Um heiße Eisen kreisen Lüner Kulturpreis geht an Filmemacher Michael Wech

Von Kai-Uwe Brinkmann
Um heiße Eisen kreisen
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Preise hat Filmemacher Michael Wech (55) schon diverse erhalten. Für Dokus mit kritischem Impetus, die um heiße Eisen kreisen. Jetzt wird der gebürtige Hamburger, der als Jugendlicher in Lünen wohnte, mit dem Kulturpreis der Stadt Lünen geehrt, dotiert mit 2500 Euro. Am 21. Mai ist die Preisverleihung, Michael Wech reist aus Hamburg an, wo er heute lebt.

„Aber klar freue ich mich über den Preis aus meiner alten Heimat, die ich in guter Erinnerung habe. Es wird ein Wiedersehen mit der Stadt, die mich prägte, in der auch mein Vater zu Hause ist“, sagt Michael Wech. Wir erreichen ihn telefonisch in Hamburg. Am Morgen kam er von Dreharbeiten in Amerika zurück, tags darauf fliegt er nach England, wo er zu einem Kongress über resistente Bakterien eingeladen ist. 100 Tage im Jahr sei er auf Achse, so Wech. „Meine Frau ist daran gewöhnt.“

Weil er gut recherchiert und sich in seine Materie „eingräbt“, steht Wech lange schon im Ruf des Sachkenners und gut vernetzten Experten. Er ist ein Filmemacher, der sich in 25 Jahren ein Renommee als faktenkundiger Aufklärer aufgebaut hat.

Händchen für Relevantes

Und er hat ein Händchen für relevante Themen. Wech arbeitet im Feld der großen Politik („Hallo, Diktator“ über Viktor Orbán). Er hat Fehler der globalen Corona-Eindämmung beleuchtet („Der Ausbruch“, 2022), sich mit der Antibiotika-Resistenz von Bakterien befasst („Resistance Fighters“, 2020). Auf Festivals in Vancouver und Paris errangen Wechs Filme Hauptpreise. Seine Dokus waren mehrfach Anwärter auf den Deutschen Fernsehpreis. 2020 gewann er ihn mit „Die unheimliche Macht der Berater“, wo er den Einfluss angeheuerter „Spin doctors“ auf Entscheidungen der Politik unter die Lupe nahm.

Ausgangspunkt seines Berufs- und Lebenswegs ist Lünen. Ohne es offiziell gehört zu haben, darf man vermuten, dass Lünens Kultur-Entscheider in Michael Wech auch einen Sohn der Stadt ehren. Mit fünf Jahren kam er in die Lippe-Stadt. Hier besuchte er das Gymnasium Lünen-Altlünen, hier absolvierte er seinen Zivildienst. Als Pennäler von 16, 17 Jahren wurde er freier Mitarbeiter unserer Zeitung. Eine journalistische Grundschule, die er nicht missen möchte.

„Auch die Zeit am Gymnasium war schön“, erinnert sich Michael Wech. „Wir hatten junge Lehrer von 30, 35 Jahren, die motiviert waren. Noch immer profitiere ich davon. In Geschichte ging es oft darum, Texte zu lesen und zusammenzufassen. Aus einem Haufen Material wichtige Infos zu filtern, habe ich dort gelernt.“

Themen mit Bildungsauftrag

Nach dem Abitur traf der junge Michael eine wegweisende Entscheidung, als er bei Egmont R. Koch in Bremen volontierte, Filmjournalist und investigativer Buchautor. Für Koch („Seveso ist überall“) reiste Wech nach Haiti, um zu gefälschten Medikamenten zu recherchieren. Auch während der Studienjahre (Politik und Internationale Beziehungen in Hamburg) war er für Koch tätig. In Ankara und London studierte er ebenfalls. 1998 machte er sich als Regisseur selbständig, „was ich nie bereut habe“.

Es folgen Jahre großer Produktivität. Michael Wech dreht drei, vier Filme jährlich, meist 45-Minüter, wie sie zum Programmschema öffentlich-rechtlicher Sender passen. ARD, ZDF, später 3Sat und Arte sind seine Auftraggeber. Anstalten mit Bildungsauftrag, denen er Themen serviert oder die ihn mit Themen füttern.

Schaut man bei Wikipedia auf seine Filmografie, entdeckt man Arbeiten wie „Unser täglich Fleisch“, „Viren: Die unsichtbare Macht der Zellpiraten“, „Boomregion Schanghai“. Dazu Porträts von Jörg Immendorff und Gerhard Schröder, Doppelporträts („Duelle“) von Strauß und Kohl, von Marlene Dietrich und Zarah Leander. Auch Filme über Amerikas neue Waffen, über das Bauen der Zukunft, über Marine Le Pen, Boris Becker, Michael Schumacher und viele mehr. Ein imposant breites inhaltliches Portfolio.

Szene aus „Hallo Diktator“, Michael Wechs Doku über Viktor Orbáns Politik in Ungarn und die EU.
Szene aus „Hallo Diktator“, Michael Wechs Doku über Viktor Orbáns Politik in Ungarn und die EU. © Enzo ZUCCHI

Nie akademisch verkopft

Immer wieder stürzt sich Michael Wech auf Wirtschaft und Wissenschaft. Was erklärt, warum er auch Träger mehrerer Preise für Wirtschaftspublizistik ist. Nie sind diese Filme akademisch verkopft. Im Gegenteil: Bei Wech leuchten komplexe Themen auch Nichtexperten ein, das ist Aufklärung im besten Sinne. 2024 wird Michael Wech mit „Moses – 13 Steps“ (über Hürdenläufer Edwin Moses) auch im Kino präsent sein. Viel Erfolg!