Beim Cannabis gibt es eine wesentliche Regelung, die bei Nikotin oder Alkohol ihresgleichen sucht: Das neue Gesetz schreibt Verbotszonen in und um Schulen vor. Ausgenommen ist der reine Besitz – doch wie gehen die Berufskollegs des Kreises Unna mit den theoretischen Vorschriften praktisch um?
Natürlich kann auch der Konsum von Nikotin oder Alkohol an bestimmten Orten untersagt werden, zum Beispiel in einer Schulordnung. Beim berauschenden Hanf hat der Gesetzgeber hingegen gleich bundesweite Verbote gesetzt.
Besitz von Cannabis bis 25 Gramm erlaubt
In den sogenannten Cannabisverbotszonen sind der Konsum sowie die Weitergabe bzw. der Verkauf von Cannabis ausnahmslos nicht erlaubt. Die Zonen erstrecken sich in einem Umkreis von 100 Metern um die Schulen. Weitere Zonen gibt es u.a. um sonstige Jugendeinrichtungen oder in Fußgängerzonen.
Die Berufskollegs sind Schulen mit einer Sekundarstufe II. Daher werden dort viele volljährige Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Wer mindestens 18 Jahre alt ist, darf straffrei bis zu 25 Gramm getrockneten Cannabis im öffentlichen Raum besitzen, also in der Tasche mit sich führen.

Für den privaten Raum gilt die Grenze von 50 Gramm getrocknetem Cannabis. Schulen sind öffentlicher Raum, daher ist der reine Besitz der Droge in der Höchstmenge dort auch nicht strafbar.
Die fünf Berufskollegs des Kreises haben alle Schülerinnen und Schüler auf „die Gültigkeit und die Verpflichtung zur Einhaltung von Gesetzen im schulischen Kontext“ hingewiesen, wie Christian Nübel berichtet.
„Das kann über die Schulordnung erfolgen, wovon einige Schulen auch Gebrauch gemacht haben“, ergänzt der stellvertretende Leiter des Hansa-Berufskollegs in Unna. In der Schulordnung wird dann z.B. verdeutlicht, dass die Vorschriften des Konsumcannabisgesetzes auch im Schulgebäude, auf dem Schulgelände und in den angrenzenden Cannabisverbotszonen gelten.
Bekiffte Schüler werden aus dem Unterricht genommen
Dass erwachsene Schüler – natürlich könnten es auch Lehrer sein – ein paar Krümel Cannabis in ihrer Schul- oder Jackentasche bei sich haben, ist aber möglich und in den vorgegebenen Mengen auch erlaubt. Das darf die Schulleitungen daher grundsätzlich gar nicht interessieren.
Christian Nübel: „Nach unserem Ermessen kann volljährigen Schülerinnen und Schülern der eigentliche Besitz von Cannabis nicht verboten werden, daher kann es auch keine anlasslosen Kontrollen geben.“
Das Hausrecht der Schulen zu bemühen und über die gesetzlichen Vorschriften hinaus auch den Besitz von Cannabis zu verbieten, würde wohl auch eher zu juristischen Konflikten führen – wer sollte so etwas kontrollieren?
Ganz anders sieht es aus, wenn Schüler einen bekifften Eindruck machen. „Wer während der Unterrichtszeit erkennbar unter dem Einfluss von Cannabis oder anderen Betäubungs- oder Rauschmitteln steht, kann vom Unterricht ausgeschlossen werden“, warnt der Schulleiter. Wer erwischt wird, könne dafür auch schulrechtlich belangt werden.
Keine Zunahme bei Cannabiskonsum
Eine bei Einführung des Gesetzes oft geäußerte Befürchtung: Cannabis könne künftig viel einfacher gar auch an Minderjährige weitergeben werden. Ist die Schule ein Hotspot des Drogenhandels geworden?
Christian Nübel unterscheidet zwischen dem Ort des möglichen Geschehens. Die Schule werde immer dann juristisch und mit Ordnungsmaßnahmen aktiv, wenn im Schulgebäude oder auf dem Schulgelände „erkennbar und nachweislich“ Cannabis oder andere Rausch- oder Betäubungsmittel konsumiert werden oder damit Handel betrieben wird.

Seit der Teillegalisierung ist laut Nübel allerdings nicht aufgefallen, dass der Cannabiskonsum zugenommen hat. „Es konnten bislang auch keine Veränderungen im Schülerverhalten festgestellt werden“, so der Pädagoge, der diese Einschätzung für alle Berufskollegs abgeben kann.
Die Kontrolle des Konsums oder des Handels außerhalb der Schulgelände, aber innerhalb der Cannabisverbotszonen sei unterdessen von den Schulen nicht leistbar. Tatsächlich handelt es sich bei einem Verstoß um eine Ordnungswidrigkeit, für deren Ahndung die örtlichen Ordnungsämter zuständig sind.
Ordnungsamt kontrolliert bei konkreten Anzeigen
Bernd Pentrop, Sprecher der Kreispolizeibehörde Unna, ergänzte am Mittwoch (15. Januar), dass die Polizei hinzugezogen werde, wenn bei kontrollierten Personen Cannabis in höheren Mengen aufgefunden werde, „weil es dann eine Straftat sein könnte.“ Um dies grammgenau feststellen zu können, wollte auch die Stadt Unna eigens Feinwaagen anschaffen.
Allerdings wird nicht nur mit Ordnungsmaßnahmen und Strafen reagiert. Es werde versucht, so Christian Nübel, „konsumierenden Schülerinnen und Schülern adäquate Beratungs- oder Suchthilfeangebote zu unterbreiten.“ Bei minderjährigen Schülern werden die Erziehungsberechtigten informiert und einbezogen.
Es gebe auch Schulungen zu Suchtberatung, die von Lehrkräften der Schulen wahrgenommen wurden. Informationsveranstaltungen zur Suchthilfe bzw. zur Suchtprävention fanden ebenfalls statt bzw. seien in Planung.