Die kleine Karte steckt in fast jeder Tasche. Rund 100 Millionen Girokarten gibt es in Deutschland, und ein großer Teil davon wird in den nächsten Monaten ausgetauscht. Nur aufmerksamen Betrachtern wird ein kleiner Unterschied auffallen: Es steht künftig nicht mehr Maestro drauf. Das macht viele Karten besser – die Zahlungswelt aber auch komplizierter.
Den 30. Juni 2023 hat der US-Konzern Mastercard für seine spezielle Zeitenwende ausgesucht. Nach diesem Datum sollen keine neuen Karten mehr mit seinem Maestro-Service ausgegeben werden. Die Ankündigung vom Herbst 2021 traf die meisten deutschen Kreditinstitute, denn ohne Maestro verliert ihre Girocard eine wesentliche Funktion: Man könnte mit den künftigen Karten ohne Maestro nicht mehr im Ausland zahlen.
Sparkasse will einen „großen Teil“ der Girokarten austauschen
Das haben manche Institute nur mit Mühe abgewendet. Inzwischen können Kundinnen und Kunden in der Regel allerdings beruhigt sein: Die alten Karten funktionieren ohnehin bis zum Ende ihrer Laufzeit uneingeschränkt, die neuen bekommen in der Regel eine Ersatzfunktion mit anderem Namen.
Fast die Hälfte aller Girocards trägt das Sparkassen-Logo. Ein „ganz großer Teil davon“ werde noch in diesem Jahr ausgetauscht, erklärt ein Sprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV). Ob das routinemäßig mit dem Ablauf der alten Karte geschieht oder gesammelt für alle Kundinnen und Kunden, entscheidet die jeweilige Sparkasse am Ort.
Die neuen Karten werden – entgegen vielen Befürchtungen – auch im Ausland funktionieren. Bisher gab es einen Schwerpunkt in Europa, jetzt kämen Akzeptanzstellen weltweit hinzu. Und dank einer sechzehnstelligen Zahl auf der Vorder- und einer Kontrollziffer auf der Rückseite werde man mit den Karten auch Onlinekäufe bezahlen können wie mit einer Kreditkarte.
Im Hintergrund geht es um technischen Fortschritt und Marktanteile. Die Girocard, die bis zum Jahr 2007 EC-Karte hieß, ist eine Entwicklung der deutschen Kreditinstitute, die ihre Wurzeln noch in der alten Papierscheck-Ära hat. Mittlerweile taugt sie auch für Geldautomaten, das Zahlen an der Ladenkasse und wurde für das kontaktlose Zahlen aufgerüstet.
Damit das deutsche System auch im Ausland funktioniert, schlossen die Institute eine Partnerschaft mit Mastercard und kauften dort den Auslandsservice Maestro ein, dessen Logo seitdem die Karten ziert. Auf manchen findet sich stattdessen das Zeichen V-Pay. Dann sorgt Mastercard-Konkurrent Visa dafür, dass die Karte im Ausland funktioniert. Im Gegensatz zu Maestro gibt es für V-Pay vorerst kein Verfallsdatum.
Mastercard und Visa wollen Girocard durch eigene Produkte ersetzen
Mit dieser Rolle in der zweiten Reihe wollen sich die beiden US-Riesen aber nicht zufriedengeben. „Das Ziel von Mastercard und Visa ist, die Girocard durch die eigenen Produkte zu ersetzen“, sagt Rudolf Linsenbarth, Blogger beim „IT-Finanzmagazin“.
Zwar sind beide Firmen für ihre Kreditkarten bekannt, aber sie haben auch sogenannte Debitkarten im Programm, wie auch die Girocard eine ist. Der Unterschied: Bei Kreditkarten streckt die Zahlungsfirma das Geld erst einmal vor und holt es sich einmal im Monat vom Girokonto des Kunden zurück. Bei Debitkarten wird das Konto direkt belastet.
Der Vorzug der Debitkarten von Visa und Mastercard: Sie können bereits wie Kreditkarten für das Bezahlen im Internet benutzt werden – im Gegensatz zur Girocard. Der Nachteil: Jeder Händler entscheidet, welche Karten er akzeptiert. Mit der Girocard kann man in Deutschland fast überall zahlen. Bei den Debitkarten von Visa und Mastercard gibt es vor allem im stationären Handel Lücken, denn sie verlangen von den Händlern höhere Gebühren.
Wie also verdrängt man den Platzhirsch? Zwei Firmen, zwei Strategien: Visa hat seine Debitkarte bei diversen Finanz-Start-ups und Banken etabliert. Dort ist nun die Visa Card das Standardangebot. Kunden passiert es allerdings nicht selten, dass sie ihre Karte in Läden oder Restaurants vergeblich zücken – weil dort nur die Girocard akzeptiert wird. Wer sie auch in der Tasche haben will, zahlt bei solchen Instituten extra.
Mastercard beendet Maestro – und hofft, dass Debitkarte genutzt wird
Mastercard dagegen entschied sich für das Maestro-Ende. Es sei Zeit für technische Weiterentwicklung, erklärte das Unternehmen – und verband damit wohl die Hoffnung, dass Institute auf die Debitkarte des Konzerns als zweite oder sogar einzige Lösung umschwenken.
Doch ganz so ist es nicht gekommen. Die beiden mit weitem Abstand größten Gruppen in Deutschland, die Sparkassen und die Volks- und Raiffeisenbanken, haben sich für eine Kombination entschieden: Sie bleiben bei der Girocard und verbinden sie künftig nicht mehr mit Maestro, sondern mit den Debitangeboten der US-Konzerne – weiterhin in einer einzigen Plastikkarte. Ob es Mastercard oder Visa sein soll, entscheidet jedes der selbstständigen Regionalinstitute für sich. Bei den Sparkassen stehe es ungefähr 60 zu 40 für Mastercard, heißt es beim DSGV.
Zahlungsexperte Linsenbarth, der das Hin und Her monatelang intensiv verfolgt hat, sieht das als gute Lösung: „Eine Kombination aus Girocard und Mastercard / Visa Card, so wie zum Beispiel bei den Sparkassen derzeit propagiert, ist aus Kundensicht das beste Produkt.“
RND
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