Lieber - tja, wie soll ich Sie eigentlich ansprechen? Guildo Horn? Horst Köhler? Meister? Da ich seit 2000 eine Horn bin, entscheide ich mich für Herrn Horn - quasi von Horn zu Horn.
Es ist schön, sich unter Hörnern gepflegt unterhalten zu können. Wir nennen unsere Begegnung: „Im Angesicht des Hornes“.
Am 30. August kommen Sie mit den „Orthopädischen Strümpfen“ zum Parkfest nach Waltrop. Können Sie sich an den Auftritt 2005 im Moselbachpark erinnern? Wie haben Sie das Parkfest wahrgenommen?
In den vergangenen Jahrzehnten haben die Orthopädischen Strümpfe auf vielen tausend Konzertbühnen dieser Republik musiziert. Das Parkfest in Waltrop war dabei das mit Abstand berauschendste Fest, das wir jemals gefeiert haben. Ich sag‘ das über jedes Festival, aber bislang hab ich immer gelogen.
In der Ankündigung des diesjährigen Waltroper Festes werden Sie als Entertainer, Radio-DJ, Schauspieler, Multi-Instrumentalist und vor allem Schlager-Ikone vorgestellt. In welcher Rolle sehen Sie sich am ehesten? Und in welcher am liebsten? Bei so vielen Jobs - welche Rolle im Alltag spielt aktuell Ihr Beruf als Diplom-Sozialpädagoge?
Das alles zusammen bin ich. Beruflich immer nur das Gleiche zu machen, würde mich restlos langweilen. Als Unterhaltungskünstler probiere ich mich wahnsinnig gerne aus und entdecke dabei immer neue Facetten an mir. Meine unbändige Neugier und meine Begeisterungsfähigkeit treiben mich dabei voran. Und im Alltag war ich noch nie Diplom-Sozialpädagoge, da bin ich auch kein Horn. Das sind beides Berufe. Im Alltag will ich schlichtweg einfach Mensch sein, mit Familie und Freunden, mal faul, mal bequem, mal verfressen, gerne genießend und nicht übermäßig ambitioniert.

Gerade habe ich mir das Video zum #loveislove (You’ll never walk allone) angeschaut. Ich finde es sehr beeindruckend. Ganz clean, ohne Schnörkel, die bei Ihrer Mimik auch nicht nötig sind. Gab es den Moment X, der Sie veranlasste, diesen Hashtag zu verfassen? Oder sind es Strömungen in der Gesellschaft, die Sie zum Anlass nahmen, diesbezüglich Stellung zu beziehen?
Den Song habe ich vor ein paar Jahren als Stier bei „The Masked Singer“ zum ersten Mal gesungen und mich gleich wohl damit gefühlt. Es war die große Zeit des Corona-Virus‘ und irgendwie passte das Lied extrem zu meinem damaligen Empfinden.
Durch die Nähe zu Marl verfolgen Waltroperinnen und Waltroper die Nominierungen und Verleihung des Grimmepreises besonders. Für Ihre Talkshow „Guildo und seine Gäste“ wurden Sie zweimal für den Grimmepreis nominiert. Bedeutet Ihnen das was?
Was soll ich dazu sagen? Ganz ehrlich: Ich hätte das Ding lieber einmal gewonnen, anstatt zweimal nominiert gewesen zu sein. Vor allem als Wertschätzung für meine behinderten Talkgäste, die der Show erst den ganz besonderen Glanz verliehen haben, hätte es mich gefreut. Ich bin nicht sehr eitel und ehrgeizig, aber dieses Talkformat hätte es verdient gehabt.
Zurück zu Ihrem Auftritt in Waltrop. Steht das Outfit schon? Worauf dürfen sich die
Parkfestbesucher freuen? Zeigen Sie Knie? Die Haare werden Sie ja sicher offen tragen?
Klar kriegt ihr nackte Knie zu sehen. Das bin ich meinem guten Ruf schuldig. Was das Outfit betrifft, bin ich mit meinem Beraterstab noch am Grübeln. Die Haare werde ich obendrauf offen tragen! So viel darf verraten werden.

Als Sie und die „Orthopädischen Strümpfe“ als Headliner des Parkfestes vorgestellt wurden, fiel eines auf: Sie polarisieren - entweder liebt man sie - so wie Sie uns ja auch - oder die Leute sagen: Lass‘ stecken, den brauche ich nicht. Schmerzt das Ihr Schlagerherz?
Das kenne ich, seit ich im Namen des Hornes unterwegs bin. Ich muss nicht jedem gefallen und letztlich hat ein jeder das Anrecht auf seinen eigenen Geschmack. Ein kleiner Tipp nur: Bevor man sich sein Urteil bildet, sollte man sich definitiv zuerst ein Livekonzert der Orthopädischen Strümpfe angesehen haben. Dann weiß man auch, worüber man redet.
Sie sind bekanntlich kein Freund davon, dass Fans bei Ihren Auftritten ihre Handys zücken und gefühlt stundenlang mit filmen. Werden Sie die Waltroper auch bitten, die „Dinger“ in den Hosentaschen zu lassen? Vielleicht, um Sie in Gänze „pur“ zu genießen? Vermissen Sie durch die dazwischen liegenden Displays die Wertschätzung Ihrer Arbeit?
Ich komme aus einer Zeit, wo es dieses ständige „ins Handy gucken“ noch nicht gab. Und ja, mich nervt das. Vor allem, weil es mich deprimiert, dass es mittlerweile so viele Menschen gibt, die sich kaum mehr ungeteilt auf ein Livekonzert einlassen können. Das Schöne an einem Konzert ist ein gemeinsames „Hier und Jetzt“-Gefühl von den Menschen, die da gerade zusammenkommen. Das ist exakt das Gegenteil von „ich filme mich jetzt, wie ich feiere und stell das dann ins Netz, damit ich glauben kann, dass ich überhaupt hier bin“.
Auf welche Lieder dürfen sich die Waltroper Fans freuen? Eine bunte Mischung? Aus Klassikern und jenen von „Strumpf ist Trumpf“? Wie stellen Sie überhaupt die Lieder für einen Auftritt für ein solches Fest zusammen, das ja kein klassisches Konzert ist.
Zu hören und fühlen gibt es ein Best Of aus unserem Liederzyklus „Schlager Unser“, dargeboten von der wohl romantischsten Kapelle Deutschlands, den Orthopädischen Strümpfen. Schlagermusik für Hörer aller Fachbereiche ohne Netz und doppelten Boden. Wohl bekomm’s!
Fragen über Fragen, von denen ich - die ihren Hochzeitstanz übrigens zu „Wunder gibt es immer wieder“ in Ermangelung an Tanzfähigkeit des Gatten absolvierte - noch viele weitere habe. Für heute soll es das gewesen sein. Ich sage: „Vielen Dank und auf Wiedersehen“ - bis Freitag im Waltroper Moselbachpark.
Aufwiedersehen, Aufwiederhören, Aufwiederriechen. Liebe Grüße.