Jede Nummer ist in dem 1924 uraufgeführten Werk ein Hit. Und „Komm mit nach Varasdin“ eine Einladung ins Reich der Puszta-Geigen und ungarischen Barone.
Der Wiener Regisseur Thomas Enzinger, seit vielen Jahren der Operettenspezialist in Dortmund, hat eine kleine Rahmenhandlung erfunden, um die Liebesgeschichte von Gräfin Mariza und ihrem verarmten Verwalter zu erzählen: Ein Diener erzählt die Romanze einem Kind.
Unterhaltsame drei Stunden
Zwischendurch lässt ein Stehgeiger auf der Bühne die Geige weinen, und vier Tanzpaare bringen Feier-Temperament ins Schloss. Alle Zutaten für drei unterhaltsame Stunden sind also da – zumal in Dortmund wieder vortrefflich gesungen und im Graben unter Leitung der temperamentvollen neuen Kapellmeisterin Olivia Lee-Gundermann musiziert wird.
Aber Enzinger und sein Bühnen- und Kostümbildner Toto schwelgen nicht im Operetten-Plüsch. Alles hat den Anstrich der 1920er-Jahre, den Jahren nach der großen Inflation, in der auch am Hof mit Maßen geprasst wurde.
Charleston beim Tanzfest
Die zentrale Tanznummer, einen fetzigen Charleston beim Tanzfest der Gräfin im zweiten Akt, hat Enzinger aus Kálmáns Operette „Die Herzogin von Chicago“ hinzugefügt. – Ein Knaller!
Eine blutjunge Gräfin hat die Dortmunder „Mariza“ mit Tanja Christine Kuhn, die auch die Pamina in der Dortmunder „Zauberflöte“ singt. Lyrisch, aber mit großem, substanzvollem und verführerischem Charme singt sie Titelpartie.
Rap an Ölfässern
Und Enzinger zeigt auch die coolen Seiten der jungen Frau. So hat sie ihr erstes Date mit dem Verwalter-Grafen Tassilo an leeren Ölfässern. Und der ungarische Baron Zsupán, der die Gräfin eigentlich heiraten sollte, stimmt in einer Yamato-Trommler-Szene auf diesen Fässern einen kleinen Rap an.
Kontrast dazu ist die Szene, in der sich Tassilo und seine Schwester Lisa an ihre Kindheit erinnern – voller Operetten-Glückseligkeit, in einem Kinderzimmer mit Puppen und Plüschhase. Die schöne Mischung aus Operetten-Romantik und Moderne in dieser Inszenierung ist wirklich gelungen.
Tolle Sänger
Alexander Geller ist der Tassilo zum Verlieben – mit Tenorschmelz und aristokratisch geführter Stimme. Und es spricht für den Perfektionismus der Dortmunder Oper, dass sie auch kleine Rollen wie die des Fürsten Moritz (Morgan Moody) mit tollen Sängern, die richtig viel Lust auf Operette haben, besetzt.
Entzückend spielen Sopranistin Soyoon Lee aus dem NRW-Opernstudio als Lisa und der grandios spielfreudige Fritz Steinbacher als Zsupán mit herrlichem ungarischem Akzent das Buffopaar der Operette.
Auf rosaroten Wolken
Johanna Schoppa und Hannes Brock sind als Senior-Fürstin und ihr Kammerdiener ein wunderbares altes Komödienpaar. Publikumsliebling Hannes Brock war in der Premiere in einer reinen Sprechrolle zu erleben; in späteren Vorstellungen will er ein Couplet im dritten Akt singen.
Das Ende ist Zuckerwatten-Romantik – mit dem Liebespaar Mariza / Tassilo unter rosaroten Wolken.
Termine: 9./18. / 22. 12.2022, 5. / 21. / 25. 1., 18. 2., 5. / 12. / 17.3., 16. / 23. / 29. 4., 25. 5.2023; Karten: Tel. (0231) 502 72 22 oder www.theaterdo.de

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