ISAR: Nach mehr als 100 Stunden befreite Frau ist tot Hilfe gestoppt wegen Sicherheitsrisiken

ISAR: Nach mehr als 100 Stunden befreite Frau ist tot: Hilfe gestoppt wegen Sicherheitsrisiken
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Die unter der Leitung der nordrhein-westfälischen Hilfsorganisation I.S.A.R. Germany aus Trümmern im türkischen Erdbebengebiet gerettete Frau ist tot. «Unser Team ist geschockt und traurig. Wir trauern mit ihrer Familie», schrieb die Organisation am Samstag bei Twitter. Die Frau starb demnach in der Nacht in einem Krankenhaus - also wenige Stunden nach ihrer spektakulären Rettung, die mehr als 50 Stunden dauerte.

Die Frau war am Freitag aus den Trümmern eines eingestürzten Hauses in der türkischen Stadt Kirikhan befreit worden - mehr als 100 Stunden nach dem Erdbeben. Sie befand sich laut I.S.A.R in mehreren Metern Tiefe. Einsatzkräfte schufen einen Versorgungskanal zu der Verschütteten, über den sie mit der Frau kommunizieren und sie durch einen Schlauch mit Wasser versorgen konnten. Ein I.S.A.R.-Sprecher sagte, das Team sei sehr betroffen, einige Kollegen hätten die ganze Zeit über Kontakt mit der Frau gehabt.

I.S.A.R. Germany wurde 2003 in Duisburg gegründet. Die Organisation ist seit Dienstag mit einem Team im Erdbebengebiet.

Deutsche Retter unterbrechen Hilfe wegen Sicherheitsrisiken

Das Technische Hilfswerk (THW) und die Hilfsorganisation I.S.A.R Germany unterbrechen aus Angst vor möglichen Tumulten ihre Rettungsarbeiten im Erdbebengebiet in der Türkei. In den vergangenen Stunden habe sich nach verschiedenen Informationen die Sicherheitslage in der Region Hatay geändert, teilten die Organisationen am Samstag mit. «Es gibt zunehmend Berichte über Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Gruppierungen, auch Schüsse sollen gefallen sein», hieß es vom THW.

Such- und Rettungsteams bleiben demnach vorerst im gemeinsamen Basislager in der Stadt Kirikhan. Wenn es einen konkreten Hinweis gebe, dass man jemand lebend retten könne, werde man aber dennoch hinausfahren, sagte die THW-Sprecherin Katharina Garrecht vor Ort der Deutschen Presse-Agentur.

Zunehmende Aggressionen

"Unsere Einsatzkräfte haben von den Tumulten bisher nichts mitbekommen", teilte das THW mit. Ein I.S.A.R-Sprecher teilte mit: "Nach unseren Informationen richten sich die Aggressionen nicht gegen deutsche Helfer." Es habe bisher keine Bedrohungslage gegeben.

Bei Großschadenslagen wie einer Erdbeben-Katastrophe gebe es erfahrungsgemäß verschiedene Phasen, teilte der I.S.A.R.-Sprecher weiter mit. "Derzeit sind wir in jener Phase, in der die Hoffnung auf Überlebende unter den Trümmern immer geringer wird. Aus diesem Grund schlägt diese bisweilen bei den Menschen in tiefe Trauer und manchmal in Wut über ihre persönlichen Verluste um." Hinzu kämen Schwierigkeiten bei Wasser- und Nahrungsmittelversorgung, die die Betroffenen belasteten und zum Teil frustrierten. I.S.A.R-Einsatzleiter Steven Bayer sagte: "Es ist festzustellen, dass die Trauer langsam der Wut weicht."

Laut THW handelten die deutschen Helfer in Abstimmung mit dem türkischen Katastrophenschutz Afad. Sobald dieser die Lage als sicher einstufe, werde man die Arbeit wieder aufnehmen.

Zuvor hatten Soldatinnen und Soldaten einer Katastrophenhilfseinheit des österreichischen Militärs ihre Rettungsarbeiten in der Provinz Hatay eingestellt. "Es gibt zunehmend Aggressionen zwischen Gruppierungen in der Türkei. Es sollen Schüsse gefallen sein", sagte Oberstleutnant Pierre Kugelweis vom österreichischen Bundesheer der Nachrichtenagentur APA. Auch die österreichischen Retter bleiben aber vor Ort und stehen für weitere Einsätze bereit.

dpa

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