Neubau statt Sanierung im Bestand: Diese Entscheidung im Bezug auf die Hellweg-Realschule ist gefallen. Doch die Zweifel an dem gewählten neuen Standort bleiben. Das ehemalige Freizeitbad Massen liegt sehr nah am Flughafen Dortmund – und dort ist es laut.

Massen

, 03.08.2018, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Es ist ruhig an diesem Sommernachmittag in Massen. Grillen zirpen, ein Rind grast dort, wo bis 2009 die Badegäste des Freizeitbades Massen auf der Liegewiese lagen und vereinzelt sind ein paar Vogelstimmen zu hören. Fast schon idyllisch mutet die Brachfläche an, die einst das Freizeitbad Massen war. Dann, plötzlich, durchbricht ein brummendes Geräusch die friedliche Stille. Es dröhnt, wird lauter und steigert sich zu etwas, das einem lang anhaltenden Knall gleich kommt. Schon bevor der Airbus 320 über den Baumwipfeln auftaucht, ist er mehr als gut zu hören. Knapp 70 Dezibel zeigt das Messgerät von Ralph Bürger an, der auf dem Parkplatz vor dem Freizeitbad-Gelände steht. Lärm in dieser Lautstärke gilt bereits als gefährlich, da er auf lange Sicht gesundheitliche Schäden verursachen kann. Es ist Lärm, der dort gemessen wird, wo in den nächsten Jahren die Hellweg-Realschule neu gebaut werden soll.

Ende Juni hat der Rat der Stadt Unna die Stadtverwaltung beauftragt, die baurechtlichen Planungsprozesse für einen Neubau der Realschule auf dem Gelände des ehemaligen Freizeitbades Massen einzuleiten. Dies ist die Alternative zu einer Sanierung im Bestand, die wegen entdeckter Schadstoffe im Gebäude deutlich teurer werden würde. Auch ein Argument für den Neubau: Die pädagogischen Konzepte ließen sich bei einem Neubau wesentlich besser umsetzen. Doch ist das Gelände in unmittelbarer Nähe zum Flughafen Dortmund wirklich der am besten geeignete Standort für eine Schule? Diese Frage diskutierten die Politiker zuletzt im Stadtentwicklungsausschuss vor der Sommerpause.

Ralph Bürger (SPD) sprach sich für den Standort aus, allein weil so große Grundstücke nicht oft zur Verfügung stünden. Doch er mahnte auch, den Lärmschutz frühzeitig anzugehen: „Wir müssen uns ausführlich damit beschäftigen, denn meiner Meinung nach können wir mit den Durchschnittswerten, die in den Lärmkarten ermittelt wurden, nichts anfangen.“ Was er damit meint, zeigt Bürger bei einem Gespräch mit unserer Zeitung vor Ort.

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Es ist ein Sommernachmittag in den Ferien, die Flieger sind im Urlaubsmodus, mehrere landen an diesem Nachmittag in Dortmund. Auf dem Parkplatz des ehemaligen Freizeitbades steht Ralph Bürger mit seinem Messgerät. 68,7 Dezibel zeigt es an, als ein Airbus sich nähert, beeindruckend tief. „Wenn man sich nun vorstellt, dass bei diesem Geräusch Schüler und Lehrer sich konzentrieren sollen, finde ich das schwierig, hier eine Schule zu bauen, ohne ein entsprechendes Lärmgutachten zu haben“, meint Bürger. Denn die Lärmkarte, die das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) erstellt hat, weist für den Standort „Am Freizeitbad“ einen Lärmpegel von über 55, aber unter 60 Dezibel aus – im Durchschnitt, also über 24 Stunden gemessen. Genau da sieht Bürger ein Problem: „Der Durchschnitt ist nicht die Realität, die die Schüler hier erleben werden, das sind die Einzelereignisse. Und da fliegt ein Flugzeug eben auch mal mit 70, 80 oder mehr Dezibel vorbei. Das ist es, was beim Bau berücksichtigt werden müsste“, findet Bürger.

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Massive Bauweise gefordert

Durch ein unabhängiges Lärmgutachten könnte man bereits bei der Vergabe die Architekten verpflichten, die Schulgebäude beispielsweise so anzuordnen, dass sie möglichst wenig Lärm aus der Einflugschneise aufnehmen. „Möglich wäre ein U-förmiger Bau, dessen Schenkel nach Norden ausgerichtet sind“, meint Bürger. Auf diese Weise könnten die Fenster der Klassenräume in eine Art Innenhof blicken und so möglichst wenig Lärm von der südlich gelegenen Einflugschneise aufnehmen. „Sicherlich wäre es auch wichtig, dass möglichst massiv gebaut wird, damit allein das Material der Wände schon viel Lärm schluckt, bevor er im Klassenraum ankommt.“

Wie Unterricht auf dem Gelände des ehemaligen Freizeitbades ablaufen könnte, haben die Unnaer Grünen in einem humorvollen Video zusammengefasst: