Jens Jacob war ein überaus aktiver Mensch: Zehn Jahre lang machte er Judo, brachte es bis zum braunen Gürtel. Beim Formationstanz war er ebenfalls lange aktiv – sowohl bei öffentlichen Veranstaltungen, als auch auf Turnieren. Nicht zuletzt liebte er das Skifahren, sprang häufig als Skilehrer ein. Das Voltigieren gehörte ebenfalls zu seinen Hobbys. Und auch beruflich stand körperliche Fitness auf dem Programm: Acht Jahre lang war er Zeitsoldat, unter anderem bei einem Auslandseinsatz im Kosovo.

„Ich war extrem fit“, betont Jens Jacob. Doch das ist Vergangenheit. Heute kann der 49-Jährige nur noch mit Mühe und Hilfe drei, vier Schritte am Rollator gehen, er liegt meistens auf der Couch oder sitzt im Rollstuhl. „Es gehen schon Kleinigkeiten im Alltag nicht, zum Beispiel eine Flasche aufzudrehen. Das ist ein Horror“, sagt der Recklinghäuser. Er spricht schwerfällig, ist nicht gut zu verstehen. Mit Mühe hebt er einen Unterarm ein wenig und zeigt mit zwei Fingern einen kleinen Abstand: „Der Mund geht nicht mehr weiter auf“, erklärt er seine Sprachprobleme. Der Grund für den körperlichen Abstieg: Jens Jacob hat Muskelschwund.
16 Jahre ist es her, dass der damals 33-Jährige die niederschmetternde Diagnose „Myotone Dystrophie Typ 1“ (DM1) erhielt. „Seitdem merken wir, dass die Muskeln bei Jens schwächer werden“, sagt seine Frau Barbara. Und sie ergänzt mit belegter Stimme: „Auch das Herz ist ein Muskel. Irgendwann endet die Krankheit tödlich.“ Heilbar sei die genetisch bedingte Erkrankung nicht, aber Jens Jacob tut viel, um die muskulären Rückschritte zu verlangsamen. „Jede Woche zweimal Physio-, zweimal Ergo- und zweimal Logopädie“, sagt er. „Wenn man nichts macht, geht es ratzfatz bergab.“
Erinnerungen an bessere Zeiten
Dennoch erinnert sich Barbara Jacob noch gut an körperlich bessere Zeiten - auch nach der Diagnose: „Als ich Jens vor zehn Jahren kennenlernte , konnte er noch Radfahren.“ Und ihr Mann berichtet vom Fußball-Pokalspiel seiner geliebten Bayern 2016 gegen Dortmund in München. „Da war ich im Stadion, da ging das Treppensteigen noch einigermaßen.“

Jens Jacob führt durch seine Erkrankung inzwischen ein „ganz anderes Leben“ als zuvor. „Sehr vieles geht eben nicht mehr, ich brauche ständig Hilfe“, sagt er - und nennt Beispiele wie Haare waschen, Socken anziehen oder den Aufzugsknopf erreichen. Seine Tage verbringt der schwerbehinderte Recklinghäuser meistens zuhause. „Im Sommer sitze ich gerne auf dem Balkon, ich liebe das Grillen“, sagt er. Bisweilen sieht er fern, spielt Karten oder Kniffel mit seiner Frau und Bekannten. „Ich sage immer: Das ist therapeutisches Zocken - Bewegung für die Hände und durch die Unterhaltungen Übung für die Sprache“, meint Barbara Jacob lächelnd. Und da ist auch noch die „Rheinfire-Dauerkarte“, die der befreundete Fanclub des Düsseldorfer Football-Vereins Jens Jacob für die kommende Saison geschenkt hat.
Auch auf der Hundewiese in Hohenhorst ist Jens Jacob gerne – zusammen mit seiner Frau und Hund Purzel. Doch auch hier ist er zur Passivität verurteilt. „Es ist schon hart und deprimierend, wenn ich andere Leute sehe, die mit ihrem Hund herumlaufen, fitte Leute, die Sachen machen, die ich nicht mehr machen kann“, murmelt Jens Jacob traurig.
Den Weg zur Hundewiese absolviert Jens Jacob mit seinem E-Rollstuhl, seine Frau kommt mit Purzel per Auto. „Das geht von der Entfernung, es sind nur gut zehn Minuten mit dem Rollstuhl“, sagt der 49-Jährige. Doch bei weiteren Ausflügen hat das Ehepaar ein Problem: „Ich bekomme den E-Rollstuhl nicht mehr in unseren alten Renault Modus gehievt“, sagt Barbara Jacob. Ihr Rücken wurde 2013 bei einer Operation im Bereich der Lendenwirbelsäule versteift, die 46-Jährige kann und darf nicht mehr heben, sie ist voll erwerbsunfähig und bereits Rentnerin.
So suchen die Jacobs einen anderen Wagen. „Die Fahrten zum Arzt und zu den Therapien sind über die Krankenkasse geregelt. Es geht um mehr Mobilität für die Teilhabe am sozialen Leben“, sagt Barbara Jacob und erinnert daran, dass Jens immer sehr gerne rausgegangen ist – zum Mittelalter-Markt, zum Tierpark, zum Picknick...
Spendenaktion über „Gofundme“
Weil aber das Geld für einen anderen Wagen fehlt, hat Barbara Jacob jetzt nicht nur Stiftungen angeschrieben, sondern auch eine private Spendenaktion über „Gofundme“ initiiert. Dieses Unternehmen vermittelt Spendengelder über eine Internetplattform, zentral ist dabei das Crowdfunding-Prinzip, bei dem eine große Anzahl an Privatpersonen vergleichsweise kleine Beträge für einen bestimmten Zweck spendet. Hier hat Barbara Jacob eine Website (https://gofund.me/8fec4db6) erstellt, die den Spendenzweck - das Auto - erläutert.
„Wir wollen nicht einen tollen teuren Wagen mit Elektrolift“, stellt Barbara Jacob klar. „Wir brauchen nur ein Fahrzeug, in das ich den Rollstuhl nicht reinheben muss, zum Beispiel einen Kastenwagen mit einer Rampe. Das Auto kann alt, kackbraun und verbeult sein, das ist wurscht, da haben wir keine Ansprüche“, betont die Recklinghäuserin. Es gehe nur um die Möglichkeit der Mobilität – und „es geht für Jens darum, noch ein bisschen Leben zu haben.“