Noch sind alle Zahlen vorläufig, bis der Bundeshaushalt in Berlin beschlossen ist. Geschäftsführer Uwe Ringelsiep kann aber schon heute bestätigen: Das Jobcenter Kreis Unna wird ab 2025 mit spürbar weniger Geld auskommen müssen.
Die Jobcenter erhalten vom Bund für die Erfüllung ihrer Aufgaben und die Auszahlung der Regelsätze des Bürgergeldes in jedem Jahr ein bestimmtes Budget aus Steuereinnahmen zugewiesen.
Trotz Sparkurs alle Maßnahmen weiterführen
Der Etat für die Vermittlungsarbeit lag in den vergangenen Jahren dabei stets zwischen 10 und 11 Millionen Euro. Am Sitz an der Bahnhofstraße in Unna geht man von einem Einschnitt zwischen 10 und 20 Prozent aus. „Im schlimmsten anzunehmenden Fall“, so Ringelsiep, könnten es 2025 nur noch rund 9 Millionen Euro sein.
Man werde also definitiv mit weniger Geld wirtschaften müssen. Uwe Ringelsiep hofft aber, dass sich Einschnitte dennoch nicht negativ bei der Jobvermittlung auswirken werden. Nach ersten Anzeichen für einen Sparkurs habe man neue Verträge für Arbeitsgelegenheiten zunächst bis Januar 2025 befristet, sodass deren Finanzierung jedenfalls sichergestellt sei.

Auch in Zukunft wolle man trotz der erwarteten Kürzungen maßvoll agieren. „Wir wollen alle Instrumente weiter bedienen“, sagte der 66-Jährige am Donnerstag (26. September) im Gespräch mit dieser Redaktion. Was Ringelsiep damit meint, sind die unterschiedlichen Maßnahmen, die dem Jobcenter bei der Integration in den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.
Bei Bildung und Qualifizierung werde man nicht sparen. „Es werden überall Fachkräfte gesucht – hier zu sparen, wäre nicht schlau“, so der Geschäftsführer, der seit bereits 20 Jahren im Amt ist. Allerdings kostet gerade dieses individuelle Ertüchtigen für einen Job relativ viel Geld.
Arbeitsgelegenheiten „preiswerter“ machen
Auch die Zahl der Arbeitsgelegenheiten – früher meist 1-Euro-Job genannt – müsse nicht zwangsläufig verringert werden. Man könne aber „preiswerter werden“, so Ringelsiep. „Wir waren insofern aber nie auffällig.“
Meistens geht es dabei um Tätigkeiten bei der Tafel, in Sozialkaufhäusern oder an Radstationen. Mit den Trägern seien bereits Gespräche geführt worden. Denn bei den Wohlfahrtsverbänden im Kreis seien wegen der Einsparziele im Sozialetat des Bundes schon Befürchtungen aufgekommen.
Jobcenter betreut 17.000 Bedarfsgemeinschaften
- Das Jobcenter Kreis Unna verausgabt jährlich rund 320 Millionen Euro. Davon entfallen u.a. 155,9 Mio. Euro auf die Leistungen zum Lebensunterhalt, 89,3 Mio. Euro auf Kosten für Unterkunft und Heizung, 43,1 Mio. Euro auf Verwaltungskosten (Personal: ca. 80 Prozent), 25,7 Mio. Euro auf Eingliederungsleistungen.
- Der vorl. Haushaltsansatz für das Jobcenter Kreis Unna im Jahr 2024 sieht 64,6 Millionen Euro vor; davon entfallen 45,0 Mio. Euro auf den Verwaltungshaushalt und 19,6 Mio. Euro auf den Eingliederungshaushalt (Integration in den Arbeitsmarkt).
- Das Jobcenter betreut rund 10,5 Prozent der Bevölkerung im Kreis Unna (SGB-II-Quote im September 2023); 17.063 Bedarfsgemeinschaften (Haushalte) bzw. waren im September 2024 im SGB-II-Bezug, darunter befanden sich 23.687 erwerbsfähige und 8.926 nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte.
Ein weiteres Instrument sind Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheine (AVGS). Die Gutscheine können zum Beispiel für ein Einzelcoaching eingesetzt werden, wenn bei lange arbeitslosen Menschen dieser Bedarf gesehen wird. Künftig werde man bei den AVGS Anzahl, Dauer und Zielgruppen überprüfen, kündigt der Jobcenter-Chef an. „Wir müssen verstärkt auf die Wirkung schauen“, so Ringelsiep.
Das Jobcenter Kreis Unna sei ohnehin von Kürzungen betroffen, weil die Vermittlungsquoten in der Vergangenheit gut waren. Gleichzeitig habe man wegen der Zuwanderung aber mehr Kunden als noch vor wenigen Jahren.
Ein Vermittler betreut 400 Arbeitsuchende
Man müsse eigentlich noch mehr Mitarbeiter einstellen, um einen besseren Betreuungsschlüssel zu erreichen. Für den Verwaltungsetat im Gesamtbudget, also Personal-, Energie- und Mietkosten erhalte man aber künftig ebenfalls weniger Geld.
Aktuell kümmere sich ein Vermittler beim Jobcenter um 400 Kunden, müsse also rechnerisch jeden Tag 20 Kontakte pflegen. Ringelsiep: „Dann kann eine intensive Beratung nicht gut erfolgen.“ Dabei sei die Halbierung der Jugendarbeitslosigkeit im Kreis Unna gerade wegen einer hohen Kontaktdichte gelungen.
Aufgaben des Jobcenters
- Das Jobcenter Kreis Unna betreut Personen, die nach dem Sozialgesetzbuch II einen Anspruch auf das Bürgergeld haben. Diese aus Steuermitteln finanzierte Sozialleistung richtet sich nur nach der Bedürftigkeit des Arbeitssuchenden und den mit ihm in einer sogenannten Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Somit erhalten alle Arbeitssuchenden, die erwerbsfähig sind und keinen oder geringen Anspruch auf das Arbeitslosengeld I haben, das Bürgergeld.
- Die Aufgabengebiete des Jobcenters Kreis Unna – seine Träger sind die Agentur für Arbeit Hamm sowie der Kreis Unna – sind in zwei große Fachbereiche unterteilt. Auf der einen Seite wird in der Leistungsgewährung alles rund um das Thema Beantragung des Bürgergelds bearbeitet. Auf der anderen Seite deckt der Fachbereich Markt und Integration die Arbeitsvermittlung ab und ist somit Anlaufstelle für Personen, die Unterstützung bei der beruflichen (Wieder-)Eingliederung benötigen.
So werde man trotz des Sparprogramms in Berlin im Kreis Unna künftig weder bei Jugendlichen, noch bei schwerbehinderten Kunden sparen. Sobald verlässliche Zahlen vorliegen, legt Ringelsiep dem Beirat des Jobcenters einen Etatentwurf vor, am Ende entscheidet die Trägerversammlung.
Man sei in der Vergangenheit vor allem deswegen erfolgreich gewesen, weil das Programm des Jobcenters in den Gremien, also mit Beteiligung von Gewerkschaften, Arbeitgebern, Kammern und Politik, stets „im Schulterschluss“ verabschiedet worden sei.
Unna soll bei Vermittlungsquote wieder Spitze werden
Wenn man aber 2025 wohl noch „ohne blaues Auge“, so Ringelsiep, davonkommen werde, sehe er das Jahr 2026 auch wegen der sich schon abzeichnenden „Eintrübung“ auf dem Arbeitsmarkt mit relativ wenig offenen Stellen skeptisch.
Der Geschäftsführer, der noch bis Ende 2025 im Amt ist, gibt sich trotzdem kämpferisch. Seit 20 Jahren hat das Jobcenter Kreis Unna in NRW an der Spitze der Vermittlungsquote gelegen. Jetzt ist man erstmals auf Platz 2 gerutscht.
Hamm hat Unna überholt, wohl weil dort weniger Ukrainer leben. Im Kreis Unna leben weitaus mehr, sie waren bislang aber relativ schlecht in Jobs zu vermitteln. „Das kratzt an meinem Ego“, gibt Ringelsiep zu. „Ich will nächstes Jahr wieder auf Platz 1 sein.“