Die Jungs von „The Lovin’ Spoonful“ haben 1966 mit ihrem Ohrwurm „Summer in the City“ vermutlich nicht vorausgesehen, dass übermäßige Hitze in der Stadt im 21. Jahrhundert nicht nur einzelnen Menschen schlechte Laune bereiten kann, sondern zu einer der großen Herausforderungen der Zeit werden würde.
Dabei hat die US-Band in ihrem Lied bereits beschrieben, was wir heute in der Sommerzeit auch in Unna, Lünen oder Bergkamen oft erleben: Ein Stadtmensch, der die unerträgliche Sommerhitze verabscheut, sieht nichts außer asphaltierten und schattenlosen Bürgersteigen mit geplagten Passanten. Er flüchtet sich in die kühle Nacht, in der er sich ein Mädchen zum Tanzen sucht.

Tropische Nächte im Kreis Unna
Der Tanz in der kühlen Nacht kann im Jahr 2024 auch oft zum tropischen Erlebnis werden, jedenfalls aber keine dauerhafte Lösung für ein besseres Mikroklima in den Innenstädten und damit auch für eine bessere Gesundheit ihrer Bürger sein.
Die Erwärmung der Innenstädte allein seit 1950 kann der Deutsche Wetterdienst statistisch belegen. Die „heißen Sommertage“ mit mehr als 30 Grad und „tropischen Nächte“ mit mindestens 20 Grad nehmen zu. In Unna sollte es laut Prognose in der Nacht zum 1. August noch bis 2 Uhr bis zu 20 Grad warm bleiben.
In luftigen, dünn besiedelten Gegenden wie in Lünern, Hemmerde oder Billmerich ist die Hitzewirkung eine ganz andere als in den ungleich stärker versiegelten Stadtgebieten wie vor allem der Innenstadt, aber auch Massen oder Königsborn.
Die besagten Tropennächte treten laut Umweltbundesamt in dicht bebauten Innenstädten dreimal häufiger auf als auf Freiflächen. Den Urbanen Hitzeinsel-Effekt (UHI-Effekt) haben kanadische Wissenschaftler schon 1982 in einer Studie untersucht. Der Zusammenhang leuchtet ein: Eine Innenstadt mit vielen Flächen von Beton, Asphalt, Stahl und Glas speichert die Wärmestrahlung tagsüber und gibt sie nachts nur reduziert wieder ab.
Unna und Lünen im Hitze-Check der Umwelthilfe
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat bei ihrem ersten Hitze-Check sämtlicher Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern jeweils das gesamte Gebiet der Kommunen untersucht und Plus- und Minuspunkte für „Grau“ und „Grün“ vergeben.
Unna und Lünen landen im Gesamtergebnis für Nordrhein-Westfalen im unteren Mittelfeld. Die Kreisstadt schneidet sogar noch ein bisschen schlechter ab als die Stadt an der Lippe und größte Kommune des Kreises Unna.
Das Ergebnis jeder einzelnen Stadt setzt sich aus dem Grad der Versiegelung und dem Anteil an Grünflächen zusammen. Unna hat demnach einen Anteil von rund 45 Prozent von wasserundurchlässigem Bodenmaterial an seiner gesamten Siedlungs- und Verkehrsfläche.
Erfasst hat die DUH außerdem einen Wert von 2,15 Kubikmetern an dreidimensionalen Vegetationskörpern (Bäume, Blühstreifen u.ä.) pro Quadratmeter Fläche. Mit beiden Werten erhält Unna nach dem Schema der DUH jeweils gelbes Licht auf der Klima-Ampel.
Hamm schlechter, Hagen und Dortmund besser
Lünen erhält für 44 Prozent Versiegelung noch ganz knapp grünes Licht, hat mit 3,55 Kubikmetern aber deutlich mehr Vegetation zu bieten als Unna. Die Bilanzen von benachbarten Kommunen stützen das Gesamtergebnis.
So erhalten Iserlohn, das sich selbst als Waldstadt tituliert, und Menden (Sauerland) für ihre Einzelwerte beim Versiegelungsgrad und bei der Vegetation jeweils grünes Licht und stehen NRW-weit auf Platz 14 bzw. Platz 8.
Kühle Orte auf interaktiver Karte
- Passend zur steigenden Temperatur bietet der Geoservice des Kreises Unna ab sofort eine interaktive Karte an, die kühlere Bereiche anzeigt, bei denen die hohen Sommertemperaturen etwas besser ertragen werden können.
- Die interaktive Karte ist unter www.geoservice.kreis-unna.de zu finden. Auf der Seite ist die Verknüpfung zu den „Kühlen Orten“ zu finden. Diese werden in der Karte mit einem Schneeflocken-Symbol gekennzeichnet. Auch Freibäder und Hallenbäder sind dort eingetragen. Durch das Anklicken der Symbole wird eine Adresse angegeben.
- „Die Auswertung der kühleren Orte erfolgte mithilfe mehrerer vorliegender Aufnahmen des Satelliten Landsat 8 mit der ermittelten Oberflächentemperatur an verschiedenen Sommertagen“, so Dr. Sebastian Hellmann, Leiter des Bereichs Geodatenmanagement.
- Gute Beispiele für die kühlen Orte im Kreis Unna sind u.a. das Naturschutzgebiet Heerener Holz in Kamen, der Kurpark Königsborn und der alte Westfriedhof in Unna, der Beversee in Bergkamen oder die Wälder bei Cappenberg in Selm.
Hamm hingegen schneidet wegen noch stärkerer Versiegelung und weniger Grünvolumen als Unna besonders schlecht ab und kommt nur auf Rang 65 von 76 untersuchten Städten. Überraschen mag, dass die Großstädte Hagen und Dortmund besser als Unna abschneiden: Hagen punktet vor allem wegen seines hohen Waldanteils, Dortmund wegen eines besseren Versiegelungsgrades.
Der Geoservice des Kreises Unna liefert einen weiteren Beleg für den Zusammenhang von Asphalt- bzw. Grün- und Wasserflächen mit der Hitzebildung: Der Vergleich einer interaktiven Karte (siehe Infobox) mit einem Stadtplan oder einem Luftbild legt ein Muster offen: Je mehr Belaubung vorhanden ist, desto kühler ist die Fläche. Überwiegend zählen dazu Wälder, Parks und Friedhöfe mit altem Baumbestand. Auch Wasserflächen kühlen die Umgebung, dazu gehören Landschaften mit Bächen, Teichen oder kleinen Flüssen. Versiegelte Flächen wie Plätze, Hallen oder Gewerbegebiete sind heißer und bilden Hitzeinseln.
Unna will mehr Regenwasser verdunsten lassen
Der Hitze-Check zeigt, dass Lösungen vor allem für die stark asphaltierten und betonierten Bereichen zu suchen sind. Lokale Hitzeaktionspläne aufzustellen, hat das NRW-Gesundheitsministerium die Kommunen bereits im vergangenen Jahr aufgefordert. Die Stadt Unna hat bereits im vergangenen Mai ihre Teilnahme an einem Förderprogramm vorgestellt.
Im Südosten der Innenstadt und im Stadtteil Königsborn will man den städtischen Hitzeinseln durch die Verdunstung von mehr Regenwasser entgegenwirken. Dazu sollen größere Gebiete von der Kanalisation abgekoppelt werden und den Niederschlag z.B. auf begrünten Dachflächen einsickern lassen.
Neben der Luftfeuchtigkeit könne durch die Pflanzung von Bäumen auch die Beschattung erhöht werden. Im Bereich der Schulstraße in der Unnaer Innenstadt plant man zudem eine großflächige Entsiegelung sowie die Anpflanzung von Bäumen und Büschen. Außerdem will man sich im Rathaus demnächst aktiv mit einer Wärme- und Hitzeplanung für die gesamte Stadt befassen.
Methode des Hitze-Checks der DUH
- Bei der Flächenversiegelung ist die Bewertungsgrundlage der deutschlandweit durchschnittliche Anteil der Versiegelung an der Siedlungs- und Verkehrsfläche in Höhe von 45 Prozent. Hierzu zählen Wohnhäuser, Straßen, genauso wie Parks oder auch Friedhöfe.
- Eine Rote Karte erhält, wer mit mehr als 50 Prozent einen deutlich überdurchschnittlich hohen Anteil versiegelte Fläche hat. Eine Gelbe Karte erhält, wer 45 bis 50 Prozent versiegelte Fläche aufweist und eine Grüne Karte, wer mit 45 Prozent unter dem Durchschnitt liegt.
- Das Grünvolumen betrachtet Grünflächen mit klimaregulierendem Effekt und wird in Kubikmeter pro Quadratmeter angegeben. Ein durchschnittlich hoher Laubbaum hat ein Grünvolumen von etwa 3.400 Kubikmeter.
- Für die Gesamtbewertung wurden die Flächenversiegelung und das Grünvolumen kombiniert betrachtet, wobei die Flächenversiegelung stärker gewichtet wird.