Im Kinofilm „The Card Counter“ zerfrisst Schuld den Profi-Zocker

© Focus Features

Im Kinofilm „The Card Counter“ zerfrisst Schuld den Profi-Zocker

rnNeu im Kino

Paul Schrader ist mit seinem Kinostreifen „The Card Counter“ ein leises, starkes Psychodrama gelungen. Der Filmemacher porträtiert einen Mann und eine Nation, verhandelt Schuld und Sühne.

von Kai-Uwe Brinkmann

06.03.2022, 13:46 Uhr / Lesedauer: 1 min

Am Pokertisch ist er der kühle, emotionslose Analytiker, der meist gewinnt. Einen wie William nennen die Zocker einen Card Counter, jemand, der die Karten mitzählt und seine Chancen auf ein gutes Blatt abschätzt.

Oscar Isaac spielt den Poker-Profi und „Card Counter“ im gleichnamigen Kinodrama von Paul Schrader (75), der ein Sujet aufgreift, das er schon als Autor von Scorseses „Taxi Driver“ beackerte und in Filmen wie „Light Sleeper“ und „Autofocus“ variierte: Es geht um einsame Männer, denen Lebensfreude und jeder Sinn abhanden kamen.

Leere und Frustration

Äußerlich funktionieren sie – Travis Bickle fuhr Taxi, William streicht Geld ein – doch in ihrem Inneren gärt ein Mix aus Leere und Frust. Oscar Isaacs Poker-Ass saß acht Jahre im Gefängnis, weil er als Soldat im Irak systematisch gefoltert hat.

Im Lager Abu Ghraib wurde er von einem Major (Willem Dafoe) zum Sadisten ausgebildet.

Er hat Menschen gequält, die Schuld zerfrisst ihn. In Träumen, die Schrader beklemmend bebildert, ist Abu Ghraib für William immer gegenwärtig. Die Karten sind quasi sein Betäubungsmittel.

Selbstmord als Ausweg?

Manche Folterknechte wählten Selbstmord als Ausweg. William trifft den Sohn eines suizidtoten Ex-Kameraden und nimmt Cirk (Ty Sheridan) unter seine Fittiche.

Gemeinsam klappern sie die Casinos ab. William will etwas gutmachen an Cirk, der weder Ziel noch Halt kennt, seit seine Familie kaputt ist. Eine verlorene Seele hilft der anderen.

„The Card Conter“ ist einer von Schraders besten Filmen

„Card Counter“ ist ein stilles Psychostück, das auf die starke Präsenz von Oscar Isaac zählen kann. Der driftet durch ein Land, das von Kriegsgräueln nichts wissen will, wo Verbrecher angesehene Geschäftsleute sind und Idioten „USA!“ krakeelen.

Paul Schrader porträtiert einen Mann und eine Nation, Schuld und Sühne heißt sein Thema. Einer von Schraders besten Filmen.

Schlagworte: