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Hausarzt Detlef Kobusch: „Wir sind die letzte Bastion, auf die Patienten vertrauen“
Zwei Jahre mit Corona
Nach zwei Jahren Corona-Pandemie vertrauen die meisten Menschen ihrem Hausarzt am meisten. Das hat der Bergkamener Hausarzt Detlef Kobusch auch beim Thema Impfen so erlebt.
Das Ergebnis unserer Umfrage „Zwei Jahre Corona: Mensch, wie glücklich bist Du?“ überrascht den Bergkamener Hausarzt Detlef Kobusch kein bisschen: Sie hat ergeben, dass die Hausärzte mit Abstand das größte Vertrauen der Menschen genießen, wenn es um alle Fragen rund um die Pandemie geht. Das betrifft sowohl, wie gefährlich Corona ist, wie sich Patienten schützen können und ob und mit welchem Impfstoff sie sich impfen lassen sollen – noch weit vor den Medien und meilenweit vor Freunden, Bekannten und sozialen Medien.
Es gebe so viele Informationen auf allen Kanälen zur Pandemie, dass sich Patienten oft überfordert fühlen, hat Kobusch festgestellt. Manche seien mit den Inhalten überfordert. Oft sei es für Menschen auch schwierig zu beurteilen, wie seriös die Information ist. In dieser Situation würden sich viele an ihren Hausarzt oder ihre Hausärztin wenden. „Wir sind die letzte Bastion, auf die Patienten vertrauen“, sagt Kobusch, Gründer und Leiter des „Gesundheitszentrums am Nordberg“.
Das Vertrauen kenne er auch aus anderen Situationen. Er berichtet von einem Patienten, dem ein Facharzt dringend zu einer Operation geraten hatte. Am nächsten Tag saß der Mann bei ihm in der Sprechstunde. Kobusch sagt ihm, die Auskunft des Facharztes sei richtig und fragte, warum der Patient ihn auch noch konsultiert habe. Antwort: „Ihnen vertraue ich und deshalb wollte ich das auch noch einmal von Ihnen hören.“
Dadurch, dass die Hausärzte ihre Patienten oft seit Jahren betreuten, seien sie für viele die letzte Instanz wenn es um ihre Gesundheit geht.
Wie weit dieses Vertrauen geht, hat den Hausarzt in einigen Fällen selbst überrascht. Als zu Beginn der Booster-Kampagne für Menschen über 30 in der Regel nur der Impfstoff von Moderna zur Verfügung stand, hatte der Arzt mit erheblichen Schwierigkeiten gerechnet. Die meisten seiner Patienten waren vorher mit dem Impfstoff von Biontech geimpft worden. Der hatte zudem den Nimbus, der „deutsche Impfstoff“ zu sein, dem die meisten vertrauten.

Während der Impfsprechstunden impfte das Praxisteam tausende von Menschen. Auch viele andere Ärzte in Bergkamen und Kamen beteiligten sich an der Impfkampagne. Sie und ihre Angestellten opferten dafür ihre Freizeit. © Udo Hennes (Archiv)
Kobusch konnte seinen Patienten jedoch guten Gewissens sagen, dass Moderna als Booster-Impfstoff wahrscheinlich sogar besser sei. Zu seiner eigenen Überraschung hätten das fast alle Patienten fast auf der Stelle akzeptiert. „Wir hatten nur ganz seltene Fälle, in denen Patienten die dritte Impfung verweigert haben, weil sie nicht den Impfstoff bekommen haben, den sie wollten.“
Trotzdem nimmt Kobusch der Politik immer noch übel, dass die Hausärzte zwangsweise Moderna verimpfen mussten. Die Politik habe die Hausärzte vorgeschickt und auf das Vertrauen der Menschen zu ihnen gesetzt. Das halte er für unredlich.
Mit den Impfungen kennt sich Kobusch aus: Zu Beginn der Booster-Kampagne hatte er zusammen mit dem gesamten Team des Gesundheitszentrums am Nordberg Impfungen angeboten – an dem Mittwoch- und Freitagnachmittagen und am Samstag wenn die Praxis eigentlich geschlossen war. Meist impften vier oder sogar fünf Ärzte gleichzeitig. Insgesamt verabreichten sie tausende Impfungen. Er selbst habe an einem einzigen Mittwochnachmittag 154 Menschen gegen Corona geimpft, berichtet Kobusch.
Die Haus- und Fachärzte, die wie das Gesundheitszentrum am Nordberg massenhaft in den Praxen geimpft haben, hätten es geschafft, einen Fehler der Politik einigermaßen auszubügeln. „Die Impfzentren ausgerechnet zum Herbst hin zu schließen, war eine fatale Entscheidung“, sagt er. Jeder habe absehen können, dass die Infektionszahlen im Herbst und Winter wieder steigen.

Hygiene, Abstand und Schutz zum Beispiel durch eine Maske sind nach wie vor wichtig, vermittelt der Arzt seinen Patienten. © Marcel Drawe (Archiv)
Die Impfsprechstunden in der Praxis gibt es immer noch an den freien Nachmittagen, aber nicht mehr an den Wochenenden. „Wir haben zum Glück keine völlig überlasteten MFAs mehr“, sagt er. Kobusch geht davon aus, dass in den kommenden Wochen immer noch der eine oder andere zum Impfen kommt, aber dass die meisten, die sich impfen lassen möchten – auch beim Boostern – das mittlerweile auch getan haben.
Er hat übrigens eine Empfehlung für alle, die sich boostern lassen haben und nicht einer Hochrisikogruppe angehören – zum Beispiel aufgrund ihres Alterns oder von Vorerkrankungen. Sie könnten zurzeit auf die vierte Impfung verzichten, meint der Hausarzt. Ihnen rät er, zu warten, bis die Impfstoffe an die neuen Virusvarianten angepasst sind und sich dann impfen zu lassen.
Kobusch hält es für besser, den vorhandenen Impfstoff zu nutzen, um auch in Dritte-Welt-Ländern für eine hohe Impfquote zu sorgen. „Wir werden die Pandemie nicht in den Griff bekommen, wenn wir die Impfquote nicht weltweit auf einen hohen Standard bringen“, sagt er.