Grimme-Preis 2023 Das waren die Höhepunkte des Fernsehjahres und der Gala im Theater Marl

Grimme-Preis 2023: Das waren die Höhepunkte
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Das politische Krisenjahr 2022 war keinesfalls ein Krisenjahr des Fernsehens. Die 59. Grimme-Preisverleihung im bunt illuminierten Theater Marl ist der Beweis. Dr. Frauke Gerlach, Direktorin des Grimme-Instituts, das bald seinen 50. Geburtstag feiert, wünscht sich mehr solcher starken Jahrgänge - Fernsehen, das überrascht, gut informiert und Neues wagt.

So wie die Reality-Doku „Zum Schwarzwälder Hirsch“: Fernsehkoch Tim Mälzer ermutigte 13 Menschen mit Down-Syndrom, als Team ein Restaurant zu leiten - und nahm sich selbst zurück: „Es geht nur miteinander, wir bieten keine Lösung von oben herab“, erklärt er im Theater sein Erfolgsrezept. Mälzer nimmt nicht nur den Unterhaltungspreis mit nach Hamburg. Auch die Publikumsjury zeichnete die Sendung aus. Und die junge Ayla-Marie Harpering (18), die im Restaurant zeigte, welche Talente in ihr stecken, bringt die Zuschauer zum Jubeln: „Für mich ist das ein sehr, sehr großer Preis, weil er zeigt, dass wir ganz tolle Menschen sind, die arbeiten wollen und keine Aliens.“

Grimme-Preis-Sammler Jan Böhmermann (r.) im Gespräch mit Moderator Jo Schück
Grimme-Preis-Sammler Jan Böhmermann (r.) im Gespräch mit Moderator Jo Schück © Jörg Gutzeit

Polit-Clown Jan Böhmermann entwickelte sein „ZDF Magazin Royale“ zum gelungenen Mix aus Entertainment, Satire und politischen Eingriffen: Clou war die Veröffentlichung des geheimen hessischen Verfassungsschutzberichts zum NSU (nationalsozialistischen Untergrund). Sammler Böhmermann stellt sich bereits seine sechste Grimme-Trophäe ins Regal: „Ich mag Grimme-Preise wahnsinnig gerne.“

18 ausgezeichnete Beiträge kurzweilig zu präsentieren und dabei in die Tiefe zu gehen, ist eine Kunst. Jo Schück beherrscht sie. Locker und schnörkellos, originell und nah am Preis moderiert der Kulturjournalist die Gala.

Die Woche in drei Minuten

Sie zeigt die ganze Vielfalt und Qualität des Fernsehens. 2022 gab es viel Neuland - auch den ersten Grimme-Preis für das Videoportal TikTok. Hier presst die junge Medienwissenschaftlerin Marie Lina Smyrek in „smypathisch“ ihren satirischen Wochenrückblick in drei Minuten. Schlagzeilen, Horoskope, ja sogar den Grimme-Preis packt sie in eine pausenlose, scharf gewürzte Gag-Tirade. So viel Tempo kommt bei jungen Zuschauern an. „Ich bin ein großer Fan von Late-Night-Shows“, verrät Smyrek. Die waren ihr offenbar nur zu lang.

Weitere TV-Glanzlichter sind die kontinuierlichen investigativen Recherchen zum Rechtsradikalismus („Kontraste“, ARD) die ARD-Doku „Leben nach Butscha – Trauma und Hoffnung“ mit erschütternden Bildern der Zerstörung aus der ukrainischen Stadt, ein nachhaltiges Sandmännchen und die Reality Show „Queer Eye Germany“. Hier geben fünf queere Experten Tipps zu Mode und Lifestyle.

Maren Kroymann bedankt sich mit einer witzigen Rede für die Besondere Ehrung beim Grimme-Preis.
Maren Kroymann bedankt sich mit einer witzigen Rede für die Besondere Ehrung beim Grimme-Preis. © Jörg Gutzeit

Auch das Finale ist beste Unterhaltung: Maren Kroymann (73), Schauspielerin, Kabarettistin und Feministin, freut sich riesig über ihren Grimme-Ehrenpreis. „Es ist ja das Schönste, wenn man einem was erfüllt wird, was man sich gar nicht zu wünschen getraut hat.“ Sie dankt ihren Autoren fürs Schreiben der vielen guten Pointen: „Was ich selber mache, sind meine Dankesreden.“ Und dann wünscht sich Kroymann noch eine Ehrung: Ihre Falten zwischen Nase und Oberlippe sollten zum schützenswerten Weltkulturerbe ernannt werden - weil Falten im Fernsehen total verloren gehen. Maren Kroymann geht dem Fernsehen zum Glück nicht verloren. Genüsslich kündigt sie an: „Ich möchte mich weiterentwickeln und nicht ewig auf meinen Intellekt reduziert werden.“

Fazit: Diese unterhaltsame Gala mit den „besten Streaming-Tipps des Jahres“ (Jo Schück) hat einen besseren Sendeplatz verdient als nachts bei 3sat. Vielleicht wird es ja was zum 60. Grimme-Preis.

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