Kinderärzte massiv belastet „Es gibt keinen Mangel an Kinderärzten“, sagt das Ministerium

Kinderärzte massiv belastet: Gesundheitsministerium weist harsche Kritik an Fehlern zurück
Lesezeit

Dr. Axel Gerschlauer, der nordrhein-westfälische Sprecher des Berufsverbandes der Kinder-und Jugendärzte hatte gegenüber unserer Redaktion erklärt, ein „kaputt gespartes Gesundheitssystem“ sei mitverantwortlich für die aktuelle Situation. „Die Kinderkliniken haben weniger Betten als früher, deshalb haben wir keine Chance mehr, diese Massen von Kindern unterzubringen“, hatte Gerschlauer gesagt.

Die ambulante und stationäre Versorgung von Kindern sei in NRW und bundesweit nicht mehr gesichert. Dabei hatte Gerschlauer ausdrücklich NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann kritisiert und ihn für die Misere mitverantwortlich gemacht.

Ministerium spricht von „angespannter Versorgungslage“

Das Gesundheitsministerium räumte in einer von unserer Redaktion erbetenen Stellungnahme eine „angespannte Versorgungslage“ ein. Die laufende Infektionswelle führe teilweise zu „langen Wartezeiten, zur Verschiebung von planbaren Behandlungen und Verzögerungen im Behandlungsverlauf“.

Ein Grund seien auch Personalausfälle in den Kliniken. „Nach drei Jahren Pandemie sind Pflegekräfte und ärztliches Personal erschöpft. Der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen macht sich sehr deutlich bemerkbar“, schreibt das Ministerium. Allerdings lägen dem Ministerium noch keine Hinweise vor allem aus dem intensivmedizinischen Bereich vor, „dass die Situation so schwierig ist, dass die jungen Patientinnen und Patienten akut gefährdet sind.“

Sollten in einer Region Versorgungsengpässe auftreten, werde das „Kleeblatt-System“ helfen, mit dem Kliniken und Rettungsdienste bei gegebenenfalls bei der Verlegung von Patienten in andere Kliniken unterstützt würden.

Das Ministerium räumt ein, dass im Bereich der Kinderkrankenpflege rund 1.450 Pflegekräfte fehlen. Hier versuche man gegenzusteuern, habe neue Ausbildungsplätze und Ausbildungswege (etwa neue einjährige Ausbildung in Pflegeassistenz) geschaffen.

Sowohl in den Arztpraxen als auch im ambulanten kinderärztlichen Notdienst gebe es derzeit „ein erhebliches Patientenaufkommen“. Die Kassenärztlichen Vereinigungen erhöhten daher aktuell die personelle Besetzung im kinderärztlichen Notdienst.

Darüber hinaus prüften das Ministerium und die Kassenärztliche Vereinigungen „intensiv, welche Maßnahmen kurzfristig ergriffen werden können, um Praxen etwa von bürokratischen Vorgaben zu entlasten“, schreibt das Gesundheitsministerium.

„Zahl der Kinderärzte hat sich erhöht“

Dass es einen Mangel an niedergelassenen Kinderärztinnen und -ärzten gebe, sieht das Ministerium offenbar nicht so. Schließlich habe sich die Zahl der vertragsärztlichen Kinder- und Jugendärzten sich in den vergangen Jahren deutlich erhöht, von 1.229 im Jahr 2019 auf heute 1.311. „Lediglich 20,5 pädiatrische Arztsitze im Land sind aktuell unbesetzt, werden voraussichtlich aber kurzfristig besetzt werden können.“

Zudem verweist das Land bei der Frage der Betten-Plätze in Kinderkliniken auf die neue Krankenhausplanung. Die plane „nicht mehr mit Betten, sondern nach regionalen Bedarfen. Sie differenziert auch die verschiedenen medizinischen Leistungen in der Kinder- und Jugendmedizin viel stärker und macht Qualitätsvorgaben. Danach erhält dann das Krankenhaus einen Versorgungsauftrag mit konkreten Fallzahlen“, schreibt das Ministerium, um aber auch einzugestehen: „Die Planung wird aber nicht kurzfristig wirken.“

Mehr Studienplätze in Medizin

Und ja, das Land fördere den Ausbau der Medizinstudienplätze. Mit der Neugründung der medizinischen Fakultät OWL an der Universität Bielefeld waren zum Wintersemester 2021/2022 in Nordrhein-Westfalen 60 Medizinstudienplätze neu geschaffen worden. Im Endausbau sollen jährlich bis zu 300 Medizinstudienplätze bereitgestellt werden; dieser Volllastbetrieb ist für das Wintersemester 2025/2026 geplant.

Zudem sei die Plätze an der privaten Universität Witten/Herdecke mit finanzieller Unterstützung des Landes auf 168 pro Jahr verdoppelt worden.

„Kinder akut in Lebensgefahr“ : Sprecher der Kinderärzte von NRW im Video-Gespräch

Neue Corona-Regeln in NRW jetzt in Kraft: Isolationspflicht gilt weiter – aber mit Lockerung

Viele kleine Kinder erkranken derzeit am RS-Virus: Was Eltern jetzt wissen müssen