Auf dem Junggesellenabschied oder auf Stammtischtour haben es viele schon einmal gespielt: Paintball. Mit einer Druckluftwaffe mit Farbpatronen versuchen sich die Teams gegenseitig abzuschießen. Doch nur gelegentlich spielen ist nichts für Julia Keßelmann. Für sie ist der actionreiche Sport eine Leidenschaft. Und darin ist die 20-Jährige ziemlich erfolgreich: Als Europameisterin ging es für sie nun zur Weltmeisterschaft in die USA.
Seit gut zweieinhalb Jahren dreht sich im Leben von Julia Keßelmann alles nur noch um Paintball. „Ich würde am liebsten jeden Tag spielen“, sagt die Rekenerin. Nachdem ihr damaliger Freund sie mal mitgenommen hat, ist der Sport bei ihr kaum noch wegzudenken. „Ich liebe Teamsport und den Adrenalinkick“, sagt sie. Zwei bis drei Mal in der Woche fährt sie zum Training ihres gemischten Oberliga-Teams „Apex Jamaica Wuppertal“.
Ganze Familie teilt Hobby
Die Begeisterung für den Sport ist mittlerweile auf Familie und Freunde übergeschwappt. Vater Jörg, Schwester Luisa mit ihrem Mann Luca Stoffers, Arbeitskollege Fabian Holthausen und Nachbar Julien Selting sind dabei. Mutter Christiane und Julias zweite Schwester Lina unterstützen oft als Crew. „Rund die Hälfte unseres Teams besteht eigentlich aus Rekenern, ich musste schon extra einen Bulli kaufen“, sagt Julias Vater Jörg Keßelmann und lacht.
Nach einem „Girls-Day“ des Frauenteams „Belladonna“ aus dem belgischen Sprimont im Oktober vergangenen Jahres in der Trainingshalle des Wuppertaler Teams kam dann der Clou: Weil Julia am besten abschnitt, wurde sie kurzerhand zusätzlich in das belgische Supair-Team aufgenommen. Seither trainiert sie mit ihren Teamkolleginnen aus Deutschland, Litauen, Belgien, Frankreich und England alle vier Wochen in englischer Sprache an einem „Intensivwochenende“.

Und das mit Erfolg: Als amtierende Europameisterinnen durfte das Team Anfang November am World Cup in Kissimmee im Bundesstaat Florida in den USA teilnehmen. Am Ende reichte es zwar nur für den sechsten Platz der elf Teilnehmer, dennoch war es ein Erlebnis, welches die Rekenerin nicht so schnell vergessen wird. „Es war meine coolste Erfahrung, mal zu sehen, wie das größte Paintball-Event der Welt aufgezogen wird. Das ist schon beeindruckend“, sagt Julia Keßelmann.
Zusammen mit ihrem Vater ist Julia Keßelmann in die USA geflogen. Die ersten Tage dienten zur Erholung vom Jetlag, bevor vier anstrengende Turniertage bevorstanden. Schnelligkeit, Ausdauer und eine gute Kommunikation sind bei dem Sport nämlich gefragt. Gespielt wurde fünf gegen fünf auf einem Kunstrasenplatz mit aufblasbaren Deckungen. Das Team, welches in 15 Minuten die meisten Punkte sammelt oder alle Gegenspielerinnen trifft, gewinnt. „Die ganze Familie hat zu Hause über YouTube mitgefiebert“, sagt Christiane Keßelmann.
Dennoch musste sich das einzige europäische Team um Julia Keßelmann im Viertelfinale nach insgesamt fünf Turnierspielen gegen ein US-Team geschlagen geben. „Anders als in Deutschland, wo der Sport erst mit 18 Jahren zugelassen ist, dürfen die Amerikaner schon mit sechs Jahren Paintball spielen, dementsprechend werden sie auch frühzeitig gefördert, daher sind sie auch Spitzenreiter in diesem Sport“, erklärt Jörg Keßelmann.
Rückschlag schreckt nicht ab
Von diesem Rückschlag bei der Weltmeisterschaft lässt Julia Keßelmann sich nicht beeindrucken, denn schon im nächsten Jahr hat das Team wieder die Chance, sich bei den Turnieren in Portugal, Frankreich und England unter Beweis zu stellen und eventuell wieder als Europameister zum World Cup zu fahren. „Mein größter Traum wäre es, den World Cup irgendwann mal zu gewinnen“, sagt die 20-Jährige. Dafür investiert sie viel. „Der Sport ist zeitaufwendig, und mein Lehrlingsgehalt geht komplett für den Paintballsport drauf, meine Eltern finanzieren auch noch zusätzlich was mit“, sagt Julia Keßelmann. „Manch anderer würde sich für das Geld ein Auto kaufen“, sagt Christane Keßelmann.
Ins Geld geht neben den Fahrten vor allem die Ausrüstung, bestehend aus Schutzkleidung, Maske, Fußballschuhen, Waffe, auch „Markierer“ genannt, und Farbpatronen. „Eine Grundausrüstung liegt bei 1500 bis 2000 Euro“, schätzt Jörg Keßelmann. Um mithalten zu können,bedarf es aber einer besseren Ausstattung. „Allein mein Markierer hat 2000 Euro gekostet“, sagt Julia Keßelmann. „Und an den blauen Flecken, die man trotzdem bekommt, gewöhnt man sich“, erzählt sie lachend.
Jetzt ist aber erst einmal Winterpause, und da steht etwas ganz anderes an: die Abschlussprüfung als Kfz-Mechatronikerin.