„So viele Buchungen hatten wir noch nie“, sagt Spyros Servos. Gemeinsam mit seiner Frau betreibt der 48-Jährige auf der Insel Korfu ein kleines Dreisternehotel. „Für Juni bis August sind unsere 22 Zimmer fast durchgehend ausgebucht“, berichtet der Hotelier.
Aber in die Freude über die gute Saison mischt sich eine große Sorge: „Wir kriegen einfach kein Personal“, klagt Servos. Seit Wochen sucht er vergeblich nach drei Beschäftigten für das Housekeeping und den Frühstücksraum. „Im schlimmsten Fall müssen unsere beiden Töchter in den Sommerferien mit anpacken“, sagt der Familienvater.
50 Prozent mehr Buchungen als im Vorjahr
So geht es derzeit fast allen Hoteliers und Gastronomen in Griechenland. Nachdem der Tourismus nach der zweijährigen Corona-Flaute bereits 2022 wieder kräftig zulegte, erwartet die Branche in diesem Jahr einen neuen Rekord bei den Gästezahlen.
Tourismusminister Vasilis Kikilias rechnet mit einem Plus von 10 bis 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Die beliebtesten Destinationen sind praktisch ab April voll gebucht“, sagt der Minister. Auch die Reiseveranstalter melden eine wachsende Nachfrage. „Wenn Sie in diesem Jahr Ferien auf Rhodos, Kos, den Kykladen oder Zakynthos machen wollen, müssen Sie so bald wie möglich buchen“, sagt TUI-Vertriebschef Benjamin Jacobi. Viele Hoteliers melden für den Sommer 50 Prozent mehr Buchungen als im Vorjahr zu dieser Zeit.
In allen Bereichen fehlen Tausende Arbeitskräfte
Aber wer serviert den Urlauberinnen und Urlaubern das Frühstück, wer macht die Betten? Schon im vergangenen Jahr konnten von 263.000 Stellen in der griechischen Hotellerie und in der Gastronomie 60.000 nicht besetzt werden. In diesem Jahr werden wohl 80.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fehlen.

Allein 7360 „Kamarieres“ werden gesucht – so nennt man in Griechenland die Beschäftigten, die den Touristinnen und Touristen die Zimmer herrichten. Bei den Kellnerinnen und Kellnern melden die Betriebe 5164 offene Stellen. Auch 6126 Köchinnen und Köche sowie 2729 Barkeeperinnen und -keeper werden gesucht.
Eine Untersuchung des Verbandes der griechischen Tourismusunternehmen (Sete) ergab: Ein Fünftel bis ein Viertel der Stellen kann derzeit nicht besetzt werden. Besonders die kleineren Hotels, die nur während der Touristensaison öffnen, suchen vergeblich nach Personal. In den großen Stadthotels, die das ganze Jahr über geöffnet sind, ist die Lage etwas entspannter.
Schlechte Entlohnung und mangelnder Wohnraum
Der Grund für den Personalmangel: Während der Pandemie sind viele in andere Berufe mit besserer Bezahlung und geregelteren Arbeitszeiten abgewandert. „Die Pandemie hat den Arbeitsmarkt radikal verändert, nicht nur in Griechenland“, sagt Giannis Retsos, Hotelier und Präsident des Tourismusverbandes Sete. „Die Hoteliers und Gastwirte in Südfrankreich, Spanien und Italien kämpfen mit demselben Problem“, sagt Retsos.
In Griechenland verdienen die meisten Saisonkräfte im Tourismus nur den monatlichen Mindestlohn von 780 Euro brutto. Ein großes Problem ist auch die Unterbringung des Personals. Die meisten saisonal Beschäftigten kommen vom Festland auf die Ferieninseln. Dort gibt es aber kaum mehr erschwingliche Unterkünfte, weil viele Besitzerinnen und Besitzer ihre Wohnungen lieber über Plattformen wie „Airbnb“ und „booking“ vermieten. Auf Inseln wie Mykonos, Santorin oder Paros müssen deshalb viele Beschäftigte in stickigen Wohncontainern hausen.
Die Regierung plant jetzt Visa-Erleichterungen, um Arbeitskräfte aus Bangladesch, Pakistan, Indien und Ägypten anzuwerben. Giorgos Chotzoglou, Vorsitzender des Verbandes der Tourismusgewerkschaften, hält das nicht für eine gute Lösung: Damit würden „die Rechte der Arbeitnehmer ausgehöhlt und die Löhne gedrückt“. Wenn die Hoteliers sowie Gastwirtinnen und Gastwirte höhere Gehälter zahlen und bessere Arbeitsbedingungen bieten, könnten die 80.000 offenen Stellen mit griechischen Beschäftigten besetzt werden, meint der Gewerkschafter.
rnd
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