Im Kreishaus steht am 1. April ein gewichtiger Personalwechsel an: Der bisherige Kreisdirektor und Kämmerer Mike-Sebastian Janke übergibt die Amtsgeschäfte an seinen Nachfolger Philipp Reckermann. Janke selbst übernimmt zeitgleich die Geschäftsführung der Management-Holding VBU – er ist damit Chef der Konzernmutter aller Gesellschaften mit Beteiligung des Kreises Unna.
Ein Job, immerhin mit 240.000 Euro sowie bis zu 20.000 Euro Boni vergütet, der aber nicht ausgeschrieben worden war. Warum war das möglich?
Die Personalie war im Dezember von der großen Mehrheit des Kreistages gebilligt worden – ganz geräuschlos ging es bis dahin allerdings nicht zu. Zwei Redner der grünen Fraktion, Herbert Goldmann und Thomas Möller, hatten in der Sitzung recht unverhohlen großen Argwohn geäußert.
Harsche Kritik an VBU-Konstrukt
Von „Selbstbedienungsmentalität“ war da die Rede, ein Anwurf an Landrat Mario Löhr lautete: „Sie wollen nur jemanden durchdrücken.“ Die Grünen hatten sich schließlich bei der Abstimmung über das neue VBU-Konstrukt enthalten.
Die Grünen hatten auch angedeutet, dass eine Art Tauschgeschäft „VBU-Geschäftsführer für die SPD – neuer Kreisdirektor für die CDU“ im Raum stehe. „Das ist fast unseriös“, hatte ein aufgebrachter Thomas Möller damals in der Aula des Hellweg-Berufskollegs gerufen.
Während die Grünen sich an der Wahl des neuen Kreisdirektors, zumindest öffentlich, nicht mehr stoßen, steht Professor Johannes Hofnagel mit seiner GFL/WfU-Fraktion bis heute in vehementer Gegnerschaft zur hauptamtlichen Aufwertung der Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft Kreis Unna mbH (VBU).
Der Fraktionsvorsitzende war mit einer Aufsichtsbeschwerde bei der Bezirksregierung jedoch kürzlich gescheitert, kündigte allerdings an, die Beschlüsse zur VBU eventuell auch noch gerichtlich überprüfen zu lassen.
Pufke: „Denklogisch, Janke Geschäftsführung anzubieten“
Ein Kritikpunkt der Fraktion: Es seien vom Kreis Unna nie alternative Handlungsoptionen aufgezeigt worden. Laut Hofnagel ist damit als eine der möglichen Varianten gemeint, die Stelle eines hauptamtlichen Geschäftsführers der VBU auszuschreiben und sich nicht intern auf eine Person festzulegen.
Eine Stellenausschreibung hatte es für den Posten nicht, weder intern noch extern, gegeben. Auch Anke Schneider, Fraktionsvorsitzende der Grünen, sagt, dass man „das durchaus hätte machen können“. Diesen Punkt habe sie beim Umbau der bisher nebenamtlich geführten VBU nie verstanden. „Das wäre einfach sauberer gewesen“, so Schneider zu unserer Redaktion.
CDU-Fraktionschef Marco Morten Pufke findet an dem gewählten Verfahren, dass Landrat Mario Löhr in Abstimmung mit der VBU-Aufsichtsratsvorsitzenden Brigitte Cziehso einen Kandidaten vorschlug, nichts Anstößiges.
Der Kreisdirektor sei ja zugleich Beteiligungsdezernent. „Er hat das Thema ganz eng begleitet und es ist von ihm auch erdacht worden – dann ist es für mich auch denklogisch, dass man demjenigen die Geschäftsführung anbietet“, so Pufke.
Ganzke: „Mike Janke ist die beste Person“
Bei Hartmut Ganzke hört es sich ähnlich an. „Ich spreche dafür die beste Person an und diese Person ist Mike Janke“, so der SPD-Fraktionschef. Janke kenne die Unternehmensbeteiligungen des Kreises „wie kein anderer“. Auch Politik auf Kreisebene müsse Entscheidungen treffen und dafür werben – also Mehrheiten suchen und finden. Er sei „sehr froh“, so Ganzke, dass Marco Morten Pufke es genau so gesehen habe wie er.
„An eine Ausschreibung musste ich nicht denken“, zeigt sich der Rechtsanwalt überzeugt. Die rechtliche Prüfung der GFL/WfU-Aufsichtsbeschwerde durch die Bezirksregierung habe ja gezeigt, dass insofern kein Vorwurf zu machen sei.
Für Beamtenstellen gilt in aller Regel wegen des Prinzips der Bestenauslese eine Pflicht zur Ausschreibung. Das Bundesverwaltungsgericht urteilt dagegen, dass es eine allgemeine Verpflichtung zur Ausschreibung freier Stellen im öffentlichen Dienst nicht gebe.
Allerdings könne sich aus der anzustrebenden Gleichstellung von Mann und Frau eine Pflicht ergeben; in NRW ist dies für Bereiche im öffentlichen Dienst der Fall, in denen Frauen bislang unterrepräsentiert sind – die Gesellschaften mit Beteiligung des Kreises Unna werden ausnahmslos von Männern geleitet.

Auch aus einer entsprechenden Übung in der Dienststelle, wonach regelmäßig ausgeschrieben wird, kann sich laut Bundesverwaltungsgericht eine solche Pflicht ergeben.
Die Kreisverwaltung hält solche Ausnahmen im Fall der VBU-Geschäftsführung für nicht gegeben. Die Besetzung von Geschäftsführer-Positionen in den Gesellschaften des Kreises Unna sei in der Vergangenheit nur dann öffentlich ausgeschrieben worden, sofern es keine geeigneten und von den Verantwortlichen mit Mehrheit getragenen internen Personalvorschläge gegeben habe. „Dies war hier nicht so“, heißt es auf Nachfrage aus der Pressestelle.
Kreis: „VBU musste Stelle nicht öffentlich ausschreiben“
Die VBU sei nicht verpflichtet, die Besetzung der Position des Geschäftsführers öffentlich auszuschreiben. „Auch nicht durch das Landesgleichstellungsgesetz, welches für die VBU keine direkte Anwendung findet“, wie erklärt wird.
Mittelbar ist das Landesgleichstellungsgesetz und damit die Ausschreibungspflicht bei Unterrepräsentanz von Frauen durchaus auf die VBU anwendbar: So ist von Gemeinden und Gemeindeverbänden „bei der Gründung von Unternehmen in Rechtsformen des privaten Rechts (...) dafür Sorge zu tragen, dass die entsprechende Anwendung dieses Gesetzes in der Unternehmenssatzung verankert wird“, heißt es im Gesetz. Die VBU GmbH gehört zu 100 Prozent dem Kreis.
Man sei dennoch autonom in der Entscheidungsfindung gewesen, führt die Kreisverwaltung aus: „Mit dem amtierenden Kreisdirektor stand ein unzweifelhaft qualifizierter Kandidat zur Verfügung, den die VBU ohne weiteres in ihren Gremien hätte bestellen können.“
Zum Beleg liefert der Kreis eine Kurz-Vita von Mike-Sebastian Janke vor seinem Wechsel nach Unna mit: Prädikats-Volljurist, spezialisiert auf das Öffentliche Wirtschaftsrecht, war Beigeordneter für Planen, Bauen, Umwelt- und Klimaschutz der Stadt Iserlohn sowie Geschäftsführer einer Stadtentwicklungsgesellschaft und Prokurist einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft.
In Unna sei er zudem bereits zwischenzeitlich nebenamtlicher Geschäftsführer der VBU gewesen und seit 2023 alleiniger Geschäftsführer der VKU.
Landrat Mario Löhr als Vorsitzender der Gesellschafterversammlung und Brigitte Cziehso als Vorsitzende des Aufsichtsrats der VBU seien sich einig gewesen, die Bestellung auf die Tagesordnung des Kreistages zu setzen und so auch eine politische Zustimmung sicherzustellen. Mit seiner Zustimmung habe der Kreistag seine Vertreter in den VBU-Gremien ermächtigt, Mike-Sebastian Janke zum Geschäftsführer zu bestimmen.
Die finanzielle Ausstattung der Position begründet der Kreis Unna auch: „Das vereinbarte Gehalt für den Konzerngeschäftsführer ist im regionalen sowie im kreisweiten Umfeld der öffentlichen Unternehmen marktüblich.“