„Immer mehr Verbrechen? Schuld sind die Ausländer“? Was stimmt, was ist Propaganda? Die Fakten

„Immer mehr Verbrechen und schuld sind die Ausländer“? – Was stimmt, was ist Propaganda? Die Fakten
Lesezeit

Bei der Frage, ob die Kriminalität unter Ausländern höher ist als unter Deutschen, zucken viele zusammen. Sie fürchten, sich allein durch diese Frage als ausländerfeindlich zu disqualifizieren.

Ein Hauptgrund liegt darin, dass vor allem die AfD mit der Behauptung auf Stimmenfang geht, Ausländer seien verantwortlich, dass die Kriminalität in Deutschland in den vergangenen Jahren massiv gestiegen sei. Stimmt das?

Wir haben Zahlen, Daten und Fakten zusammengetragen.

Die erste Frage lautet: Wie ist es um Kriminalität in Deutschland bestellt? Ist sie wirklich explodiert, wie viele meinen? War es früher sicherer, in Deutschland zu leben?

Wie sich die Zahl der Straftaten entwickelt, lässt sich an der „Häufigkeitszahl“ ablesen. Das ist die Zahl der Straftaten pro 100.000 Einwohner.

Diese Zahl lag im Jahr 2022 bei 6.762. In den Jahren davor, von 2018 bis 2021, lag der Wert niedriger, wobei da zwei Corona-Jahre besonders betrachtet werden müssen.

In jedem einzelnen Jahr zwischen 1982 und 2017 gab es allerdings mehr Straftaten pro 100.000 Einwohner als 2022. Das Gefühl, dass es heute krimineller zugeht als früher, ist also nicht korrekt.

197.202 Gewaltdelikte gab es im Jahr 2022. Das ist die höchste Zahl seit 2010. Unterbrochen von den Corona-Jahren setzt sich in diesem Bereich der Anstieg der Delikte also seit mehr als zehn Jahren fort.

Beim Blick auf die Arten der Gewaltdelikte fällt auf, dass in den vergangenen 30 Jahren noch nie so wenige Morde – das schlimmste aller Gewaltdelikte – verübt wurden wie im vergangenen Jahr.

Die in den vergangenen Jahren deutlich gesunkene Zahl an Morden zeigt sich auch, wenn man die Zahl der Morde pro 100.000 Einwohner in den vergangenen Jahrzehnten betrachtet. Bei den vollendeten Taten lag der Wert 1993 bei 0,8. Heute liegt er nur noch bei 0,25, also mehr als zwei Drittel unter dem Wert von vor 30 Jahren.

Das heißt: Der Anstieg bei Gewaltdelikten findet unterhalb des schlimmsten Verbrechens, also des Mordes, statt.

Von den 5.628.584 Straftaten, die die Polizei 2022 registrierte, wurden 57,3 Prozent aufgeklärt, Tatverdächtige wurden ermittelt. 37,4 Prozent der Tatverdächtigen besaßen keine deutsche Staatsangehörigkeit. Wichtig: Wer neben der deutschen eine zweite Staatsangehörigkeit hat, wird bei den 37,4 Prozent nicht mitgezählt.

Beachten muss man bei dieser Zahl, dass eine Reihe von Straftaten in der Statistik mitgezählt werden, die von Deutschen gar nicht begangen werden können, etwa Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht. Das waren im Jahr 2022 genau 225.829 Straftaten.

Ende 2020 lebten in Deutschland rund 10,6 Millionen Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Das entspricht einem Ausländeranteil von 13 Prozent an der Bevölkerung, die aktuell bei rund 83,2 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern liegt.

Dabei zeigt sich, dass der Anteil von nicht-deutschen Straftätern innerhalb Deutschlands höchst unterschiedlich ist. Ein Hauptgrund dafür ist dabei, dass sich auch der Ausländeranteil an der Bevölkerung in Deutschland höchst unterschiedlich darstellt. Und so ergibt sich das Bild, das zu erwarten war: In den Regionen, in denen weniger Ausländer leben, ist auch ihr Anteil an tatverdächtigen Straftätern niedriger.

Wichtig zu erwähnen ist, dass der Anteil ausländischer Straftäter von Delikt zu Delikt stark variiert. Es gibt Delikte mit einem herausstechend hohen Anteil an ausländischen Straftätern.

Dazu zählen unter anderem Zuhälterei (54,7 Prozent) und Handtaschenraub (52,2 Prozent). Und es gibt Arten von Straftaten, bei denen der Anteil der ausländischen Tatverdächtigen geringer ausfällt. Besitz von Kinder-Pornografie (15,1 Prozent) oder Betäubungsmittel-Diebstahl (8,6 Prozent).

Unterm Strich bleiben zwei zentrale Erkenntnisse:

1. Die Zahl der Straftaten ist in Deutschland in den vergangenen Jahren keineswegs explodiert, sondern – vor allem bei Tötungsdelikten – deutlich gesunken.

2. Es lässt sich nicht wegdiskutieren, dass der Ausländer-Anteil an allen Tatverdächtigen (31,9 Prozent, sofern man Delikte, die nur Ausländer begehen können, weglässt) deutlich höher ist als der Anteil von Nicht-Deutschen an der Bevölkerung (13 Prozent).

Alle Artikel unserer Serie finden Sie ab sofort auf unserer Übersichtsseite.

Wir freuen uns über Reaktionen auf unsere Serie! Schreiben Sie uns unter sagen@lensingmedia.de

Der Streit um die freie Meinung: Wer bestimmt, was wir sagen? Warum schweigen so viele?

Meinungsfreiheit in Deutschland: Was der Staat zulässt, wo er an seine Grenzen gerät