Das Kreishaus an der Friedrich-Ebert-Straße in Unna war seit seiner Errichtung ein offenes Haus für alle Bürgerinnen und Bürger – und zwar vom Erdgeschoss bis zur obersten Etage. Diese Zugänglichkeit hat wohl schon im Mai ein Ende.
Was womöglich gar nicht allen Besuchern bekannt ist, die bislang lediglich die Führerschein- und Zulassungsstelle im Erdgeschoss des Kreishauses aufgesucht haben: Bislang ist es ohne Weiteres möglich, mit dem Aufzug oder über das Treppenhaus zu sämtlichen oberen Etagen und den dortigen Büros zu gelangen.
Bedrohliche Situationen durch Besucher
Ein Etagenplan im Foyer weist zudem allen Besuchern den Weg zu den einzelnen Fachbereichen und Dezernaten – bis hin zum Kreisdirektor und Landrat. Es sind nun Vorkommnisse aus jüngerer Zeit, die Mario Löhr und seinen Verwaltungsvorstand dazu bewogen haben, die Beschäftigten der Kreisverwaltung künftig besser vor unabsehbaren Risiken zu schützen.
Als abschreckendes Beispiel wird ein Vorfall genannt, der sich zwar nicht direkt im Kreishaus zugetragen hatte, aber Signalwirkung für alle Dienststellen des Kreises Unna ausstrahlte: Im November 2022 hatte ein 44-Jähriger trotz Hausverbots das Jobcenter am Rathausplatz in Kamen betreten.
Als er von Sicherheitspersonal herausgeführt wurde, drohte er: „Ich bin Russe und ich komme mit einer Bombe zurück. Ich mache euch platt.“ Der Vorfall löste nicht nur in Kamen, sondern auch in Unna größte Besorgnis aus – zumal es auch im Kreishaus durchaus schon zu kritischen Situationen gekommen sein soll. Löhr selbst sprach von einer Zunahme der Anfeindungen, als der Kreis letztes Jahr dem Präventionsnetzwerk #sicherimdienst beitrat.

Der Landrat hatte bereits im vergangenen Sommer auch die „Reichsbürger“-Problematik angesprochen, also Menschen, die die staatliche Autorität prinzipiell nicht anerkennen und ihre Ablehnung auch mit Gewalt ausdrücken.
Besuchern, die nichts Gutes im Schilde führen, soll daher schon bald der ungehinderte Zugang zu den rund 270 Büros verwehrt werden – auch wenn man ein „offenes Haus“ bleiben wolle.
Gerichte sind nach sogar tödlich verlaufenden Angriffen auf Richter oder Staatsanwälte mittlerweile nahezu flächendeckend mit Sicherheitsschleusen am Eingang ausgestattet worden. So weit wird man im Kreishaus nicht gehen.
Seit Ende des vergangenen Jahres hat man allerdings ein Sicherheitssystem installiert, für das ausschließlich Beschäftigte des Kreishauses einen „Security Token“ erhalten, also eine Art elektronischen Schlüssel, mit dem nur autorisierte Personen die Türen zu Aufzügen und Treppenhaus öffnen können.
Mitarbeiter begleiten Besucher nach oben
Beim Bezug des Kreishauses vor 60 Jahren gab es übrigens noch eine komplett anderslautende Dienstanweisung. „Um sicherzustellen, dass die Aufzüge in erster Linie den Besuchern des Kreishauses dienen, sind von den Kreisbediensteten nur die Treppenaufgänge zu benutzen“, hieß es seither. An Sicherheitsvorkehrungen dachte 1964 noch niemand.

Bereits heute gelangen Bürgerinnen und Bürger ausschließlich über den Haupteingang in das Kreishaus. Dies werde auch künftig der Fall sein, erläutert die Kreisverwaltung auf Nachfrage.
Besucherinnen und Besucher, die Termine ab dem ersten Obergeschoss wahrnehmen müssen, würden demnächst aber von den Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern an der Infothek abgeholt.
Es handelt sich also praktisch um eine persönliche Zugangskontrolle: Hat sich unten auch wirklich der schon bekannte Gast angemeldet? Die Installationsarbeiten sollen planmäßig im Laufe dieses Monats abgeschlossen werden.
Sicherheitskonzept erfordert keinen Termin
Dennoch könne man auch künftig noch ohne Termin im Kreishaus erscheinen. Das Sicherheitskonzept ändert nach Angaben der Kreispressestelle nichts an den „bestehenden Möglichkeiten, die Dienststellen im Kreishaus im Rahmen der Öffnungszeiten auch ohne Termin aufzusuchen“.
Es sei jedoch weiterhin sinnvoll, besonders bei stark nachgefragten Dienstleistungen wie der Zulassungs- und Führerscheinstelle, für Angelegenheiten rund um das Elterngeld oder auch für Einbürgerungen und Aufenthaltsgenehmigungen telefonische oder persönliche Termine über das Serviceportal zu buchen.
Eine Ausnahme von den zukünftigen Beschränkungen musste die Kreisverwaltung allerdings machen, weil der Zutritt der Öffentlichkeit quasi Verfassungsrang hat und abgeschlossene Türen politische Beschlüsse nichtig machen könnten: Der Sitzungstrakt im Erdgeschoss des Kreishauses ist vom Sicherheitskonzept nicht betroffen.
