Der Briefkasten-Apparat eines Mehrfamilienhauses.

Der Praxisbetrieb des festgenommenen Recklinghäuser Naturheilkundlers ruht. Auf dem Briefkasten und dem Klingelschild des Hauses ist der Name noch zu lesen. Sonstige Hinweise gibt es nicht. © Alexander Spieß

Corona-Impf-Betrug: Arzt aus Recklinghausen sitzt in U-Haft – 1000 Personen im Visier

rnStaatsanwaltschaft ermittelt

Ein Mediziner aus Recklinghausen soll illegal Hunderte Corona-Impfbescheinigungen ausgestellt haben. Denn geimpft hat der Naturheilkundler seine Patienten nicht. Nun sitzt er in U-Haft.

Recklinghausen

, 19.08.2022, 13:20 Uhr / Lesedauer: 1 min

Der Name der Praxis steht nur dezent auf Briefkasten und Klingelschild des Mehr-Parteien-Hauses in der Nähe der Recklinghäuser Innenstadt. Sonstige Schilder gibt es nicht. Und auch keinen erkennbaren Praxisbetrieb. Kein Wunder: Der Mann, der hier als Naturheilkundler praktizierte, sitzt in Untersuchungshaft. Und das schon seit etwa drei Monaten, wie die Staatsanwaltschaft jetzt auf Anfrage unserer Redaktion mitteilte.

Der Mediziner soll Hunderte Corona-Impfbescheinungen ausgestellt haben, ohne seine Patienten geimpft zu haben. Noch dauern die weiteren Ermittlungen an, erklärt Oberstaatsanwältin Kornelia Kötter. Ermittelt wird demnach wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz, des gewerbsmäßigen Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse sowie der Sachbeschädigung.

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Offenbar stellte der Arzt die falschen Impfausweise in den meisten Fällen im Einvernehmen mit seinen Patienten aus. Es gab auch Berichte darüber, dass zumindest einem Kind auf Geheiß von einem Elternteil anstatt des Corona-Vakzins Jodsalz gespritzt worden sein soll.

Zur Anzahl der betrügerischen Bescheinigungen wollte sich die Staatsanwaltschaft nicht äußern. Allerdings ermittelten die Bochumer Staatsanwälte nach eigenen Angaben insgesamt gegen mehr als 1000 Personen, darunter vor allem Patienten des in U-Haft sitzenden Mediziners.

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Einige Ermittlungsverfahren sind inzwischen eingestellt worden, gegen Zahlung von Geldauflagen. Diese Möglichkeit eröffnete sich Personen, die geständig waren, sich bislang nicht strafbar gemacht hatten und die nicht einer sogenannten sensiblen Berufsgruppe angehören. Zu dieser Gruppe zählen etwa Heilberufe. Wer das Ermittlungsverfahren auf diesem Wege außergerichtlich beendete, zahlt ein halbes bis ein ganzes Netto-Monatsgehalt. Das Geld kommt der Staatskasse oder einer gemeinnützigen Einrichtung zugute.

Anders als die Praxis selbst ist die Internetseite des Naturheilkundlers noch in Betrieb. Einen Hinweis auf Corona-Impfungen, wie es ihn dort früher einmal gab, sucht der Nutzer heute allerdings vergebens.