Landtagswahlen CDU gewinnt in Hessen, CSU und Freie Wähler wollen in Bayern weiter regieren

Landtagswahlen: CDU gewinnt in Hessen, CSU und Freie Wähler wollen in Bayern weiter regieren
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Klarer Sieg für die CDU und Platz zwei für die AfD: Bei der Landtagswahl in Hessen haben die Berliner Ampel-Parteien ein Debakel erlitten. Die CDU gewann mit Abstand vor allen anderen Parteien.

Die Partei um Ministerpräsident Boris Rhein holte 34,6 Prozent der Stimmen, wie aus dem Internetportal des hessischen Landeswahlleiters in der Nacht zum Montag hervorging. Zweitstärkste Kraft wurde die AfD mit 18,4 Prozent. Die SPD mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser als Spitzenkandidatin erzielte ihr schlechtestes Ergebnis in Hessen und kam auf 15,1 Prozent. Die FDP erlebte am Wahlabend eine Zitterpartie und zieht mit 5,0 Prozent nur äußerst knapp in den Landtag ein. Den Einzug verpassten dagegen Linke und Freie Wähler mit 3,1 Prozent beziehungsweise 3,5 Prozent klar.

Die seit fast 25 Jahren regierende CDU legt im Vergleich zur vergangenen Landtagswahl 2018 um 7,6 Prozentpunkte zu. Die SPD verliert im Vergleich 4,7 Prozentpunkte, die mitregierenden Grünen von Vize-Regierungschef Tarek Al-Wazir 5 Prozentpunkte. Die AfD legt dagegen um 5,3 Prozentpunkte zu.

Dem neuen hessischen Landtag gehören nach dem vorläufigen Ergebnis künftig 133 Abgeordnete an, was an Ausgleichs- und Überhangmandaten liegt. Bisher waren es 137 Abgeordnete. Laut Landesverfassung ist eine Größe von 110 Sitzen vorgesehen. Die Hälfte davon wird über Direktmandate in den Wahlkreisen vergeben, die andere Hälfte über die Landeslisten der Parteien.

Entscheidend für die Sitzverteilung ist jedoch das Ergebnis auf Landesebene (Zweitstimmen). Zu Überhang- und Ausgleichsmandaten kommt es, wenn eine Partei mehr Direktmandate gewinnt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis eigentlich zustehen würde. Die anderen Parteien erhalten dann Ausgleichsmandate, damit das Wahlergebnis nicht verzerrt wird.

Die CDU erhält demnach 52 Sitze (+12), die AfD 28 (+9). Die SPD kommt auf 23 Sitze (-6), die Grünen haben 22 Abgeordnete (-7). Die FDP hat noch 8 Sitze (-3).

CDU sieht "klaren Regierungsauftrag" - mit Schwarz-Grün?

Damit wäre eine Fortsetzung der seit knapp zehn Jahren amtierenden schwarz-grünen Koalition möglich. Aber auch eine große Koalition aus CDU und SPD hätte eine Mehrheit.

Ministerpräsident Rhein bot sowohl SPD als auch Grünen und FDP Gespräche über eine Zusammenarbeit an. "Wir werden eine Regierung bilden aus der Mitte dieser Gesellschaft, aus der Mitte des Landes", sagte er am Abend.

Für Grünen-Spitzenkandidat Al-Wazir zeigte die Wahl, dass es in Hessen keine Wechselstimmung gibt. "Und ich finde, das ist auch ein deutlicher Hinweis darauf, was die Bürgerinnen und Bürger auch von uns in den nächsten Wochen erwarten", sagte er mit Blick auf eine mögliche Fortsetzung der Koalition von CDU und Grünen.

SPD-Spitzenfrau mit viel Gegenwind

SPD-Spitzenkandidatin Faeser nannte das Ergebnis «sehr enttäuschend» und beklagte, viel Gegenwind gehabt zu haben. Auf die Frage, ob sie SPD-Landesvorsitzende bleibe, sagte sie im ZDF: "Das werden wir sehen in den nächsten Tagen und Wochen." In der ARD äußerte sie sich zuversichtlich, ihr Ministeramt in Berlin fortführen zu können. "Ich habe sehr viel Solidarität heute aus Berlin erhalten."

SPD-Parteichef Lars Klingbeil hatte ihr zuvor den Rücken gestärkt. Sie habe beim Thema Migration große Erfolge vorzuweisen und bei der Reform des europäischen Asylsystems "einen großen Verhandlungserfolg" erzielt. Co-Chefin Saskia Esken sagte dem Sender Welt TV, Faeser habe als Innenministerin bislang einen "großartigen Job" gemacht. "Den soll sie auch weiterhin tun, denn es sind wichtige Aufgaben." SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte in der "Berliner Runde" der ARD, die Parteispitze stehe klar hinter Faeser.

Der Parlamentsgeschäftsführer der Union im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), verlangte hingegen eine Kabinettsumbildung in Berlin. Faeser kehre geschlagen nach Berlin zurück. "Sie wird nun noch weniger die notwendige Autorität besitzen, um die anhaltende Migrationskrise auf Berliner und Brüsseler Ebene zu lösen", sagte er.

Nach einer Analyse der Forschungsgruppe Wahlen traf "ein blasser Ministerpräsident" auf eine "völlig indisponierte Herausforderin" Faeser. Beim Wähler-Ansehen landete Faeser demnach auf einer +5/-5-Skala weit im Negativbereich mit minus 1,3 - dem schlechtesten Image eines SPD-Kandidaten überhaupt bei einer Landtagswahl.

FDP zeigt auf die Ampel im Bund

Die hessische FDP-Vorsitzende Bettina Stark-Watzinger führte das schwache Abschneiden ihrer Partei auch auf die Ampel-Koalition im Bund zurück. "Alle drei Koalitionsparteien haben Einbußen hier in Hessen hinnehmen müssen", sagte die Bundesbildungsministerin.

Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel zeigte sich hocherfreut über das Abschneiden ihrer Partei. "Unsere Politik gibt uns recht", sagte Weidel. Sie wertete die Stärke ihrer Partei auch als Zeichen für die Unzufriedenheit der Menschen mit der "Verbotspolitik" der Bundesregierung. Mit Blick auf den Bund sprach sie von einer realistischen Chance auf eine Regierungsbeteiligung 2025.

Die Linke-Parteivorsitzende Janine Wissler äußerte sich schwer enttäuscht. "Es ist so bitter, dass wir unsere Arbeit nicht weiter fortsetzen können", sagte sie mit Blick auf ihr Heimatland Hessen, wo die Linke nicht mehr im Landtag vertreten sein wird. Immens geschadet hätten auch die Spekulationen über eine Parteineugründung durch die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht.

Schwarz-Grün regiert bislang mit knapper Mehrheit

Seit knapp 25 Jahren wird Hessen von der CDU regiert, seit fast zehn Jahren gemeinsam mit den Grünen - derzeit mit einer Mehrheit von einem Mandat. Ziel des derzeitigen Vize-Ministerpräsidenten Tarek Al-Wazir (52) sowie von SPD-Spitzenkandidatin Faeser (53) war es gewesen, Rhein (51) an der Spitze der Landesregierung abzulösen. Vor der Wahl hatte Faeser klargestellt, nur bei einem solchen Wahlsieg aus Berlin zurück in die Landespolitik zu wechseln.

Rund 4,3 Millionen Wahlberechtigte waren in Hessen aufgerufen, ihre Kreuzchen zu machen. Insgesamt hat das Bundesland in der Mitte Deutschlands mehr als 6 Millionen Einwohner.

Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern. Foto: Daniel Karmann/dpa
Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern. Foto: Daniel Karmann/dpa © Peter Kneffel/dpa

Landtagswahl in Bayern: Söder will mit Freien Wählern regieren

CSU und Freie Wähler wollen nach der Landtagswahl in Bayern gemeinsam weiter regieren. Die größten Gewinne bei der Abstimmung erzielte nach den Hochrechnungen die AfD. Zweitstärkste Kraft werden aber die Freien Wähler, die auch ihre ersten Landtagswahl-Direktmandate in Deutschland holen.

Die Christsozialen unter Parteichef Markus Söder kommen nach dem im Internet veröffentlichten vorläufigen Ergebnis auf 37,0 Prozent - das ist noch etwas schlechter als 2018 (37,2) und so wenig wie noch nie bei einer Landtagswahl seit 1950. Die Freien Wähler gewinnen im Vergleich zur letzten Wahl über vier Prozentpunkte hinzu und erringen 15,8 Prozent.

Söder sieht trotz des eher schwachen Ergebnisses einen klaren Regierungsauftrag für seine CSU. Er kündigte an, die Koalition mit den Freien Wählern fortsetzen zu wollen - den Grünen erteilte er eine Absage. Er wolle noch in dieser Woche die ersten Gespräche führen. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger sagte, man wolle keine Unklarheiten aufkommen lassen, sondern innerhalb weniger Tage "klar Schiff" machen.

Noch größere Zugewinne als die Freien Wähler verbucht die AfD mit 14,6 Prozent (2018: 10,2). Der Parlamentsgeschäftsführer ihrer Bundestagsfraktion, Bernd Baumann, sagte, der Wähler wisse, "die CDU, die Merzens und die Söders, das sind Fähnchen im Wind, und die AfD ist der Wind".

Ampel-Parteien mit Einbußen

Die Parteien der Ampel-Koalitionen im Bund verlieren alle an Zustimmung - die Grünen nach ihrem zuvor sehr guten Ergebnis am meisten: Sie holen nur noch 14,4 Prozent (17,6). Die in Bayern ohnehin traditionell schwache SPD erleidet ein neuerliches Debakel und landet mit 8,4 Prozent (9,7) nur auf dem fünften Rang. Die bislang im Landtag noch vertretene FDP scheitert mit 3,0 Prozent (5,1) an der Fünf-Prozent-Hürde.

SPD-Chef Lars Klingbeil räumte mit Blick auf die Wahlen in Bayern und Hessen Niederlagen ein. Generalsekretär Kevin Kühnert sagte, die Ergebnisse seien auch ein Signal nach Berlin. Man sei nicht "taub und blind", sagte er. "In diesem Wahlergebnis liegt auch eine Botschaft für uns."

Söder: Braucht starken Ministerpräsidenten in Bayern

Von der Schwäche der Ampel-Parteien konnte die CSU unter Söder allerdings - im Gegensatz zur hessischen CDU bei der dortigen Landtagswahl - nicht profitieren. Auf die Frage nach seinem Interesse an einer Kanzlerkandidatur sagte er im ZDF: "Mit einer so starken AfD braucht es auch einen sehr starken Ministerpräsidenten." Und: "Alles andere kommt für mich nicht infrage."

Er wertete die Wahlergebnisse in Bayern und Hessen als Auftrag für eine andere Migrationspolitik. "Die Folgen heißen für mich - und das ist das Wichtigste überhaupt aus diesem Wahlergebnis - die nationale Aufgabe, die Migrationspolitik zu einer Wende zu führen, zu einem Pakt gegen unkontrollierte Zuwanderung", sagte er im ZDF-"heute journal".

Freie Wähler mit Plus trotz Flugblattaffäre

Aiwanger und seine Freien Wähler gewannen trotz oder wegen der Affäre um ein antisemitisches und menschenverachtendes Flugblatt hinzu, das bei dem heute 52-Jährigen zu Schulzeiten gefunden wurde. Als Verfasser hatte sich Ende August sein Bruder bezichtigt. Nach einigen Tagen bat Aiwanger zwar um Entschuldigung und betonte, nie ein Judenhasser gewesen zu sein. Zugleich ging er aber zum Gegenangriff über und beklagte eine politische Kampagne gegen sich. In Umfragen erlebten die Freien Wähler danach einen Höhenflug.

Aiwanger kam im niederbayerischen Stimmkreis Landshut auf 37,2 Prozent der Stimmen, sein Parteikollege Weigert im oberbayerischen Neuburg-Schrobenhausen auf 31,6 Prozent. Beide gewannen ein Direktmandat - für die Freien Wähler bundesweit ein Novum.

Nun hält Aiwanger auch den Einzug seiner Partei in den Bundestag für möglich. "Wir werden nächstes Jahr bei der Europawahl auch das Land rocken", sagte er bei der Wahlparty seiner Partei in München. Und wenn die Freien Wähler "fleißig" weiter arbeiteten - "dann ist auch der Einzug in den Deutschen Bundestag 2025 möglich".

Neben der Flugblatt-Affäre um Aiwanger beteiligten sich vor der Wahl längst alle Parteien auch an der Migrationsdebatte. Auch die CSU präsentierte sich betont konservativ und entdeckte wie bereits 2018 das ansonsten lange bewusst ausgeklammerte Migrationsthema wieder. Ein weiteres Wahlkampfthema war zudem regelmäßige Kritik an der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP im Bund - vor allem mit Blick auf das Heizungsgesetz.

dpa