Rüdiger Kappenstein ist seit mehr als 30 Jahren Immobilienmakler. In seinem Geschäft zeichnete sich die Entwicklung von Bauzinsen immer schon wie eine Fieberkurve ab. Auch jetzt wieder. Um im Bild zu bleiben: Wer aktuell sein Grundstück verkaufen möchte, liegt ermattet im Bett.
„Der Zins ist heute teilweise fünfmal höher als vor noch vor ein, zwei Jahren“, sagt Kappenstein. „Das sind die Leute nicht mehr gewohnt.“ Alles eine Frage der Perspektive: Als er 1983 selbst eine Eigentumswohnung erwarb, schloss er noch eine Versicherung ab, die eintrat, sobald die Zinsen über zehn Prozent stiegen ...
Quadratmeterpreis von 297 Euro
Das Immobilienbüro seiner Frau Marion hat die Vermarktung des neuen Baugebietes „Auf dem Buhrlande“ in Fröndenberg übernommen. Der Quadratmeter kostet dort aktuell 297 Euro. Ein Baugrundstück mit 499 Quadratmetern kostet also genau 148.203 Euro.
In Dortmund seien Preise von 500 bis 800 Euro keine Seltenheit. „Aber diese Lagen gibt es dort gar nicht“, zeigt sich Rüdiger Kappenstein überzeugt.
Tatsächlich wird sich das Buhrlande nur an einer Seite an eine bestehende Siedlung anschmiegen und die Ein- und Zweifamilienhäuser werden zu den anderen Seiten einen unverbaubaren Blick haben, teils auf ein Waldstück.

Doch trotz des vielleicht vergleichsweise günstigen Preises – der Verkauf stockt. „Sorry, bei dem Preis bin ich raus“, hat Rüdiger Kappenstein zuletzt häufiger von Interessenten gehört, die sich vor knapp zwei Jahren auf eine Warteliste hatten setzen lassen. 6 von 26 Flächen sind immerhin inzwischen verkauft.
„Vor einem Jahr wären innerhalb von ein bis zwei Monaten alle Grundstücke weg gewesen“, ist sich Kappenstein sicher.
„Den Verkaufspreis bekommen wir vorgegeben“
Der Bodenrichtwert liegt für das benachbarte Wohngebiet bei 145 Euro, ist also nur halb so hoch wie der Grundstückspreis. Rüdiger Kappenstein weiß, dass sich viele Häuslebauer verwundert die Augen reiben, wenn Richtwert und realer Preis so weit auseinanderklaffen.
Der Bodenrichtwert sei jedoch nur ein „Anhaltspunkt“ für die Preisbildung, der sich aus der Sammlung der Kaufpreise für zuletzt veräußerte Grundstücke ergebe. Das kann für einzelne Bodenrichtwertzonen eine ganze Weile her sein.
„Den Verkaufspreis bekommen wir vorgegeben“, sagt Kappenstein, im Falle Buhrlande von der Eigentümerin, der Pro Gressio Immobilieninvestment GmbH in Unna sowie vom Erschließungsträger, der Pro Dev GmbH.
Von Grunderwerbssteuer bis Baggerstunde
Viele Faktoren hätten den Quadratmeterpreis beeinflusst. Das beginne beim Aufkauf der Flächen, die zuvor Ackerland waren. „Bauern verkaufen heute nicht mehr für 30, 40 Euro“, so Kappenstein. In NRW schlage mit 6,5 Prozent eine relativ hohe Grunderwerbssteuer zu Buche, die beim Weiterverkauf ebenfalls abgewälzt wird.

Im Zuge des Bebauungsplanverfahrens habe der Projektentwickler Pro Dev Kosten gehabt, die sich ebenfalls im Endpreis piegeln. Neben den ohnehin verlangten Gutachten musste für das Buhrlande ein zusätzliches Verkehrsgutachten erstellt werden; zudem liefen Kosten für die Schürfungen des Denkmalamtes, für Vermessung, Kanalisation und die Erschließungsstraße an. Nicht zu unterschätzen sei die Unwägbarkeit bei den Baustellenpreisen. Kappenstein: „Die Baggerstunde kostet heute x, morgen y und übermorgen z Euro.“
Familien mit ausreichendem Grundkapital kaufen
Auch der Infrastrukturausgleich für die Stadt, also die relativ preisgünstige Übertragung von 25 Prozent der Fläche an die Kommune, mache sich bei der Kalkulation bemerkbar. Zudem müsse die Grundstückseigentümerin für den Erschließungsträger eine Bürgschaft gegenüber der Stadt übernehmen – damit bei wirtschaftlichen Turbulenzen die Erschließung dennoch gesichert sei. Die eigene Marge des Maklers, räumt Kappenstein ein, gebe es natürlich auch noch.
Gekauft hätten im Buhrlande vor allem Familien, die ihre Finanzen in Ordnung haben und über ein ausreichendes Grundkapital verfügten. „Die bauen nicht auf Kante“, so Kappenstein. Die lange Niedrigzinsperiode habe leider auch dazu geführt, dass Familien „mit einem Nettoeinkommen von 2000 oder 2500 Euro eine Immobilie für 400.000 oder 500.000 Euro finanziert haben.“
Die Erschließung des Buhrlandes soll im Sommer abgeschlossen sein. Rüdiger Kappenstein ist sich sicher, dass bis dahin noch ein Teil der Grundstück verkauft sein wird. Etwas anderes will er angesichts steigender Preise nicht ausschließen: „Ich weiß nicht, ob wir mit 297 Euro schon am Ende angekommen sind.“
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