Herr Grimminger, die Konzertsaison der Dortmunder Philharmoniker steht unter dem Motto Meilensteine. Was sind für Sie Meilensteine der Musik?
Für mich sind das Musikstücke, die nicht nur besonders schön, sondern auch wichtig, innovativ, stilprägend und wegweisend für die Zukunft waren und sind. Es ist dabei nicht entscheidend, ob sie in Noten niedergeschrieben oder auf Tonträgern zu hören sind – auch improvisierte Musik zählt dazu.
Haben Sie auch Lieblingsstücke neben den Meilensteinen?
Natürlich gibt es für mich auch anderes als die Klassik. Ich bin bekennender Jazz-, Rock- und Popmusikfan und spiele diese Musik auch regelmäßig selbst. In der weiten Welt der Musik gibt es eine schier unendliche Vielfalt zu entdecken und zu genießen – vor allem, wenn man auch Einflüsse der klassischen Musiken erkennt und sie womöglich zurückverfolgen kann.
Ganz besonders begeistere ich mich aber für die Jazzoperetten der 1920er-Jahre, beispielsweise Stücke wie „Roxy und das Wunderteam“ von Paul Abraham oder die Jazzoperettenfassung von Franz Lehars Operette DIE LUSTIGE WITWE.
Mit dieser Musik befasse ich mich mit zwei Forscherkollegen auch wissenschaftlich und rekonstruiere mit ihnen im Team das Notenmaterial. Dadurch bin ich etwa auch mit Barrie Kosky und der Komischen Oper Berlin zusammengekommen, wo unsere Notenausgaben die Grundlage von Operetteninszenierungen unter anderem von DIE BLUME VON HAWAI, VIKTORIA UND IHR HUSAR oder BALL IM SAVOY waren.
Welche Meilensteine gibt es in Ihrer Entwicklung als Musiker?
Das sind ganz verschiedene Arten von Musik. Der Jazz-Pianist Oscar Peterson hat mich immer fasziniert, dann der Bigband-Jazz zum Beispiel von Duke Ellington und Count Basie – oder die Musik von ABBA.
Im Bereich der Klassik fesselt mich das Musiktheater in seinen verschiedenen Formen und stilistisch so Unterschiedliches wie die Sinfonien von Johannes Brahms, die Musik von Leonard Bernstein und das Schaffen von Johann Sebastian Bach. Dazu kommt auf jeden Fall die ganze sogenannte ernste Musik des 20. Jahrhunderts.
Auf dem Programm steht die 7. Sinfonie von Gustav Mahler. Welche Bedeutung hat Mahlers Siebte für Sie?
Die Musik der Nacht finde ich sehr faszinierend, also den dritten Satz. Diese Musik drückt die spätromantische Gefühlswelt der Nacht sehr treffend aus, wie ich finde – und trifft mein eigenes Lebensgefühl aus der Jugendzeit.
Darüber hinaus bearbeitet die Musik das Thema Nacht und Dunkelheit auf einer übergeordneten Ebene in einer für mich klar psychologischen und breitgefächerten philosophischen Weise. Diesen Abschnitt der Sinfonie kann ich wirklich sehr genießen. Die anderen Sätze sind zwar auch großartig, haben für mich aber nicht den gleichrangigen subjektiven Erfahrungswert.
Termine: 11. / 12. 3., 19.30 Uhr, Konzerthaus Dortmund
Zur Person
Matthias Grimminger gehört zu den dienstältesten Mitgliedern der Dortmunder Philharmoniker. Seit 1991 ist er Solo-Bassklarinettist des Orchesters. Aus dem Orchesterleben ist er auch wegen seiner zahlreichen Bearbeitungen nicht wegzudenken, die immer dann gebraucht werden, wenn die Dortmunder Philharmoniker in ihren Konzertformaten außerhalb des sinfonischen Stammrepertoires unterwegs sind.