In der letzten Ratssitzung des Jahres wird am Mittwoch (4.12.) ab 17 Uhr über den Doppelhaushalt für 2025/26 in Herten abgestimmt. Unter anderem muss die Lokalpolitik beim Hebesatz für die Grundsteuer B eine wichtige Richtungsentscheidung treffen. Wir fassen an dieser Stelle zusammen, welcher Vorschlag der Verwaltung dabei auf dem Tisch liegt und welche Marschroute unsere Nachbarstädte bei der zum Jahresbeginn in Kraft tretenden Grundsteuerreform verfolgen.
- Herten
Kämmerer Dr. OIiver Lind gibt ein klares Bekenntnis zu weiterhin einheitlichen Hebesätzen ab. So soll in Herten nicht nur bei der Grundsteuer A für land-oder forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke (aktueller Hebesatz: 285 Prozent), sondern auch bei der Grundsteuer B (920) alles beim alten bleiben. Eine gesplittete Hebesatz-Regelung für Wohn- bzw. Nicht-Wohngrundstücke lehnt er ab – und hat dies auch in seiner Haushaltsrede am 5. November so kommuniziert.
Als Grund nennt er einerseits rechtliche Unsicherheiten: „Darüber, ob eine solche Differenzierung verfassungsrechtlich überhaupt zulässig ist, oder nicht, wird unter namhaften Juristen leidenschaftlich gestritten.“ Andererseits befürchtet er, dass sonst „Wohnen gegen Gewerbe ausgespielt“ werde.
Überall gibt es Gewinner und Verlierer
Er ist sich gleichzeitig bewusst, dass es trotz unveränderter Hebesätze „Gewinner und Verlierer“ durch die Reform gibt. Im Zuge dessen hatte der Kämmerer Beispielrechnungen veröffentlicht, die verdeutlichen sollen, dass sich die Zahl der bevorteilten und benachteiligten Hauseigentümer in unserer Stadt in etwa die Waage hält (wir berichteten).
Lind ist zuversichtlich, dass die Ratsfraktionen mehrheitlich seinen Überlegungen folgen, die insgesamt als recht wirtschaftsfreundlich zu bewerten sind. Was irgendwie logisch ist: Immerhin kann die überschuldete Stadt Herten in 2024 ausgerechnet bei der Gewerbesteuer einen unerwarteten Millionen-Überschuss – offenbar durch Großzahler Aldi – vermelden, der dem Kämmerer nun die finanziellen Spielräume für seine vergleichsweise milde Vorgehensweise bei der Grundsteuer eröffnet.
- Gelsenkirchen
Eine komplett andere Linie fährt dagegen Hertens größte Nachbarstadt. Hier ist die Verwaltung willens, bei der Grundsteuer B Unternehmensgrundstücke deutlich höher zu besteuern, um gleichzeitig Privateigentum nur in geringerem Maße zu belasten. Gibt der Stadtrat in seiner Sitzung am 12. Dezember grünes Licht für die Pläne, wird der bisher einheitliche Hebesatz von 675 aufgesplittet. Die neuen Werte bedeuten zwar auch für private Hausbesitzer eine höhere Belastung, aber eben nur in geringem Maße (696). Demgegenüber müssen Betriebe ordentlich draufzahlen, bei einem für sie dann stark erhöhten Hebesatz von 1387. Interessanterweise schraubt Gelsenkirchen auch an der Grundsteuer A: Hier soll der Hebesatz von 337,5 auf 498 steigen.

- Herne
Sowohl Privatleute als auch Unternehmen werden in Herne künftig verstärkt zur Kasse gebeten, weil diese Hertener Nachbarstadt angesichts ihrer fatalen Haushaltssituation – für 2025 geht man von einem Rekord-Minus von 106 Millionen Euro aus – keine andere Möglichkeit mehr sah. Heißt konkret: Der einheitliche Hebesatz wird beibehalten, aber deutlich erhöht – von bisher 830 auf 970 zum Jahresbeginn. Diese am 26. November getroffene Ratsentscheidung ist ein Schlag ins Kontor vor allem für Besitzer älterer Ein- und Zweifamilienhäuser: Sie werden ohnehin bei der Reform durch viel höhere Grundsteuermessbeträge des Finanzamts enorm belastet.
Marl verzichtet auf Einnahmen in Millionenhöhe
- Marl
Ebenfalls schon Klarheit über die künftigen Grundsteuer-Hebesätze hat der Marler Stadtrat geschaffen. Am 8. November gab es zwar eine leidenschaftliche Debatte, letztlich votierte eine Mehrheit aber für ein Beibehalten des einheitlichen Grundsteuer-B-Hebesatzes von 790. Für die ebenfalls hoch verschuldete Stadt bedeutet die Entscheidung den Verzicht auf Einnahmen von etwa 1,5 Mio. Euro, die eigentlich dringend nötig wären: Im nächsten Jahr kommen voraussichtlich mehr als 62 Mio. weitere „Miese“ auf den riesigen Altschulden-Berg obendrauf.
Ursprünglich hatte es Überlegungen gegeben, zum neuen Jahr gesplittete Hebesätze einzuführen. Doch wie in Herten sah auch hier die Verwaltung einerseits große Rechtsunsicherheiten und die Gefahr einer finanziell unkalkulierbaren Klagewelle – und sich andererseits mit technischen Problemen konfrontiert: Die für die Neuberechnung nötige Software hätte nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.
- Recklinghausen
Die Recklinghäuser Stadtspitze hat die Entscheidung über die zukünftige Linie bei der Grundsteuer B der Lokalpolitik überlassen. Bei der Abstimmung am Montag (2.12.) bekamen die Ratsmitglieder daher zwei „aufkommensneutrale“ Varianten – mit stabilen Steuereinnahmen von jeweils rund 25 Mio. Euro – vorgelegt. Bei der einen wäre der Hebesatz zwar einheitlich geblieben, aber gleichzeitig von 695 auf 784 deutlich angestiegen – meist zum Nachteil von privaten Hauseigentümern (siehe oben). Doch das Gremium stimmte mehrheitlich für Variante 2: Sie sieht einen Hebesatz von 663 für Wohn- und 1173 für Nicht-Wohngrundstücke vor. Das geht in den meisten Fällen zu Lasten der Gewerbetreibenden.
Hertens Haushaltsloch im Vergleich: In den Nachbarstädten ist die Lage sogar noch schlechter