Kreis Unna fällt im NRW-Arbeitsmarkt auf Viele Fachkräfte, aber auch sehr viele Ungelernte

Kreis fällt in NRW auf: Viele Fachkräfte, aber auch viele Ungelernte
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Prägend für die Entwicklung des Arbeitsmarktes im Kreis Unna im Jahre 2024 war laut Experten, dass sich die Beschäftigungssituation weitgehend gegen kurzfristige Krisen behaupten konnte.

Allerdings hätten die mit dem Ukraine-Krieg verbundenen Preissteigerungen, Energiekosten, Lieferengpässe und die Flüchtlingsaufnahmen auch hier „ihre Spuren hinterlassen und sich im Kreis unmittelbar ausgewirkt“, wie es in einer gemeinsamen Pressemitteilung von Agentur für Arbeit in Hamm und Jobcenter Kreis Unna heißt.

Insgesamt hätten die konjunkturellen und sonstigen Rahmenbedingungen dafür gesorgt, dass sich der heimische Arbeitsmarkt leicht verschlechtert habe. „Trotzdem ist er noch in robuster Verfassung und bisher gut durch die gesamtwirtschaftliche Krise gekommen“, wird bilanziert.

Wie hat sich die Beschäftigung entwickelt?

Nach dem Beschäftigungshöchststand im September 2023 haben die genannten Einflussfaktoren für einen tendenziell leichten Rückgang im letzten Jahr gesorgt. Die Juni-Marke von 135.965 Arbeitskräften liege aber erfreulicherweise nur 0,4 Prozent unter dem Wert des Vorjahres. Diese Entwicklung sei ungünstiger als in NRW gesamt (+0,6 Prozent).

58,3 Prozent der versicherungspflichtig Beschäftigten sind Fachkräfte. Das sei deutlich mehr als im NRW-Landesschnitt und sorge für Stabilität. Elf Prozent sind Spezialisten und knapp zehn Prozent Experten. Ein Risiko stelle die Helferquote von 20,9 Prozent dar. Sie ist mehr als drei Prozentpunkte höher als im Durchschnitt NRWs.

Agentur-Chef Thomas Helm unterstreicht: „Der entscheidende Schlüssel zum Erfolg ist und bleibt die Berufsausbildung, die acht von zehn Erwerbstätigen erfolgreich abgeschlossen haben.“

Nur jeder fünfte Beschäftigte sei ohne beruflichen Abschluss. Auch die Kräftenachfrage sei hier eindeutig: Demnach sind aktuell mehr als die Hälfte aller Arbeitsstellen für Fachkräfte auf dem Niveau der dualen Ausbildung gemeldet, für Helfer hingegen nur weniger als ein Viertel.

Helm: „Berufliche Aus- und Weiterbildung ist ein wichtiges Thema für den Arbeitsmarkt im Kreis Unna, da der Anteil ungelernter Arbeitskräfte höher ist als in NRW.

Wie hat sich die Arbeitslosigkeit entwickelt?

Die Arbeitslosigkeit ist zum zweiten Mal in Folge leicht gestiegen. 2024 erreichte sie im Kreis Unna im Jahresdurchschnitt 15.874 Arbeitslose. Trotz der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung lag sie damit nur leicht über Vorjahresniveau. Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zeigten sich vor allem in der Arbeitslosenversicherung, wo die Arbeitslosigkeit im Schnitt um 8,4 Prozent auf 4.642 gestiegen ist.

In der Grundsicherung stieg sie im Vergleich nur um 1,0 Prozent und beträgt 11.232. Die Entwicklung ist in beiden Rechtskreisen günstiger als im Land. Im Durchschnitt waren 60,2 Prozent der Arbeitslosen ohne abgeschlossene Berufsausbildung und 63,9 Prozent auf der Suche nach einer Helferstelle.

Landrat Mario Löhr sitzt in einem Besprechungsraum des Kreishauses in Unna und spricht.
Landrat Mario Löhr kommentiert die Entwicklung des Arbeitsmarktes im Jahr 2024 im Kreis Unna. © Max Rolke/Kreis Unna

Landrat Mario Löhr sieht in diesen Zahlen durchaus Chancen für eine stabile Entwicklung: „Angesichts der ineinander laufenden Krisen und den damit verbundenen Auswirkungen auf unsere Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in der Region können wir auf eine – gegenüber dem Landesdurchschnitt – vergleichsweise stabile Entwicklung blicken.“

Die Ausgangsposition für die Herausforderungen, die 2025 und 2026 warteten, sei „also nicht so schlecht“. Auch deshalb, so Löhr, weil unter schwierigen Bedingungen die Zahl von erwerbsfähigen Langzeitbeziehenden habe abgebaut werden können. „Auch das deutlich gegen den Landestrend.“ Die Zahlen geben laut Löhr aber vor allem einen klaren Hinweis: Ausbildung sei der beste Schutz vor Erwerbslosigkeit. „Damit ist klar umrissen, dass wir unsere Anstrengungen weiter an der Qualifikation ausrichten müssen – da sehe ich uns in unserem Kurs bestätigt“, führt der Landrat weiter aus.

Wie sieht es bei der Langazeitarbeitslosigkeit aus?

Die Langzeitarbeitslosigkeit ging im Kreis Unna 2024 gegen den allgemeinen Trend leicht zurück (-0,3 Prozent). Aufgrund der strukturellen Unterschiede in den Kundenkreisen von Jobcenter und Arbeitsagentur war die Betroffenheit der Rechtskreise natürlich sehr unterschiedlich.

6.114 Langzeitarbeitslose gab es insgesamt im Durchschnitt des letzten Jahres. In der Arbeitslosenversicherung waren es 469 (-10,6 Prozent), in der Grundsicherung 5.644 (+0,6 Prozent).

Uwe Ringelsiep, Geschäftsführer des Jobcenters Kreis Unna, sitzt in einem Besprechungsraum im Kreishaus und spricht.
Uwe Ringelsiep, Geschäftsführer des Jobcenters Kreis Unna, bei der Vorstellung der Arbeitsmarktdaten 2024. © Max Rolke/Kreis Unna

In der langjährigen Betrachtung war die Langzeitarbeitslosigkeit laut Jobcenter 2024 als niedrig zu bewerten. In den letzten 15 Jahren wurde ihr Höchststand mit 9.028 im Jahre 2010 erreicht. Jobcenter Kreis Unna und Agentur für Arbeit Hamm gehen mit zielgruppenspezifischen Strategien zur Integration von Arbeitslosen und Besetzung von Arbeits- und Ausbildungsteilen in das Jahr 2025.

Uwe Ringelsiep, Geschäftsführer des Jobcenters Kreis Unna, betont die Wichtigkeit einer gemeinsamen Strategie aller arbeitsmarktpolitischen Partner bei der Bekämpfung von (Langzeit-)Arbeitslosigkeit.

„Junge Kundinnen und Kunden sowie geflüchtete Menschen stehen hierbei besonders im Fokus unserer Bemühungen, aber auch Lebensältere und Alleinerziehende. Schließlich zahlt sich jede einzelne gelungene Integration in Ausbildung und Arbeit langfristig für die regionale Wirtschaft aus und zeigt so ihre Wirkung gegen den Fachkräftemangel“, so Ringelsiep.

Welche Strategie fährt die Agentur für Arbeit?

Laut Thomas Helm werde man sich in der Erwartung moderat steigender Arbeitslosigkeit und einem Rückgang des Kräftebedarfs auf die im Bestand befindlichen Arbeitsstellen für Fachkräfte konzentrieren.

„Diese konnten bisher zum Teil über längere Zeit nicht besetzt werden, weil Anforderungen der Stelle und die Profile der Arbeitsuchenden nicht zusammenpassten – wir nennen das Missmatch“, so Helm.

Man werde verstärkt die Personalentscheider in den Unternehmen vor Ort persönlich über die geänderten Bedingungen des Arbeitsmarktes und zum individuellen Stellenprofil beraten sowie Fördermöglichkeiten aufzeigen.

Helm: „Arbeitsuchende auf Fachkraftniveau werden wir schnell, möglichst noch vor Eintritt der Arbeitslosigkeit, in Arbeit vermitteln.“ Arbeitsuchende sowie Beschäftigte in Unternehmen ohne abgeschlossene Ausbildung oder Fachkräfte mit Qualifizierungsbedarf wolle man verstärkt zu beruflichen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten beraten.

So könne die Zeit der Beschäftigung oder die drohende Arbeitslosigkeit sinnvoll genutzt werden – in beidseitigem Interesse von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. „Trotz knapper Kassen haben wir allein für die Förderung der beruflichen Qualifizierung von Arbeitsuchenden und Beschäftigten im Kreis Unna rund 17 Mio. Euro in den Haushalt eingestellt“, verdeutlicht Thomas Helm.