
Wenn alle Stricke reißen und es nach dem Gesetz geht – dann dürfte das Land NRW den Kommunen im Kreis Unna nicht helfen. Wenn nämlich Eisenbahnverkehr nicht mehr allein durch die Fahrgeldeinnahmen und staatliche Zuschusspauschalen zu finanzieren ist, haften die Städte und Gemeinden für das Defizit.
Im Kreis Unna droht nun ein solcher Fall einzutreten. Jedenfalls ist das die große Befürchtung der Kreistagspolitiker und auch des Landrats: Mit einer Übernahme der Eurobahn könne sich der öffentlich-rechtliche Nahverkehrs-Zweckverband NWL verheben.
Kommt der Super-GAU, stehen die Kommunen in der Kreide
So desaströs muss es in finanzieller Hinsicht offensichtlich um dieses private Bahnunternehmen stehen. Der französische Bahnriese Keolis hatte seine deutsche Tochter jedenfalls vor wenigen Jahren schon abgestoßen, weil sie nicht mehr lukrativ genug war.
Landrat Mario Löhr hat erläutert, warum er und 50 andere Abgeordnete dennoch zustimmten: Es soll die Wahl zwischen Pest und Cholera gewesen sein. Offenbar steht die Erwartung im Raum, dass die Eurobahn ohne fremde Hilfe schon sehr bald ihren Betrieb einstellen muss und die Linien mit teuren Notvergaben an andere Bahnunternehmen für Zehntausende Fahrgäste gerettet werden müssten.
Es muss nicht so kommen, aber kommt es zum Super-GAU, stehen die Städte und Gemeinden im Kreis Unna wie im gesamten Verbandsgebiet des NWL für die entstehenden Kosten des Zugverkehrs ein. So will es das ÖPNV-Gesetz.
Wer nun von der Landesregierung verlangt, sie müsse bürgen und im Notfall haften, tut etwas Nachvollziehbares, greift aber zu kurz. Ja, eine Garantieerklärung stünde dem NRW-Verkehrsminister angesichts prekärer kommunaler Haushalte sicherlich gut zu Gesicht. Der macht aber lieber Vogel-Strauß-Politik: steckt den Kopf in den Sand und vertraut darauf, dass alles schon gut gehen werde.
Fehler ist im ÖPNV-Gesetz angelegt
Anstatt aber in Problemfällen ad hoc stets Bürgschaften der Regierung mit unsicherem Ausgang einzufordern, sollte sich die Landespolitik um ein sauberes Gesetzgebungsverfahren bemühen, um etwas zugunsten der Kommunen zu ändern.
Denn der Fehler ist doch offensichtlich im Gesetz selbst angelegt. Die Kommunen sollen, so weit so gut, Aufgabenträger des Schienenverkehrs sein, damit sie mit ihrer Kompetenz vor Ort über sinnvolle Linienverbindungen mitbestimmen können.
Niemand hat sich dabei aber offenbar bei Gesetzeserlass Mitte der 1990er-Jahre vorstellen können, dass die Kommunen einmal in die ganz große Haftung geraten könnten. Vom Prinzip her gibt es diese Problematik und Kritik ja oft: Der Staat überträgt den Kommunen Aufgaben, gibt ihnen aber nicht mehr Geld dafür.
Finanzierung und Haftung für den Personennahverkehr auf der Schiene müssen daher schleunigst auf neue Füße gestellt werden. Die Defizite des VKU-Busverkehrs schlagen in jedem Jahr bei den Kommunen schon deftig genug ins Kontor – aber ein die Kreisgrenzen überschreitender Schienenverkehr klingt eher nach Staatsaufgabe. Mitreden lassen kann man die Kommunen ja trotzdem