Es war voll in der Kinderglück-Halle in Holzwickede, als DFB-Assistenztrainer und Bayern-Legende Hermann Gerland sein Buch „Immer auf‘m Platz“ vorstellte. Gut 140 Besucher fanden sich ein und ließen sich von den Brüdern Andreas und Michael Tracz durch einen Abend voller Anekdoten, Rückblicke und Lachern führen.
Bereits im Vorfeld erfüllte Gerland unzählige Autogrammwünsche, stand für kurze Gespräche zur Verfügung und machte zahlreiche Selfies. Der zukünftige Trainer des SSV Mühlhausen, Marc Woller, war ebenso begeistert wie der ehemalige Trainer des SuS Kaiserau, Jörg Lange, die beide sichtlich gespannt den Worten Gerlands lauschten.
Seine erste Trainerstation war beim VfL Bochum, bei dem er mit dem damaligen Präsidenten Ottokar Wüst nur selten einer Meinung war. Über den 1. FC Nürnberg landete Gerland dann beim FC Bayern München, bei dem er mit Unterbrechungen 25 Jahre tätig war.
Auf die Frage, von welchen Trainer Gerland in seiner Laufbahn am meisten mitgenommen habe, fiel die Antwort doch sehr ausführlich aus. „Van Gaal hatte definitiv Eier. Er hat Entscheidungen getroffen, die gewagt waren. Carlo Ancelotti war der Entspannteste. Grundsätzlich waren alles großartige Trainer, aber der erfolgreichste ist Hansi Flick. Hansi hat alles abgeräumt und Hansi ist überragend“, schwärmt Gerland vom aktuellen Bundestrainer.
„Wie es zu dem Buch kam, weiß ich selber nicht. Ich hatte immer wieder Anfragen, die ich abgelehnt habe, aber meine Frau und meine Kinder haben dann gesagt, ich soll es doch wenigstens für sie machen und dann habe ich mich entschlossen es zu veröffentlichen“, schildert Gerland, wie es überhaupt dazu kam, ein Buch zu schreiben.
Ein interessantes Gespräch gab es auch mit dem Kamener Ex-Kollegen Harry Ellbracht, der in den 70ern gemeinsam mit Gerland beim VfL Bochum spielte. Nach Ellbrachts Wechsel zum 1. FC Saarbrücken traf ausgerechnet „Stolper-Harry“ gegen den VfL und sorgte so für die 1:2-Niederlage.
Ebenso berichtete Gerland über diverse Gegenspieler, die nicht immer fair spielten: „Wenn einer link spielte, dann bin ich hin und hab gesagt ‚Junge, ich habe noch 60 Minuten Zeit und ich krieg dich.‘ Oft haben sie dann die Seite gewechselt.“
Katar und ein klassischer Mittelstürmer
Über das Abscheiden der deutschen Fußballnationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Katar wollte Gerland nur wenige Worte verlieren. „Wenn wir als Deutschland nicht gewinnen, dann ist die Stimmung nicht so prickelnd“, erklärte Gerland und fügte später hinzu: „Wir waren gegen Japan und Costa Rica die klar bessere Mannschaft, aber wenn man dann 30 Großchancen nicht macht.“
Außerdem würde Gerland auch die Rückkehr des klassischen Mittelstürmers begrüßen, was aber eben nicht von heute auf morgen funktioniert: „Wir müssen jetzt anfangen, zehn Jahre lang den Mittelstürmer zu trainieren und dann gibt es die ersten Erfolge. Drei Monate reichen da nicht aus.“
Abschließend gab es noch ein paar Tipps für die heimischen Trainer vom erfahrenen „Tiger“. „Im Nachwuchsbereich ist es nicht wichtig die Mannschaft weiter zu bringen, sondern die einzelnen Spieler zu entwickeln. Viele Kontakte, kleine Spielformen und Übung macht den Meister“, empfiehlt Gerland eher das zwei gegen zwei oder vier gegen vier, als ein elf gegen elf.

Auch eine Wiederholung scheint nicht ausgeschlossen, wie Organisator Michael Tracz berichtete: „Vielleicht machen wir mal einen Abend der Legenden mit vielen anderen. Hermann ist auch so ein bisschen ein Mentor für mich.“
Alles in allem bot Hermann Gerland den Zuschauern interessante Informationen, umrahmt von flotten Sprüchen, vielen Insidern, ganz viel Humor und das alles auf höchstem Niveau. Und so endete die Veranstaltung nach gut drei Stunden auch nur, weil Gerland einfach mal dringend „Pipi“ musste.