Holzwickeder SC: Neuer Trainer Marc Woller schaut in der Regionalliga kaum auf den Ball

© Thomas Bielefeld

Holzwickeder SC: Neuer Trainer Marc Woller schaut in der Regionalliga kaum auf den Ball

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Noch ist Marc Woller Co-Trainer in der Regionalliga. Wir haben den kommenden Cheftrainer des Holzwickeder SC beim Gastspiel bei Borussia Dortmund begleitet. Eine Reportage.

Holzwickede/Dortmund

, 24.03.2021, 05:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Marc Woller trainiert ab Sommer den Fußball-Oberligisten Holzwickeder SC. Noch allerdings ist Woller als Co-Trainer des Regionalligisten SV Lippstadt aktiv. Am Samstag stand für Woller und den SVL mit dem Gastspiel bei der U23 von Borussia Dortmund einer der Saison-Höhepunkte an. Wir haben ihn dabei beobachtet.

Schon wenige Minuten nach Abpfiff ziehen sich die Mundwinkel von Marc Woller wieder nach oben. Als er auf die wartenden Journalisten an der Adi-Preißler-Allee zuschreitet, stoppt er kurz ab, um sich seine FFP2-Maske aufzusetzen. „Ist ja heutzutage ganz wichtig“, sagt er mit einem Lächeln auf den Lippen. Die Hygienevorschriften sind schließlich streng, damit der Ball auch in der vierten Liga rollen darf.

Marc Woller und der SV Lippstadt unterliegen Borussia Dortmunds U23

Dass Wollers Laune so zügig nach Spielende positiv ist, erstaunt mit Blick auf das Ergebnis. Mit 0:2 hatte Abstiegskandidat Lippstadt beim Aufstiegsaspiranten Dortmund verloren. Besonders ärgerlich aus Sicht des Woller-Klubs: Simon Schubert sah nach 55 Minuten die Ampelkarte – wegen Meckerns.

Marc Woller: jemand, der fast immer das Nützliche aus den vorausgegangen 90 Minuten zieht, tat das auch am Samstagnachmittag. „Du hast gemerkt, dass Unruhe war“, sagt der 52-Jährige mit Blick auf den ambitionierten Gegner mit dem großen Namen. Seine Laune verderbe ihm die fünfte Niederlage aus den vergangenen sieben Spielen nicht. „Weil das Spiel an sich nicht schlecht war“, sagt Woller.

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Schwer vorstellbar, dass Woller mal seine Gelassenheit verliert. Beim Gang auf den Rasen grüßt er ganz entspannt die vereinzelten bekannten Gesichert, die sich auf der kleinen Tribüne am BVB-Trainingsgelände versammelt haben. Normalerweise absolviert die Dortmunder U23 ihre Heimspiele im Stadion Rote Erde. Vierstellige Zuschauerzahlen, aktive Fanszenen und der Schatten spendende Signal-Iduna-Park – auf all das musste Woller am Samstag verzichten.

Marc Woller leitet beim SV Lippstadt das Aufwärmen.

Marc Woller leitet beim SV Lippstadt das Aufwärmen. © Thomas Bielefeld

Noch mehr als sonst ist es demnach derzeit die Aufgabe des kommenden HSC-Trainers, für die notwendige Intensität auf dem Platz zu sorgen. Als Co von Chefcoach Felix Bechtold rückt Woller beim Aufwärmen in die erste Reihe, leitet Übungen an und gibt Kommandos.

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Immer wieder erheben sich Wollers Arme aus ihrer sonst gewohnten, in die Hüfte gestemmten Position, um mit einem Klatschen akustische Reize in den Spielformen zu setzen. Dabei ist Wollers Stimme eine der wenigen, die es zu diesem Zeitpunkt schafft, sich gegen den etwas zu laut geratenen Deutsch-Rap durchzusetzen, der zu diesem Zeitpunkt in Dortmund-Brackel erschallt.

Mit Anpfiff setzt sich Woller allerdings einige Schritte hinter Chef Bechtold, der bislang nicht in Erscheinung getreten war, auf die Lippstädter Bank. Ein Bild mit Aussagekraft. Sobald das Spiel läuft, rückt Woller in den Hintergrund, nimmt kaum aktiv Einfluss auf das Spiel, gibt nur ganz vereinzelt Kommandos.

Diese klare Rollenverteilung ist beabsichtigt. „Ich versuche nicht, am Trainer vorbei zu schreien“, sagt Woller. Seine Ideen gebe er in Ruhe an Bechtold weiter, der diese auch einfordere. „Ich bin da eher der ruhigere“, so der ehemalige Trainer des SuS Kaiserau, FC Overberge und Lüner SV.

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Immer am Mann hat er dafür sein Tablet, ebenso wie Wollers Team-Bekleidung in schlichtem schwarz. „Da ist unser Playbook drin“, so Woller. Mit einer App verschiebt er dort taktische Anordnungen, entwickelt so neue Ideen und Optionen, mit denen er Bechtold assistiert.

„Das ist einfacher, als immer alles durchzustreichen. Das hat sich etabliert bei uns.“ Es sind die Momente, in denen deutlich wird, warum das Land Nordrhein-Westfalen die Regionalliga West als Profi-Spielklasse eingestuft und somit die Fortsetzung des Spielbetriebs ermöglicht hat.

Axel Schmeings Nachfolger schaut kaum auf den Ball

Der B-Lizenz-Inhaber und Bechtold teilen dabei sogar ihre Wahrnehmung des Spielgeschehens auf. „Ich gucke im Spiel recht wenig auf den Ball“, sagt Woller. Während der Chef sich auf das runde Leder konzentriere, beobachte er mehr die Bewegungen der Spieler abseits des Balles. Aus ihrer Gesamtheit versucht der Nachfolger von Axel Schmeing, Schlüsse für das gesamte Spiel abzuleiten.

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In Holzwickede werden Wollers Augen dann wohl wieder das Spielgerät fixieren. Und auch emotional rückt er dann in die erste Reihe. Mit oftmals verschränkten Beinen am linken Ende der Bank sitzend wie unter dem bewölkten Himmel am Samstag verfolgt Woller die Spiele seiner Mannschaft dann wohl nicht mehr.

Das 1:0 für den BVB begleitet Woller nur mit einer angedeuteten, verärgerten Handbewegung. Schon bald schiebt er das motivierten Klatschen nach. Als Chef Bechtold einmal hektisch in Richtung eigener Bank schimpft, reagiert niemand auf der Lippstädter Bank ähnlich impulsiv.

Marc Woller einmal hörbar

Nur einmal erhöht Woller seine Stimme in Dezibel-Regionen, die an diesem Tag bislang nur während das Aufwärmens bekannt waren. Ein SVL-Akteur lag verletzt am Boden, Dortmund hatte zuvor weitergespielt. Als der Schiedsrichter die Partie unterbrochen hatte, nahm Woller Kontakt zum Linienrichter auf – gut zu hören, da die Adi-Preißler-Allee in diesem Moment in Stille gehüllt war. „Mein Gott ey“, war Wollers Art, dem Unparteiischen mitzuteilen, dass sie in der Wahrnehmung dieser Szene wohl keinen Konsens mehr erreichen würden.

Lange Zeit hat Woller anschließend keinen Grund mehr, laut zu werden. Das lag auch daran, dass Lippstadt nun besser ins Spiel fand und von Bundesliga-Spieler Steffen Tigges und Kollegen nicht mehr so überlaufen wurde wie zu Beginn.

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Gut für die Stimme des hauptberuflichen Programmierers dürfte es zudem gewesen sein, dass er nach der Ampelkarte gegen Schubert nicht den dazugehörigen Kommentar des Lippstädter Spielers Cinar Sansar gehört hat. Der beschwerte sich in hörbarer Lautstärke beim Linienrichter, dass die Dortmunder Nummer 18 ihn „die ganze Zeit“ beleidigen würde. Ärgerlich für Sansar: Bei der Borussia stand kein Spieler mit jener Nummer im Kader.

Das Duell zwischen Aufstiegs- und Abstiegskandidat gewann kurzzeitig an Emotionalität.

Das Duell zwischen Aufstiegs- und Abstiegskandidat gewann kurzzeitig an Emotionalität. © Bielefeld

Abseits von solchen Kreisliga-Momenten in der vierthöchsten deutschen Spielklasse nahm die Intensität der Partie wieder zu. Lippstadt kam dem Ausgleich mit zehn Mann näher als mit elf. Auf Nachfrage, wie groß die Hoffnung war, noch einen Punkt mit nach Ostwestfalen nehmen zu können, liefert Woller eine leicht ausufernde Taktik-Analyse des Unterzahl-Spiels. „Du musst nur aufpassen, dass du nicht den letzten kriegst und tot bist“, fasst Woller das zuvor dynamisch beschriebene 4-4-1-System zusammen.

Marc Woller ist ab Sommer der Chef im Montanhydraulik-Stadion

Die hektische Schlussphase, die der BVB in der 90. Minute dann doch noch mit dem Todesstoß bestrafte und somit beendete, hielt auch Woller nicht mehr auf der Bank. Zuvor hatte er diese nur verlassen, um Einwechselspieler mit neuesten Anweisungen zu versorgen.

Doch nach dem letzten Lippstädter Wechsel nach 82 Minuten schien auch der neue HSC-Trainer nicht mehr gelassen genug, um dort wieder Platz zu nehmen. Auf acht Auswechselbänken neben der heimischen lässt sich Marc Woller bis Saisonende noch nieder. Dann sitzt er auf der Bank des Montanhydraulik-Stadions – und muss beweisen, dass er im hochklassigen Amateurfußball auch ein guter Cheftrainer sein kann.

Am Ende jubelte der BVB um den bereits in der Bundesliga eingesetzten Steffen Tigges.

Am Ende jubelte der BVB um den bereits in der Bundesliga eingesetzten Steffen Tigges. © Thomas Bielefeld