Kinderschänder wieder vor Gericht „Ich wollte immer eine Familie haben“

Kinderschänder wieder vor Gericht: „Wollte immer eine Familie haben“
Lesezeit

„Die Mutter hat mich um Hilfe gebeten.“ Mit diesen Worten hat ein Mann aus Gelsenkirchen den Richtern am Freitag erklärt, warum er wieder Kontakt zu Kindern aufgenommen hat. Dabei war ihm genau das strikt verboten worden. Der 49-Jährige ist bereits dreimal wegen Kindesmissbrauchs verurteilt worden.

Die letzte Strafe hatte das Landgericht Köln verhängt: fünf Jahre und drei Monate Haft. Und selbst nach der Entlassung im Frühjahr 2019 wollte die Justiz den Gelsenkirchener nicht aus den Augen lassen. Er kam unter Führungsaufsicht. Beeindruckt hat ihn das aber offenbar nicht.

Hier wird über die Zukunft des Gelsenkircheners entschieden: Das Landgericht in Essen.
Hier wird über die Zukunft des Gelsenkircheners entschieden: Das Landgericht in Essen. © Jörn Hartwich

Es dauerte nur rund anderthalb Jahre, bis er eine alleinerziehende Mutter kennenlernte. „Ich konnte ihre Bitte um Unterstützung nicht ablehnen“, so der Angeklagte zum Prozessauftakt am Essener Landgericht. „Ich habe ein Helfersyndrom.“

Fortan kümmerte er sich immer wieder um ihren elfjährigen Sohn. Er ließ ihn sein Auto lenken, machte Geschenke, kaufte ihm dessen Lieblingsessen. „Ich wollte immer eine Familie haben und die Vaterrolle übernehmen“, sagte der 49-Jährige den Richtern. Sexuelle Hintergedanken habe es nicht gegeben. Genau das sieht die Staatsanwaltschaft anders.

49-jähriger Gelsenkirchener: „Habe mich in den Elfjährigen verliebt“

Der Mutter des Jungen war der enge Kontakt zu ihrem Sohn irgendwann offenbar nicht mehr geheuer. Als sie angeblich auch noch hörte, dass sich der Gelsenkirchener in ihr Kind verliebt habe, setzte sie dem Ganzen laut Anklage sofort ein Ende. Lange alleine blieb der 49-Jährige danach allerdings nicht. „Ich war halt einsam, vor allem in der Coronazeit“, sagte er den Richtern.

Dass er ausgerechnet wieder eine alleinerziehende Mutter kennenlernte, war möglicherweise Zufall. „Günstig“ fand der Angeklagte das nach eigenen Angaben aber schon. Der Sohn dieser Frau war erst sechs. Der Junge durfte in der Folgezeit immer wieder in der Wohnung des 49-Jährigen übernachten. Die beiden schliefen im selben Bett, setzten sich zusammen in die Badewanne. Dabei soll es laut Anklage auch zu sexuellen Übergriffen gekommen sein.

Prozess am Landgericht Essen: Mutter war ahnungslos

Dass er viel Zeit mit dem Sechsjährigen verbracht hat, wollte der 49-Jährige vor Gericht nicht bestreiten. Die Mutter, die von den Vorstrafen wohl nichts wusste, hatte offenbar lange Zeit keine Bedenken. „Sie hat mich sogar gefragt, ob ich Patenonkel werden möchte.“ Dass der Junge bei ihm übernachtet hat, habe ihn auch stolz gemacht. „Das war ja auch ein Vertrauensbeweis von seiner Seite.“

Zurzeit sitzt der Gelsenkirchener wieder in Untersuchungshaft. Die Anklage lautet auf Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht und auf Kindesmissbrauch. Die Essener Richter haben für den Prozess noch Verhandlungstage bis in die zweite Maihälfte geplant.