Der verstorbene Mitbegründer der Grünen Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen) ist in Marl aufgewachsen und hat das Abitur am Albert-Schweitzer-Gymnasium gemacht.

Der verstorbene Mitbegründer der Grünen Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen) ist in Marl aufgewachsen und hat das Abitur am Albert-Schweitzer-Gymnasium gemacht. © dpa

Grünen-Mitbegründer Hans-Christian Ströbele war viele Jahre in Marl zu Hause

rnAbitur am ASG

Am Montag ist der prominente Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele im Alter von 83 Jahren gestorben. In Marl wuchs er auf. Seine frühere Heimatstadt besuchte er immer wieder.

Marl

, 31.08.2022, 13:06 Uhr / Lesedauer: 2 min

Als sich der Abiturjahrgang des Jahres 1960 gut 50 Jahre nach dem Abschied vom Albert-Schweitzer-Gymnasium Amfang 2010 wiedertraf, war Hans-Christian Ströbele einer von 15 Ehemaligen, die in Marl ihre Schulzeit hochleben ließen. Damals war der Rechtsanwalt und Politiker noch Bundestagsabgeordnete der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Das Klassentreffen der ehemaligen Oberprima O I S (das S steht für sprachlicher Zweig) begann mit einem gemeinsamen Essen im Hotel Loemühle. Danach stand auch ein Besuch in der alten Schule auf dem Programm.

„Da war doch so was, wo man Kakao kriegte“, sagte er, als es beim Rundgang durch seine ehemalige Penne in jenen Gebäudeteil ging, in dem damals in der großen Pause immer die Milch ausgeteilt wurde. Das Albert-Schweitzer-Gymasium, heute Teil des Doppelgymnasiums Albert-Schweitzer-/Geschwister-Scholl, war zu Ströbeles Schulzeiten noch eine reine Jungenschule, die streng von der benachbarten Mädchenschule (Geschwister-Scholl-Gymnasium) getrennt war. Er durfte nicht einmal mit seinen beiden Schwestern Kontakt aufnehmen, die gleich nebenan das GSG besuchten.

Kein guter Schüler, in Sprachen eher schlecht

Ein guter Schüler sei er nicht gewesen, gestand der Grünen-Promi. „In Geschichte und Deutsch war ich ganz gut, in Sprachen eher schlecht. Mein Abitur hing am seidenen Faden“, erzählte er unserem Redakteur Klaus Wilker damals am Rande des Abiturtreffens. Mit Politik habe er während seiner Schulzeit noch nichts am Hut gehabt. Hans-Christian Ströbeles Familie wohnte an der Kampstraße in Marl-Drewer, der Sohn ging in St. Michael an der Max-Planck-Straße zur Erstkommunion.

Nach Marl kam die Familie Ströbele übrigens durch den Vater. Hans-Christian Ströbele wurde am 7. Juni 1939 in Halle/Saale geboren. Sein Vater, der Chemiker Rudolf Ströbele, war ab 1955 Leiter der Organischen Chemie bei den Chemischen Werken Hüls in Marl, der größten Abteilung des Werkes. 1957 erhielt er Prokura.

Biografie beschreibt auch das Leben in Marl

Mehr Details aus der Vita des prominenten Grünen-Mitbegründers, RAF-Anwalts und bis ins Alter auch streitbaren Politikers verrät der Journalist Stefan Reinecke im Buch „Ströbele, die Biografie“, die er auch in Marl vorstellte. Lange bevor es Hippies gab, kurvte Ströbele in der Bereitschaftssiedlung mit einem lila angemalten VW herum. Für den Autor Reinecke war die Buchvorstellung in Marl 2017 etwas Besonderes: „Gerade diese Stadt und die Jugend hier haben mich in den Gesprächen mit Hans-Christian Ströbele bei der Vorbereitung zu dem Buch besonders fasziniert“, sagte er in der insel.

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Dass in Ströbeles Zimmer in Marl ein Poster von Elvis hing, dessen Songs sein Musiklehrer Eugen Schortemeier für „Krach“ hielt, gehört zu den amüsanten Anekdoten seines Buches. Es zeigt aber auch die Politisierung des Studenten und späteren Anwalts Ströbele nach der Ermordung des Studenten Benno Ohnesorg bei der Demonstration gegen den Schah-Besuch im Juni 1964 in Berlin. Die Radikalisierung der Studentenbewegung, die Gründung und der Untergang der RAF, deren Mitglieder auch Hans-Christian Ströbele verteidigte, prägten sein politisches Engagement.

Ströbele sei komplexer, widersprüchlicher als sein Image, so Autor Stefan Reinicke damals. Er rauche und trinke nicht – und fehle trotzdem bei keiner Demo für die Legalisierung von Cannabis, hieß es weiter. Ströbele gelte als gesinnungsfester Traditionslinker und habe sich stets machtbewusst in der politischen Arena behauptet, sagte Stefan Reinicke vor Jahren. Obwohl Ströbele noch immer für außerparlamentarischen Protest stehe, lasse er sich andererseits als Parlamentarier an Pflichterfüllung kaum übertreffen, so der Autor damals.

Das Buch von Stefan Reinecke: „Ströbele, die Biografie“, 464 Seiten, ist im Piper Verlag erschienen.