
Mit Superlativen sollte man immer vorsichtig sein – und doch: Die SPD hat am Sonntag (23.2.) eine historische Niederlage eingefahren. Aus fast 15 Prozentpunkten Vorsprung vor dreieinhalb Jahren sind rund 2,5 Prozentpunkte Rückstand geworden.
Das Ergebnis ist zuallererst vom Bundestrend geprägt. Doch die Verluste vor Ort sind relativ gesehen noch größer als in Berlin. Weit über 10.000 Wählerinnen und Wähler hat die SPD im Wahlkreis verloren – und das trotz einer deutlich gestiegenen Wahlbeteiligung. In vier von sieben Kommunen liegt die CDU vor der SPD. Uneinnehmbare Hochburgen der SPD gibt es im Kreis Unna nicht mehr. Für den Erststimmen-Sieg dürfte allein die persönliche Bekanntheit ihres Kandidaten Oliver Kaczmarek gesorgt haben.
Doch die CDU darf sich zwar freuen, triumphieren darf sie nicht. Ihr Wahlkreis-Kandidat Dr. Tilman Rademacher hat einen starken Wahlkampf geführt, war viel unterwegs und hat Gespräche geführt. Und er schwamm auf einer bundesweiten Erfolgswelle. Doch für den Sieg vor Ort hat es am Ende „nur“ bei den Zweitstimmen gereicht. In den Bundestag wird Rademacher wohl nicht einziehen. Die CDU verliert hier also mit dem Ausscheiden von Hubert Hüppe sogar eine Abgeordneten-Stimme.
Als einzige echte Wahlsiegerin darf sich die AfD fühlen. Ihr Erfolg hat drei Ursachen. Erstens: der weit verbreitete Wunsch nach einer radikal anderen, abweisenderen Asyl- und Einwanderungspolitik. Zweitens: die große Unzufriedenheit mit den Ampelparteien. Drittens ist ihr die Mobilisierung vieler vormaliger Nichtwähler gelungen. Die Zeiten, in denen man einfach sagen konnte: „Gehen Sie wählen, um die Extremisten zu schwächen“, sie sind vorbei.
Für die Parteien vor Ort wird es nun darauf ankommen, sich schnellstens auf die Kommunalwahl in sieben Monaten vorzubereiten. Zwar kann niemand heute schon sagen, wie die politische Gesamtsituation dann aussieht. Doch die logische Konsequenz aus den jüngsten Entwicklungen wäre, dass die AfD weiter wüchse, wenn nach der Ampel-Koalition auch eine CDU-geführte Bundesregierung nicht die Politik machen würde, die die meisten Menschen erwarten.
Doch dürfen Kommunalpolitiker nicht nur in die Hauptstadt schauen. Auch vor Ort gilt es, einiges zu verbessern. Zu viel Bürokratie und schier ewig dauernde Infrastrukturprojekte gehen den Menschen auch hier auf die Nerven. Allerdings: Zu keinem lokalen Thema wirken die AfD-Lösungsvorschläge überzeugend. Oft genug hätten sie aktuell auch gar nicht die Kandidaten, die etwas umsetzen könnten. Für die Parteien der Mitte gibt es also Hoffnung, dass die Wahlen im September besser ausgehen als jetzt. Aber sie müssen etwas tun.