Glücksspiel kann zur Sucht werden. Die Summen, die in Automaten in Gaststätten oder Spielhallen im Kreis Unna verzockt werden, dürften diesen Befund belegen: Nicht weniger als 20,6 Millionen Euro spuckten die Glücksspielgeräte im Jahr 2022 nicht wieder aus.
Der Arbeitskreis gegen Spielsucht in Unna ermittelt seit 1998 nicht nur die Verluste, die Spielerinnen und Spieler machen, sondern erfasst auch die Zahl der Spielhallen und Gaststätten, in denen die Groschengräber im Schankraum hängen.
Spielverluste an Geldspielautomaten
Arbeitskreis-Leiterin Frances Trümper hat den aktuell vorliegenden Bericht erstellt, der viele hundert Seiten umfasst: Das Zahlenwerk gibt die Spielverluste an Geldspielautomaten für sämtliche Kommunen in NRW und dem Saarland sowie für Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern in allen anderen Bundesländern wieder.
Die aktuellen Zahlen in der „Rote Studie“, wie der dicke Band wegen seines knallroten Umschlags in Fachkreisen genannt wird, können mit den Ergebnissen der Vorjahre allerdings nicht verglichen werden.
Wegen der Corona-Pandemie gab es 2022 noch Zugangsbeschränkungen für Spielhallen und Gaststätten. Noch 2020 – die Studie wird alle zwei Jahre erstellt – lagen die Verluste bei insgesamt mehr als 34,8 Millionen Euro.
„Es ist davon auszugehen, dass sich die Werte für 2024 wieder den Werten aus der Zeit vor der Pandemie annähern“, sagt Frances Trümper. Der nächste Bericht soll schon im Spätsommer veröffentlicht werden.
Gemessen an der Einwohnerzahl schießt Bergkamen bei den Geldverlusten in Spielhallen den Vogel ab: Fast 3,5 Millionen Euro verloren Spieler allein hier. Zum Vergleich: Im nahezu gleich großen Schwerte waren die Verluste nur gut halb so groß.
Illegales Glücksspiel in Hinterzimmern
In der Studie erfasst der Arbeitskreis mithilfe der Ordnungsämter der Kommunen die Geldspielgeräte, die legal in Spielhallen und gastronomischen Betrieben aufgestellt sind. Der Schwarzmarkt ist indes auch beim Glücksspiel riesengroß; wie viel Geld in Hinterzimmern verspielt wird, kann die Studie nicht erfassen.
Die Verluste in Spielhallen waren wegen der Mehrzahl der Spielautomaten schon immer deutlich höher als in Gaststätten. Rund 18,2 Millionen Euro waren es 2022 in den Spielhallen und rund 2,4 Millionen Euro in Kneipen und Lokalen.
Die Schere geht aber immer weiter auseinander. In Gaststätten dürfen seit einiger Zeit nur noch maximal zwei statt drei Automaten aufgestellt werden. Noch mehr dürfte eine andere Entwicklung zu den kleiner werdenden Bilanzen beitragen: Es gibt immer weniger Wirtschaften in den Orten.
„Immer wieder erhalten wir Hinweise, dass Geldspielgeräte und Wettterminals auch in Kiosken oder an Tankstellen aufgestellt werden“, sagt Frances Trümper. Nur Gaststätten und Spielhallen erhalten aber Konzessionen. Weil in Kiosken Speisen und Getränke verkauft werden, dürfen Ordnungsämter dort aber kontrollieren, sodass sichtbare Automaten keine Chance haben.
Spielen mit Wechselgeld einer Currywurst
„Der Spielerschutz kann natürlich nur gelingen, wenn nicht eine Tür weiter ein illegales Angebot frei zugänglich ist“, so Trümper. Das gelte natürlich auch für Gaststätten, wo im Schankraum Automaten erlaubt sind.
Überhaupt keine Handhabe über die Gewerbeaufsicht hätten Ordnungsämtern indes bei Vereinen, die illegales Glücksspiel betreiben – der Zutritt ist den Behörden in deren Räumlichkeiten zumindest zwecks routinemäßiger Kontrolle nicht gestattet.
Die Studie, die der Arbeitskreis im Auftrag des NRW-Gesundheitsministeriums erstellt, ist einer von vielen Bausteinen bei der Prävention. Politik möchte wissen, in welche Richtung sich der Glücksspielmarkt entwickelt.
Je mehr Gelegenheiten und je verlockender das Angebot, umso größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, einmal einen Spielautomaten zu bedienen. „Es gibt nach wie vor Betroffene, bei denen das Spielen mit dem Wechselgeld einer Currywurst angefangen hat“, weiß Frances Trümper.
Erstgewinn ist prägende Erfahrung
Beim Spiel um Geld bestehe stets das Risiko der Sucht und Abhängigkeit. Trümper: „Der Erstgewinn ist für viele eine prägende Erfahrung.“ Nicht nur bei Gaststätten, sondern auch bei Spielhallen ist aber die Zahl der Standorte und Glücksspielautomaten zurückgegangen.
Ein Grund zur Entwarnung sei dies allerdings nicht. „Der Markt ist umkämpft. Das Spielangebot erstreckt sich nicht mehr nur auf Spielhallen, Spielbanken oder Lotterien; auch Sportwetten und Online-Glücksspiele binden Spielgäste“, macht Frances Trümper deutlich.