahres zu sehen.
Szene aus „Der Ring des Nibelungen“ am Schauspiel Dortmund. Das Stück von Necati Öziri war Anfang des Jahres zu sehen. © Hupfeld

Durchbruch mit „Vatermal“

Am Mittwochabend wurde der 35-Jährige, der in Datteln geboren ist, für „Vatermal“ mit dem mit 15.000 Euro dotierten Hauptpreis des Literaturpreises Ruhr ausgezeichnet.

Den Preis übergab Garrelt Duin, Regionaldirektor des Regionalverbandes, auf Schloss Horst in Gelsenkirchen. Öziri setzte sich damit gegen die drei Mitnominierten Dietlind Falk („No Regrets“), Sarah Jäger („Und die Welt, sie fliegt hoch“) und Sina Scherzant („Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne“) durch.

Viele junge Autoren

Der Literaturpreis Ruhr ist die wichtigste Auszeichnung für Schriftsteller, die im Ruhrgebiet leben, oder über die Region schreiben.

„Die diesjährige Bestenliste ist auffallend jung. Die Autorinnen und Autoren sind alle noch nicht lange im Geschäft und ziehen schon jetzt jeden Lesenden mit ihren Texten in ihren Bann“, so Duin.

In Bochum studiert

Necati Öziri, geboren in einer der vielen grauen Ecken des Ruhrgebiets („Hölle Hölle Hölle!“), hat Philosophie, Germanistik und Neue Deutsche Literatur in Bochum, Istanbul und Berlin studiert.

Er war Stipendiat der Heinrich-Böll-Stiftung und unterrichtete an der Ruhr-Universität Bochum formale Logik, bis er feststellte, dass Logik die Welt nicht besonders gut beschreibt. Seitdem versucht er zu schreiben – nicht wie die Welt ist, sondern wie sie sich anfühlt.

„Der Ring des Nibelungen“

Fünf Theaterstücke hat Öziri seit 2024 geschrieben: „Vorhaut“, „Get Deutsch or Die Tryin‘“, „Die Verlobung in St. Domingo – Ein Widerspruch“, „Gott Vater Einzeltäter“ und zuletzt, 2022 in Zürich uraufgeführt, „Der Ring des Nibelungen“.

Nach drei Prosatexten („Da kommt er“, „Zu zweit“ und „Die Laus in Schillers Locken“) ist „Vatermal“, der den Stoff des Theaterstücks „Get Deutsch or Die Tryin‘“ aufgreift, sein erster Roman.

Professor in Wiesbaden

Bei den 45. Tagen der deutschsprachigen Literatur (Ingeborg-Bachmann-Preis) gewann er den Kelag-Preis und den Publikumspreis.

Als Kurator leitet er das Internationale Forum des Theatertreffens der Berliner Festspiele, und zum nächsten Semester übernimmt Öziri eine Poetikdozentur in Wiesbaden.

Geschichte von Einwanderern

In „Vatermal“ schreibt der junge, todkranke Arda einen Brief an seinen Vater, den er nie kennengelernt hat. Das Buch erzähle die Geschichte einer Einwandererfamilie auf absolut mitreißende Weise, war sich die Jury des Literaturpreises Ruhr einig.

Hochliterarisch, aber gleichzeitig auch im Sound der Straße geschrieben, biete das Werk ein intensives Leseerlebnis. „Vatermal“ sei ein Buch, in dem es um Alltagsrassismus geht, ohne dass das Wort Rassismus je explizit genannt wird.

Ehrenpreis für „Ritter Rost“

„Ein feministisches Buch, ohne dass die Begriffe Feminismus oder Patriarchat jemals fallen. Und ohne dass der Ort oder das Ruhrgebiet jemals genannt werde, sei man als Bewohnerin oder Bewohner des Ruhrgebiets sofort dort. Fazit: Ein Buch, das man in vielen Jahrzehnten noch lesen wird“, urteilte die Jury.

Der mit 5000 Euro dotierten Förderpreis geht an Miedya Mahmod für ihr Langgedicht „Hinter vorgehaltener Zunge schweigen wir oder Die Destinationale“. Den undotierten Ehrenpreis erhielt Autor und Illustrator Jörg Hilbert, den Vater von „Ritter Rost“.

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