Update 29.3., 19 Uhr: Hunderttausende Menschen haben in Istanbul gegen die Regierung und die umstrittene Inhaftierung des abgesetzten Bürgermeisters Ekrem Imamoglu protestiert. Aufgerufen zu der Großkundgebung hatte die sozialdemokratische CHP-Partei des beliebten Oppositionspolitikers. Die Demonstranten warfen dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vor, Imamoglu mit Hilfe der Justiz politisch kaltstellen zu wollen. CHP-Chef Özgür Özel sagte in seiner Rede, Imamoglu sei in Haft, weil er sich dem „Diktator“ widersetzt habe.
Auch Imamoglu selbst attackierte Erdogan. In einem Brief, der auf der Kundgebung im Stadtteil Maltepe auf die asiatische Seite Istanbuls verlesen wurde, schrieb er, jeder Schritt Erdogans zeige, dass er „vor Wahlen davonläuft und Angst vor seinem Gegner hat“.
Mehrere Journalisten in der Türkei verhaftet
Update 25.3., 19.50 Uhr: In der Türkei sind mehrere Journalisten in Zusammenhang mit Demonstrationen gegen die Absetzung und Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters verhaftet worden. Die französische Nachrichtenagentur AFP gab bekannt, dass auch einer ihrer Fotojournalisten in Gewahrsam gekommen sei. Agentur-Chef Fabrice Fries schrieb in einem Brief an den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan: „Seine Inhaftierung ist inakzeptabel.“ Fries bat, sich für eine rasche Freilassung des Journalisten einzusetzen, der laut AFP zu Hause im Beisein seiner Frau und seiner Kinder festgenommen worden war.
AFP forderte die türkischen Behörden auf, die Arbeit von Journalisten und die Pressefreiheit zu achten. Von türkischer Seite habe es geheißen, der Fotograf habe an einer verbotenen Versammlung in Istanbul teilgenommen. AFP-Chef Fries betonte, der Mitarbeiter sei als Journalist der Agentur vor Ort gewesen. „Sich dort zu befinden, wo Ereignisse passieren, solche zwischen Demonstranten und Einsatzkräften eingeschlossen, ist die Arbeit eines Fotografen.“ Der Gewahrsam des Journalisten habe keine rechtliche Grundlage.
Gleichlautender Vorwurf
Neben dem AFP-Fotojournalisten wurden laut der türkischen Anwaltsvereinigung MLSA sechs Journalisten und Fotografen verhaftet und vier weitere festgenommen, aber nicht verhaftet. Es war unklar, ob sie inzwischen wieder freigelassen wurden. Allen werde vorgeworfen, gegen das Versammlungsverbot verstoßen zu haben.
Der Oppositionspolitiker Ekrem Imamoglu war vergangene Woche inhaftiert und als Istanbuler Bürgermeister abgesetzt worden. Gegen ihn werden Vorwürfe im Zusammenhang mit Terror- und Korruptionsermittlungen erhoben. Imamoglu weist die Vorwürfe zurück. Seit seiner Festnahme gehen in der Türkei Zehntausende auf die Straße, um gegen das Vorgehen gegen Imamoglu und gegen die Regierung zu protestieren. In Istanbul, Ankara und Izmir sind die Demonstrationen verboten.
Update 23.3., 15.20 Uhr: Die Entscheidung war von vielen in der Türkei befürchtet worden, sie erschüttert das Land aber dennoch: Ekrem Imamoglu, Oppositionspolitiker und aussichtsreicher Herausforderer des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, wurde als Istanbuler Bürgermeister abgesetzt. Das türkische Innenministerium sprach von einem „vorübergehenden“ Schritt. Es verwies zur Begründung auf die Untersuchungshaft, die im Zusammenhang mit Korruptionsermittlungen gegen Imamoglu verhängt wurde. Im Land sorgt die Entscheidung für Empörung und Frust.
Ein Gericht in Istanbul hatte gegen Imamoglu am Morgen Untersuchungshaft verhängt und damit der Forderung der Staatsanwaltschaft entsprochen. Die Entscheidung erfolgt an dem Tag, an dem ihn seine Partei CHP zum Präsidentschaftskandidaten wählt. Auf Bildern in Medien waren lange Schlangen vor Wahlboxen zu sehen. Beobachter erwarten eine Ausweitung der Proteste gegen das Vorgehen der Behörden. Die Regierung hat davor bereits gewarnt.
Imamoglu war am Mittwoch mit Dutzenden weiteren Menschen wegen Terror- und Korruptionsvorwürfen festgenommen worden. Die Untersuchungshaft wurde nur im Korruptionsverfahren und nicht im Kontext der Terrorermittlungen angeordnet, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu schrieb.
Proteste in Türkei: 340 Festnahmen
Update 22.3., 18 Uhr: Bei landesweiten Protesten in der Türkei sind nach jüngsten Informationen mehr als 340 Menschen am Freitagabend festgenommen worden. Nach der umstrittenen Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu waren den dritten Abend in Folge Menschen auf die Straße gegangen.
Trotz Demonstrationsverboten versammelten sie sich unter anderem in den Großstädten Istanbul und Ankara. Innenminister Ali Yerlikaya schrieb auf der Plattform X von insgesamt 343 Festnahmen. Zuvor war noch von 97 Festnahmen die Rede gewesen.
Imamoglu gilt als Rivale von Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Zusammen mit vielen weiteren Menschen war Imamoglu am Mittwoch festgenommen worden, wenige Tage vor seiner geplanten Nominierung als Präsidentschaftskandidat der größten Oppositionspartei CHP.
Ihm werden Terror- und Korruptionsvorwürfe gemacht. Oppositionelle sehen die Regierung dahinter, die die Ausschaltung eines politischen Konkurrenten beabsichtige.
Imamoglu spricht von politischem Putsch
Imamoglu verurteilte die Ermittlungen in einem X-Post am Samstag als „politischen Putsch“ und fügte hinzu: „Ich rufe mein Volk auf. Mit eurer Unterstützung werden wir zuerst diesen Putsch vereiteln, und dann werden wir diejenigen fortschicken, die uns dies erleben ließen.“ Imamoglu soll heute einem Gericht vorgeführt werden.
Unterdessen wurden 56 Social-Media-Nutzer unter dem Vorwurf der Anstiftung zu Unruhen festgenommen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.
Weiter Proteste gegen Erdogan wegen Festnahme seines Rivalen
Update 21.3., 6.20 Uhr: Die Proteste in der Türkei gegen die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan nach der Festnahme seines Rivalen Ekrem Imamoglu gehen weiter. Dabei kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und Polizei. In den Großstädten Istanbul, Izmir, Ankara und Eskisehir ging die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Demonstrierende vor, wie verschiedene Nachrichtenportale schrieben. Menschen wurden verletzt. Derweil warf Erdogan der Opposition vor, die „Nation“ zu täuschen.
Zehntausende hatten bereits in der Nacht zum Donnerstag in einigen Städten des Landes protestiert. Der Istanbuler Bürgermeisters Imamoglu gilt als potenziell aussichtsreichster Herausforderer des autoritär regierenden Erdogan bei der für 2028 angesetzten Präsidentenwahl.

Plastikgeschosse gegen Demonstranten in Ankara
Bei den Protesten am Donnerstagabend in der Hauptstadt Ankara schlossen sich Parlamentsabgeordnete zu einem Marsch zusammen. Laut Medien und Oppositionspolitikern wurden Plastikgeschosse gegen Demonstrierende eingesetzt. Das Kommunikationsdirektorat der Regierung bezeichnete dies als Falschinformation. Innenminister Ali Yerlikaya berichtete auf der Plattform X von sechs bei Protesten in Istanbul verletzten Polizisten.

Zusammenstöße bei Demos in Türkei
Update 20.3., 23 Uhr: Bei Protesten nach der Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu ist es in verschiedenen Städten der Türkei zu Zusammenstößen zwischen Demonstrierenden und Polizei gekommen. In den Großstädten Istanbul, Izmir, Ankara und Eskisehir etwa ging die Polizei teilweise mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Demonstrierende vor, wie verschiedene Nachrichtenportale schrieben.
Medien und Oppositionspolitiker teilten mit, es seien in Ankara Plastikgeschosse gegen Demonstrierende eingesetzt worden. Das Kommunikationsdirektorat der Regierung bezeichnete dies als Falschinformation.
Medien zufolge gingen auch etwa in Adana, Izmir und weiteren türkischen Städten Menschen auf die Straße. In der Hauptstadt Ankara schlossen sich Parlamentsabgeordnete zu einem Protestmarsch zusammen.
Imamoglus Partei „nun auf der Straße“
Bei einer Großdemonstration vor dem Stadtverwaltungsgebäude in Istanbul sagte der Vorsitzende der Partei Imamoglus, Özgür Özel, niemand solle von der CHP erwarten, Politik in Sälen und Gebäuden zu machen. „Von nun an sind wir auf der Straße.“ Innenminister Ali Yerlikaya schrieb auf der Plattform X von sechs bei Protesten in Istanbul verletzten Polizisten.
Imamoglu ist derweil weiterhin in Gewahrsam auf einer Istanbuler Polizeidirektion und wurde am Abend einer Gesundheitsuntersuchung unterzogen, schrieben Medien.
Kritik an Türkei-Regierung wächst
Update 20.3., 14.30 Uhr: Nach der Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu hält die Kritik an der türkischen Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan an. Studierende verschiedener Universitäten in dem Nato-Land gingen weiter auf die Straßen und forderten den Rücktritt des Staatschefs.
Die CHP-Partei Imamoglus rief erneut zu abendlichem Protest auf. Bundeskanzler Olaf Scholz nannte die Festnahme ein „sehr, sehr schlechtes Zeichen“. Opposition und Regierung sollten im Wettbewerb miteinander stehen und nicht die Opposition vor Gericht gestellt werden. In der Türkei wächst die Sorge vor einer Absetzung Imamoglus als Bürgermeister.
Imamoglu war am Mittwochmorgen gemeinsam mit vielen weiteren Menschen festgenommen worden, wenige Tage vor seiner geplanten Nominierung als Präsidentschaftskandidat der größten Oppositionspartei. Begründet wurde dies von der Staatsanwaltschaft mit Terror- und Korruptionsvorwürfen. Oppositionelle wie auch Beobachter werfen der Regierung vor, hinter der Festnahme zu stecken und so einen politischen Konkurrenten ausschalten zu wollen.
Festnahmen und Straßensperren in Türkei
Update 19.3., 15.30 Uhr: Dutzende Festnahmen, Demonstrationsverbote, Straßensperren sowie Beschränkungen bei Online-Medien: In der Türkei hat die Justiz im Zuge einer groß angelegten Razzia den führenden Oppositionspolitiker Ekrem Imamoglu festgenommen – nur wenige Tage bevor er zum Präsidentschaftskandidaten der sozialdemokratischen CHP gekürt werden sollte.
Dem aussichtsreichen Herausforderer des autoritären Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wird Korruption und auch Terror-Unterstützung vorgeworfen. Die Partei des Bürgermeisters von Istanbul warnte dagegen vor dem Versuch eines Staatsstreichs – und rief landesweit zu Protesten auf.
Neben Imamoglu wurden laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu mindestens 84 weitere Personen festgenommen. Konkret gehe es dabei um den Verdacht der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Erpressung, Bestechung, Betrug und Ausschreibungsmanipulation.
Neue Repressionswelle im Gang
Beobachter sahen die geplante Aufstellung Imamoglus so weit im Voraus der Wahl als Versuch, ihn vor politischen Repressionen zu schützen. Imamoglu drohen in einer Reihe weiterer Verfahren Haftstrafen und Politikverbote. Er bestreitet seine Schuld in all den Verfahren.
Seit mehreren Monaten mehren juristische Verfahren gegen Mitglieder der türkischen Opposition und der Zivilgesellschaft. Beobachter bezeichnen sie als neue Repressionswelle. Die Justiz in der Türkei gilt als politisiert.
Der türkische Exiljournalist Can Dündar sagte der dpa: „Erdogan hat heute den Putsch durchgeführt, den er lange geplant und vorbereitet hat und ließ seinen engsten Rivalen ins Gefängnis stecken.“ Auch die Bundesregierung sprach von einem schweren Rückschlag für die Demokratie in der Türkei.
Die Achtung demokratischer und rechtsstaatlicher Prinzipien sei „Grundbedingung für eine funktionierende Demokratie“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes.
Polizei setzt Tränengas gegen Studentenproteste ein
Studierende in Istanbul reagierten trotz des Demonstrationsverbots mit Protesten. Die Polizei habe sich den Protestierenden in der Nähe der Istanbul-Universität in den Weg gestellt, schrieb das Nachrichtenportal Birgün und teilte ein Video, auf dem zu sehen war, wie eine große Gruppe von Menschen eine Polizei-Barrikade durchbrach. Medien berichteten, Tränengas sei eingesetzt worden.
Imamoglus Sieg in Istanbul, der bevölkerungsreichsten Stadt und Provinz, im Jahr 2019 gilt bis dorthin größte Niederlage der AK-Partei Erdogans. Seine Partei hatte die Metropole bis dahin regiert. Imamoglu gewann Istanbul bei den Kommunalwahlen 2024 dann sogar ein zweites Mal.
Die Festnahmen erschütterten auch die Finanzmärkte. Die Landeswährung Lira sackte zum US-Dollar auf ein Rekordtief ab, der Aktienmarkt brach ein und am Anleihenmarkt zogen die Renditen deutlich an.
Einschränkungen bei sozialen Netzwerken
Erstmeldung 19.3.. 7.14 Uhr: Nach der Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters und führenden türkischen Oppositionspolitikers Ekrem Imamoglu sind laut Berichten mehrere soziale Netzwerke sowie Kurznachrichtendienste nur eingeschränkt nutzbar. Viele Türken beschrieben Drosselungen und Beschränkungen unter anderem auf X, Youtube, Instagram, Tiktok, Whatsapp, Signal, Telegram und weitere Diensten.
Wenige Tage vor seiner geplanten Ernennung zum Präsidentschaftskandidaten ist Haftbefehl gegen den Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu erlassen worden - einen wichtigen Kontrahenten von Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Ihm werde unter anderem die Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation und Korruption vorgeworfen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft.
Imamoglu veröffentlichte am Morgen auf der Plattform X ein Video, in dem er davon sprach, dass Hunderte Polizisten vor seiner Haustür stünden. „Wir befinden uns im Angesicht einer großen Tyrannei“, schrieb er dazu. Er werde aber nicht aufgeben. Mehrere Fernsehsender berichteten, die Polizei habe sich Zutritt zu Imamoglus Anwesen verschafft und das Gebäude durchsucht.
Eine offizielle Bestätigung für die Festnahme des Politikers der regierungskritischen Partei CHP gab es zunächst nicht. Die größte Oppositionspartei wollte ihn eigentlich am Sonntag offiziell zu ihrem Kandidaten für die nächste reguläre Präsidentschaftswahl im Jahr 2028 ernennen.
Angeblich unrechtmäßiger Universitätswechsel
Das Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden gegen Imamoglu hatte sich schon vorher angekündigt. Am Dienstag war bekanntgeworden, dass die Istanbul-Universität ihm den Hochschulabschluss aberkannt hat. Dieser ist Voraussetzung zur Kandidatur für das Präsidentenamt. Hintergrund der Annullierung soll ein angeblich unrechtmäßiger Universitätswechsel sein. Imamoglu erklärte, er wolle gegen die Entscheidung vor Gericht ziehen, habe aber das Vertrauen in faire Urteile verloren. Ihm drohen in einer Reihe weiterer Verfahren Haftstrafen und Politikverbote.
Sein Anwalt Kemal Polat hatte der Deutschen Presse-Agentur vor Bekanntwerden des Haftbefehls gesagt, Imamoglu könne erst als Präsidentschaftskandidat antreten, wenn alle Rechtswege gegen die Entscheidung ausgeschöpft seien. Der Vorsitzende der CHP, Özgür Özel, sprach von einer politischen Entscheidung.
dpa