Kommt ein Mann in seine alte Heimat Bochum Goosens „Sommerfest“ im WLT

Von Kai-Uwe Brinkmann
Kommt ein Mann in seine alte Heimat Bochum
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Frank Goosen, Bochumer Geschichtenerzähler, baut kräftig mit an der Gedächtnis-Landschaft Ruhrgebiet. Seit vielen Jahren in Romanen, die gern verfilmt werden. Wie „Sommerfest“. Sieben Jahre nach Sönke Wortmanns Film reüssiert der Stoff nun am Theater in Castrop-Rauxel. Das Westfälische Landestheater (WLT) spielt eine „Sommerfest“-Bühnenversion von Martin Schulze, der das Stück auch inszenierte.

Es ist eine Coming Home-Story, verlorener Sohn kehrt zurück in seine Heimat Bochum. Wie immer bei Goosen mischen sich im Buch (von 2012) Autobiografisches, Fiktives, Lokalkolorit und dosierte Jugend-Nostalgie.

Die große Liebe verlassen

Goosen erzählt die Geschichte einer verkorksten Liebe: Als Stefan aus dem Pott nach München zog, um Schauspieler zu werden, ließ er in Bochum die Frau seines Lebens zurück. Der Trottel. Am WLT verkörpert Tobias Schwieger den Stefan, Tine Scheibe spielt Stefans Flamme Charlie. Goosen zufolge ein Traumpaar seit Kindertagen.

Hinter der Liebelei und der Frage, ob die beiden sich kriegen, entfaltet sich die Folkloretapete Ruhr: Menschen, Orte, Sprüche. Kneipe, Trinkhalle, Akropolis-Grill, bevölkert von Malochern und Maulhelden. Von „Kalinen“ wie Charlie. Und von Ommas mit Kissen im Fenster.

Dekor für ein Lebensgefühl

Kennt man alles, tausendmal gesehen und gehört. Es sind die immer gleichen Deko-Stücke, die Autoren, Kabarettisten, Filmemacher seit 40, 50 Jahren hochhalten, wenn sie das Lebensgefühl Ruhr beschreiben. So wahr das sein mag, es nutzt sich ab.

Der „Sommerfest“-Film kämpft mit diesem Handicap, das WLT-Stück ebenfalls. 120 Minuten werden lang, wenn Altbekanntes zu sehen ist. Überraschungen keine, Humor so la-la. Die Stimme des Erzählers muss Dialog werden, auch nicht leicht.

Ruhrgebiets-Anekdoten

Kostüm und Bühnenbild von Anja Müller sind top. Stefan und Charlie turteln an einer Bude, die zum Stadion wird. Zauderer Stefan braucht Anstoß in Sachen Liebe. „Diggo“-Darsteller Mike Kühne (souverän lustig als Kraftkerl) bläst ihm den Marsch. Ruhrgebiets-Anekdoten bilden den Rest.

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Weitere Aufführung

Termin: 17. 5. 2024, 20 Uhr, Castrop-Rauxel; Karten: Tel. (02305) 97 80 20. www.westfaelisches-landestheater.de

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