Das Fernsehjahr der starken Frauen Wer 2024 in Marl mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wird

Das Fernsehjahr der starken Frauen: Wer 2024 den Grimme-Preis erhält
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Dass Darstellerinnen und Macherinnen im Fernsehen dominieren, jedenfalls was Qualität angeht, ist das Signal dieses 60. Grimme-Preises. Die Scheinwerfer des Marler Theaters werden Frauen ins Rampenlicht rücken, die mit herausragenden Leistungen aufgefallen sind:

Die deutsch-marokkanische Journalistin Siham El-Maimouni („ttt – titel thesen temperamente“) moderiert die Preisverleihung - und darf sich selbst eine Trophäe überreichen: Als Reporterin für „Die Sendung mit der Maus“ brachte sie Kindern ihr Heimatland in persönlichen, überraschenden Geschichten näher. „Bildungsfernsehen im besten Sinn“, lobt die Jury Kinder und Jugend.

Siham El-Maimouni moderiert den Grimme-Preis - und darf sich selbst eine Auszeichnung überreichen - für ihre Reportage „Marokko-Maus“.
Siham El-Maimouni moderiert den Grimme-Preis - und darf sich selbst eine Auszeichnung überreichen - für ihre Reportage „Marokko-Maus“. © dpa

Starke Leistungen vor und hinter der Kamera

Mit dem Preis für die besondere journalistische Leistung würdigt die Jury ARD-Korrespondentin Katharina Willinger. Sie berichte transparent und kontinuierlich aus der Türkei und dem Iran - auch dann noch, „wenn die meisten Kameras weitergezogen sind“.

In der Sparte Unterhaltung gehen Männer leer aus. Hier sprengte Kabarettistin Sarah Bosetti klassische Talk-Konzepte. Mit satirischen Monologen nimmt sie sich in „Bosetti Late Night“ (ZDF/3sat) Themen wie Gendern und Wärmepumpen vor, geht beim Talk sofort ins Detail. Das Studio-Publikum äußert seine Meinung zum Gesagten mit einem „Bullshit-Button“.
Auch „Der letzte Drink mit Anna Dushime“ (rbb) beeindruckte die Jury. Sie vergab einen Spezial-Preis für die aus Ruanda stammende Moderatorin. Ihre mutige Gesprächsführung mache den Talk mit Schlagerstar Roberto Blanco zum „herausragenden Fernsehereignis“.

Vertrauen als größtes Kapital

Grimme-Preis-Leiterin Lucia Eskes sah ein starkes Fernsehjahr mit herausragenden Beiträgen in der Sparte Information und Kultur. Viele Serien griffen aktuelle Themen wie Rassismus, Hass gegen queere Menschen und sexualisierte Gewalt auf. Eskes kritisiert aber „zu viele unnötige Darstellungen von Gewalt gegen Frauen“. Menschen mit Behinderungen stünden als selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft nicht im Zentrum von Geschichten.

Dr. Frauke Gerlach, Direktorin des Grimme-Instituts, verabschiedet sich mit dem Grimme-Jubiläum aus Marl. Sie sieht das größte Kapital des Grimme-Preises „in dem Vertrauen, das er in der von Aufmerksamkeitsökonomie getriebenen Medienwelt genießt“. Weil er unabhängig sei, nie quotenorientiert und gesellschaftlich Relevantes ins Licht rücke.

Doku wird doppelt ausgezeichnet

Doppelt ausgezeichnet wird die Doku „Drei Frauen – Ein Krieg“ (rbb/WDR/ARTE) über drei emanzipierte Kriegsreporterinnen im Zweiten Weltkrieg: Sie erhält den Publikumspreis der Marler Gruppe und den Preis der Jury Information und Kultur.

Gutes Kinderfernsehen zeigte Disney+ mit den „drei !!!“ - der weiblichen Ausgabe der Jugendbuchreihe „drei ???“. Über Preise freuen sich die Hauptdarstellerinnen Bella Bading, Purnima Grätz und Lilith Johna.

Eine Szene aus "die drei !!!": Marie Grevenbroich (Lilith Johna), Franzi Winkler (Bella Bading) und Kim Jülich (Purnima Graetz) stehen hinter einem Baum.
Grimme-Preis-würdig: die drei !!!, Lilith Johna als Marie Grevenbroich, Bella Bading als Franzi Winkler und Purnima Graetz als Kim Jülich. © Martin Valentin Menke/Disney

Starke Männer gibt es übrigens auch im deutschen Fernsehen - bei Disney+: Die Serie „Sam – Ein Sachse“, die wahre Geschichte des ehemaligen afrodeutschen Polizeibeamten Samuel Meffire, hat die Jury begeistert. Hauptdarsteller Malick Bauers spielte ihn explosiv als Held und Antiheld, Opfer und Rächer, verletzte Seele und Gewalttäter.

Die Besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschul-Verbands (Stifter des Grimme-Preises) geht an das Team von „heute – in Europa“. Bereits seit 25 Jahren bereite das ZDF-Nachrichtenmagazin „mit dem Standard des guten Journalismus Nachrichten rund um Europa auf“, lobt DVV-Präsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Eine Szene aus "Sam - ein Sachse": Der afrodeutsche Polizeibeamte Samuel Meffire (Malick Bauer) sitzt in Uniform auf einem Sofa.
Malick Bauer überzeugte die Jury mit seinem explosiven Spiel in „Sam - ein Sachse“. © Stephan Burchardt

Die 60. Grimme-Preis-Verleihung findet am 26. April im Theater der Stadt Marl statt und wird von 3sat zeitversetzt ab 22.25 Uhr im Fernsehen ausgestrahlt. Die musikalische Begleitung übernehmen Helmut Zerlett und Band. Mehr Informationen unter www.grimme-preis.de

Zum Thema

Alle ausgezeichneten Produktionen

Wettbewerb Fiktion

„Nichts, was uns passiert“ (WDR)

„Sam – Ein Sachse“ (Disney+)

unter anderem Grimme-Preise für Autor Tyron Ricketts und Hauptdarsteller Malick Bauer

„Tamara“ (ZDF)

Grimme-Preis Spezial

„Haus Kummerveldt“ (WDR/ZDF/Arte)

für die experimentierfreudige Verknüpfung von Historie, Pop und Politik

Wettbewerb Info & Kultur

„Drei Frauen – Ein Krieg“ (rbb/WDR/Arte)

„Einzeltäter“ (ZDF)

„Songs of Gastarbeiter – Liebe, D-Mark und Tod (WDR/rbb/Arte)

„Ukraine – Kriegstagebuch einer Kinderärztin (rbb/Arte)

Grimme-Preis für die besondere journalistische Leistung

Katharina Willinger für ihre Berichte aus der Türkei und dem Iran (ARD/BR)

Wettbewerb Unterhaltung

„Bosetti Late Night“ von und mit Sarah Bosetti (ZDF/3sat)

Grimme-Preis Spezial

Anna Dushime

für ihre Gesprächsführung in „Der letzte Drink mit Anna Dushime“ (rbb)

Wettbewerb Kinder & Jugend

„Die Sendung mit der Maus-Spezial – Marokko-Maus“ (WDR)

unter anderem für Moderatorin Siham El-Maimouni

„HYPECULTURE: Straßenslang || Wie Rap Deutschland verändert (funk)

Grimme-Preis Spezial

für die Ensembleleistung der drei Hauptdarstellerinnen von „Die drei !!!“ (Disney+)

Publikumspreis der Marler Gruppe

„Drei Frauen – Ein Krieg“ (rbb/WDR/ARTE)

Preis der Studierendenjury

„Nichts, was uns passiert“ (WDR)

Besondere Ehrung des Deutschen Volkhochschul-Verbandes

an das Team von „heute – in Europa“ (ZDF)