Sat.1 stoppt TV-Show mit Mockridge Nach Häme über Paralympics-Athleten

Komiker Mockridge empört Para-Athleten: „Wer als Letzter ertrinkt, hat gewonnen“
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Seine Podcast-Häme über Para-Sportler kostet den Comedian Luke Mockridge eine geplante TV-Show bei Sat.1. Die spöttischen Aussagen des Komikers hatten kurz vor Abschluss der Paralympics in Paris für Wirbel gesorgt, der private Fernsehsender verzichtete daraufhin auf den für 12. September geplanten Start des neuen TV-Formats „Was ist in der Box?“ mit dem schon länger umstrittenen 35-Jährigen.

Auch der Versuch einer Entschuldigung half Mockridge nichts mehr. „Selbstverständlich war es nie meine Absicht, Menschen mit Behinderung ins Lächerliche zu ziehen – besonders während dieser großartigen Paralympischen Spiele“, beteuerte der Komiker bei Instagram.

Sat.1-Sprecher Christoph Körfer sagte, Mockridge habe sich zwar „öffentlich glaubhaft für seine unangebrachten Worte entschuldigt“. Der Sender wünsche aber, dass der Comedian einen Weg finde, „seiner Entschuldigung Taten folgen zu lassen und das Thema im Sinne aller Menschen mit Behinderung und im Sinne aller Para-Sportlerinnen und Sportler, die uns aus Paris mit ihren Leistungen beeindruckt und verzaubert haben, weiter aufzuarbeiten“.

Olympiasiegerin Vogel: Aussagen unfassbar und menschenverachtend

Die Aussagen von Mockridge würden nicht den Werten des Senders entsprechen, sagte Körfer. Die spöttischen Sätze entstammen dem Podcast „Die Deutschen“, der bereits im August ausgestrahlt worden war, aber erst kurz vor der Schlussfeier der Paralympics größere Aufmerksamkeit bekam. „Es gibt Menschen ohne Beine und Arme, die wirft man in ein Becken - und wer als Letzter ertrinkt, der hat halt gewonnen“, hatte Mockridge unter anderem gesagt.

Die nach einem Trainingsunfall im Rollstuhl sitzende zweimalige Bahnrad-Olympiasiegerin Kristina Vogel hatte bei Instagram einen Ausschnitt aus dem Podcast gepostet und bezeichnete die Worte von Mockridge als unfassbar und menschenverachtend.

Die frühere Radsportlerin Kristina Vogel kommt zur Gala. Sie erlitt eine Lungenembolie.
Kristina Vogel reagierte auf Mockridges Aussagen. © Bernd Weißbrod/dpa

Kugelstoß-Weltmeister und Paris-Silbermedaillengewinner Niko Kappel sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Luke Mockridge und seine beiden Mitstreiter haben Pech, dass Menschenverachtung, Ignoranz und Geschmacklosigkeit nicht paralympisch sind. Sonst hätten sie diese tollen Spiele als Athleten erleben können und wären heiße Gold-Kandidaten gewesen.“

Mockridge hatte in dem Beitrag auch seine Gedanken über die Entstehung der Paralympics geäußert: „Abgefahren: Der Erste, der ein anderes Land angerufen hat und gesagt hat: ‚Ey, Du kennst doch die Olympischen Spiele. Ich habe eine ähnliche Idee. Ihr habt doch auch Behinderte in Eurem Land. Sollen wir mal schauen, wer Schnellere hat?‘“.

Mockridge: Behinderte haben schwarzen Humor

Bei der ausgelassenen Medaillenparty im Deutschen Haus am Vorabend der Paralympics-Schlussfeier drehten sich die Gespräche zwar nur am Rande um Mockridge. Doch in der Heimat nahm die Debatte um den Comedian und seine TV-Zukunft immer mehr an Fahrt auf. Bei seiner neuen Show „Was ist in der Box?“ sollten andere Comedians den geheimnisvollen Inhalt einer mysteriösen Box erraten. Bis Ende Oktober wollte Sat.1 zunächst acht Folgen ausstrahlen.

Mockridge bemühte sich, die Diskussionen um seine TV-Zukunft mit einem reumütigen Statement einzufangen. „Aus meiner eigenen Erfahrung bei der Arbeit mit behinderten Menschen habe ich immer einen scharfen, schwarzen Humor erlebt, den ich gefeiert habe. Dass es mir nicht gelungen ist, das richtig zu vermitteln, und dass ich Menschen verletzt habe, tut mir wirklich leid“, schrieb er: „Es fuckt mich auch ab, dass Medien zum Ende dieser Paralympischen Spiele mehr über mich sprechen und nicht über das Turnier.“

Verband empfiehlt Mockridge: Para-Sport anschauen

Vor der Entschuldigung hatte der Deutsche Behindertensportverband (DBS) mit einer Einladung an Mockridge reagiert. „Wir möchten dazu ermuntern, sich Para-Sport live anzuschauen, um zu erleben, zu welch beeindruckenden Leistungen Menschen mit Behinderungen in der Lage sind - und, um zu verstehen, welche Bereicherung sie für unsere Gesellschaft sind.“

Der Comedian versicherte, die Einladung „sehr gerne“ annehmen zu wollen. Er freue sich „auf den Perspektivwechsel und darauf, aktiv zu lernen. Comedy und Sport sollen Spaß machen – immer! Heute hat das nicht geklappt, und das geht auf meinen Deckel“, hieß es in seinem Statement abschließend.

Der Präsident des Behinderten- und Rehasportverbands Berlin hatte vor Mockridges Stellungnahme von einer „Entgleisung sondergleichen gesprochen. Das kann weder als Comedy noch als bloße Dummheit abgetan werden“, sagte Özcan Mutlu. „Solche herabwürdigenden Äußerungen sind absolut inakzeptabel und verdienen scharfe Verurteilung.“ Mockridge solle sich zutiefst schämen.

Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbands, äußert sich bei einer Pressekonferenz beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband zur Nominierung des deutschen Teams für die Paralympics.
Friedhelm Julius Beucher und der DBS reagieren auf die Worte von Komiker Luke Mockridge. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Ärger im Fernsehgarten

Schon in der Vergangenheit hatte Mockridge für Wirbel gesorgt, unter anderem mit einem irritierenden Auftritt im „ZDF-Fernsehgarten“. „Die Witze allerdings, die Luke Mockridge heute von sich gegeben hat, trafen weder unseren Humor, noch den des Publikums. Mehr gibt es leider nicht zu sagen, der Auftritt spricht für sich selbst“, hatte das ZDF damals mitgeteilt.

Der Komiker Mockridge hatte einst zu den Sender-Gesichtern von Sat.1 gezählt. Im August 2021 hatte er eine Auszeit angekündigt und war seither im Fernsehen kaum mehr in Erscheinung getreten. Der geplante Neustart bei Sat.1 fällt nun zumindest vorerst aus.

dpa