Hündfelder Moor und Amtsvenn sollen wieder leben Vor Ort gegen die Klimaerwärmung arbeiten

Von Alex Piccin
Hündfelder Moor und Amtsvenn sollen wieder leben: Gegen die Klimaerwärmung arbeiten
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„Life CrossBorderBog“ nennt sich ein Projekt, mit dem aus dem Hündfelder Moor wieder ein lebendiges Hochmoor werden soll. Trotz gemeinsamer Ziele: Auf beiden Seiten der Grenze wird unterschiedlich vorgegangen.

In einigen Jahren wird das Hündfelder Moor nicht mehr so aussehen wie aktuell. Aktuell läuft dort das Projekt „Life CrossBorderBog“, was frei übersetzt so viel wie „grenzübergreifender Lebensraum Moor“ bedeutet. Die Biologische Station Zwillbrock (BSZ) hat sich mit der Provinz und der Landschap Overijssel sowie dem Landesministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr und der Stiftung Natur und Landschaft Westmünsterland zum Ziel gesetzt, ein sogenanntes lebendes Hochmoor wiederherzustellen und langfristig zu erhalten.

Dazu müssen im Hündfelder Moor sowie im Aamsveen auf niederländischer Seite in den nächsten fünf Jahren umfangreiche Maßnahmen durchgeführt werden, deren Erfolg und Ertrag langfristig angelegt sei, erklärt Christoph Rückriem von der BSZ.

Christoph Rückriem neben einem Grenzstein
Christoph Rückriem neben einem Grenzstein: Der Biologe deutet auf die Menge, die im Laufe der Zeit mineralisiert und abgesackt ist und sich zersetzt hat. © Alex Piccin

Arbeiten begonnen vor fünf Jahren

Die Vorbereitungen dazu laufen ebenfalls seit fünf Jahren. 13 Millionen Euro fließen aus EU-Mitteln (etwa zwei Drittel) und nationaler Kofinanzierung durch die Provinz Overijssel und das Umweltministerium NRW in das Projekt: „Für den Naturschutz ist das viel Geld. Aber wir haben eine anspruchsvolle Agenda.“ Doch wozu das Ganze?

Es geht um den Erhalt der biologischen Vielfalt im Moor auf circa 175 Hektar und einen Beitrag gegen die Klimaerwärmung. Torfmoose nehmen CO₂ aus der Luft auf. Der Kohlenstoff wird in die pflanzliche Biomasse eingebaut. Sterben die Moose ab, entsteht Torf, worin der Kohlenstoff gebunden ist.

Um solches Torfmoorwachstum wieder zu erreichen, muss großflächig ein Wasserstand hergestellt werden, der möglichst nah an die Oberfläche reicht. Zudem ist das Hündfelder Moor ein Rückzugsort verschiedener Vogel- und Tierarten und darf deswegen nur zum Teil betreten werden. Mit den genannten Maßnahmen werde dieser Lebensraum gesichert.

Torfabbau in früheren Zeiten

Im Hündfelder Moor ist bis 1979 Torf abgebaut worden. Es wurden in der Vergangenheit verschiedene Gräben gezogen, und es blieben Torfrippen stehen, die dem heutigen Ziel entgegenstehen. Um einen hochmoortypischen Wasserstand wiederherzustellen, müssen umfangreiche Tiefbauarbeiten durchgeführt werden, die auf deutscher Seite mit etwa 7,5 Millionen Euro kalkuliert sind und im Herbst 2025 beginnen sollen.

Das Gebiet müsse in die Lage versetzt werden, wieder dauerhaft Torf zu produzieren und einen wichtigen Beitrag gegen die Klimaerwärmung zu leisten. Das könne, optimistisch betrachtet, in 50 Jahren der Fall sein, realistisch sei eher mit 100 Jahren zu rechnen, so Rückriem.

Freisetzung verhindern

Kurzfristig gelte es, durch den erhöhten Wasserstand die Freisetzung von CO₂ zu stoppen. Die Herausforderung sei, genau die Maßnahmen zu finden, mit denen die Wiedervernässung effizient, kostengünstig und gleichzeitig möglichst schonend erreicht werden kann: „Man kann nicht Pläne von einem anderem Wiedervernässungsprojekt kopieren. Moore sind individuell, und nicht jede Maßnahme passt überall.“

Erste Maßnahmen zur Wiedervernässung des Hündfelder Moores hatte die 1986 gegründete BSZ bereits in ihren Anfangsjahren unternommen. Vor etwa 25 Jahren wurden im Rahmen eines „LIFE-Projektes“ auf größeren Flächen Vernässungs- und Entkusselungsmaßnahmen durchgeführt.

Trockenheit als Herausforderung

In der Summe haben sich einige davon inzwischen positiv entwickelt, wie der Biologe beim Ortstermin durch das Moor zeigt. Die Trockenheit in den vergangenen drei Jahren habe die Neuvermoorung aber weitgehend wieder auf null gesetzt, so Rückriem. Der Wasserspiegel sei 30 bis 40 Zentimeter niedriger als sonst gewesen. Das vergangene, recht nasse dreiviertel Jahr habe den Pegel zwar wieder auf einen Normalzustand gebracht. Für den langfristigen Erhalt der hochmoortypischen Tiere und Pflanzen reiche das aber nicht, sagt der Biologe.

Entlang der Grenze zum Beispiel sind Rohre verlegt, die entfernt werden müssen. Entwässerungsgräben gelte es zu verfüllen, da sie die größte Leckage im hydrologischen System darstellen. Sie sollen ihre Funktion verlieren, denn das Wasser müsse im Moor bleiben. Zu errichtende Dämme sichern eine Regenwasserrückhaltung und ermöglichen die Regulierung des Wasserstandes.

Polder werden angelegt

Rund 200.000 Kubikmeter Boden werden für das Vorhaben innerhalb des Moores gewonnen und in Senken und Dämme eingebaut, mit denen Polder angelegt werden, also eingedeichte Bereiche. Aufgrund der zu berücksichtigen Höhenunterschiede erinnere nach Fertigstellung der Arbeiten das Areal an Reisterrassen. Dadurch werde auf 90 Prozent der Fläche ein hochmoortypischer Wasserstand erreicht und die Schwankung der Wasserstände im Jahresverlauf minimiert.

Es ist geplant, dass im Herbst dieses Jahres erste Entkusselungsarbeiten starten. Dabei werden Gehölze entfernt, die zwar naturnah gewachsen, aber untypisch für Hochmoore und bei den notwendigen Baumaßnahmen im Weg sind.

Verzicht auf Anpflanzungen

Auf eine Neubepflanzung verzichten die Verantwortlichen, da es kein entsprechendes Saatgut oder spezialisierte Baumschulen gebe. Man setze auf die Natur. Wohl könnten gezüchtete Torfmoose eingesetzt werden, was aber hohe Kosten verursache.

„Als Naturschützer tut es schon weh, solch große Tiefbaumaßnahmen in einem Naturschutzgebiet durchzuführen. Schließlich werden dadurch auch Schäden an Tieren und Pflanzen entstehen. Das können wir nicht kleinreden“, sagt Rückriem. Zum Ausgleich der Beeinträchtigungen wird unter anderem nach Beendigung der Arbeiten ein Aufzuchtprogramm für geschützte Amphibien starten. Die aufgezogenen Tiere werden dann im umgestalteten Hündfelder Moor ausgesetzt.

Erträglich werden die Beeinträchtigungen für die Ökologen durch die Gewissheit, dass ohne diese Maßnahmen weder der Erhalt hochmoortypischer Arten und Lebensräume noch die Verringerung von Treibhausgasen im Gebiet nachhaltig erreicht werden können.

Eine renaturierte Stelle des Moors
Nach der Renaturierung könnten Tiefstellen im Hochmoor so wie auf dem Bild aussehen. Für eine schnelle Entwicklung der Landschaft wäre das allerdings zu viel Wasser. Diese Situation brächte allerdings langfristig Vorteile. © Alex Piccin