Einblick ins Hertener Glasfaserknäuel Kunden baden Zank zwischen Internet-Anbietern aus

Gelsen-Net und Westconnect machen gemeinsame Sache in Herten
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In Herten kann die Eon-Tochter Westconnect von nun an ihr Internetpaket unter dem Namen Eon-Highspeed vertreiben. In ganz Herten? Nein! Denn der Glasfaserausbau gleicht einem Revierkampf, den die Kunden letztendlich ausbaden müssen.

Die IT- und Glasfaserunternehmen Westconnect und Gelsen-Net haben eine Kooperation bekanntgegeben, die auch das Glasfasernetz in Herten betrifft.

Beide Unternehmen haben sich zu einer sogenannten „Bitstream-Access-Kooperation“ (BSA Kooperation) zusammengetan. Das bedeutet, dass sie im Glasfasernetz des jeweils anderen ihre eigenen Produkte anbieten können.

In Herten liegen jedoch nur in manchen Straßen Glasfaserkabel von Gelsen-Net. In anderen hat die Telekom ihre Leitungen verlegt. Abgesehen von den lästigen Wanderbaustellen, die das mit sich brachte, sorgt das für ein Problem: Wer an der Leitung der Telekom wohnt, kann kein Gelsen-Net- oder Westconnect-Produkt buchen und umgekehrt. Anwohner müssen aktuell schlichtweg Glück haben, dass die „richtige“ Firma an ihrer Straße die Leitungen verlegt. Wie konnte es dazu kommen?

Die Mär vom „Open-Access“

Gedacht war das alles ganz anders. Das Zauberwort heißt „Open Access“. Dieser „offene Zugang“ bedeutet, dass nicht kategorisch „Nein“ gesagt werden soll, wenn ein Unternehmen das andere nach einem Netzzugang fragt. So sollen Ressourcen geschont und doppelte Baustellen vermieden werden. Der Bundesverband für Breitbandkommunikation definierte das Prinzip 2023. Theoretisch bekennen sich alle drei Unternehmen dazu.

Im Alltag wird dieses hehre Ziel aber schnell ausgehebelt. Zum einen kann der Netzzugang weiterhin verwehrt werden. Zum anderen ist der „Open Access“ völlig wirkungslos, wenn ein Unternehmen das Glasfasernetz des anderen gar nicht nutzen möchte. So wie in Herten.

Auf Anfrage unserer Redaktion kommentiert die Telekom: „Wie so oft im Leben muss eine Partnerschaft für beide Seiten passen.“ Für eine Kooperation müsse eine ganze Reihe von Faktoren übereinstimmen, wie zum Beispiel beim Kundenservice oder der Wartung der Netze, so die Antwort der Telekom.

Und hier gibt’s bislang keine Übereinkunft. Laut Telekom sei eine Mitnutzung des Westconnect-Netzes „kurzfristig nicht absehbar“.

Für Westconnect antwortet Unternehmenssprecher Stefan Riesberg-Delia: „Sowohl Westconnect als auch Gelsen-Net stehen einer BSA-Kooperation mit der Telekom positiv gegenüber, bisher wurde seitens der Telekom allerdings noch kein Interesse signalisiert.“

Von Gelsen-Net wird das bestätigt. Der Platzhirsch Telekom teile seine eigenen Netze nur ungern und würde andere Netze nicht nutzen wollen, kommentiert das Unternehmen.

Unbekannt sind diese Streitereien nicht. Bereits in Oberhausen, Oer-Erkenschwick und Datteln gerieten Westconnect und Telekom aneinander. Zum Teil führte das sogar dazu, dass Straßen mehrfach aufgerissen werden mussten, weil beide Unternehmen ihre Glasfaserleitungen nebeneinanderlegten. Ein Ärgernis, das auch der von Baustellen geplagten Stadt Herten blühen könnte. Umso mehr möchten alle Seiten hervorheben, wie sehr sie grundsätzlich mit anderen zusammenarbeiten können.

Beinahe wortgleich wiederholen alle drei Unternehmen die Prinzipien des „Open Access“. Theoretisch könne jeder ihre Netze mitbenutzen. Gänzlich eigenbrötlerisch sind die Unternehmen zugegebenermaßen nicht: Sowohl Telekom als auch Westconnect kooperieren mit einer Reihe von Unternehmen, nur eben nicht miteinander. Gelsen-Net möchte deshalb erst einmal das Positive der neuen Kooperation hervorheben.

„Durch den von beiden Unternehmen verfolgten Open-Access-Ansatz haben die Kundinnen und Kunden die freie Wahl zwischen den Produkten und Tarifen von Eon Highspeed oder Gelsen-Net Glasfaser-Produkten“, kommentiert Thomas Dettenberg, Geschäftsführer von Gelsen-Net. Die neue Kooperation zwischen den beiden Unternehmen soll auch den Netzausbau beschleunigen.

Sieben Ruhrgebietsstädte mit 200.000 Haushalten sollen an das Netz angeschlossen und die dazugehörigen Bauarbeiten bis 2027 abgeschlossen sein. Inwiefern in Herten bald doppelte Glasfaserleitungen liegen, wird sich spätestens dann zeigen. Noch müssen Kunden einfach Glück haben.

Vier Personen in Bauarbeiterkleidung stehen zentral im Bild. Zwei tragen Orangene Arbeitskleidung und Helme. Sie halten Leitungen in der Hand. Eine Person hockt am rechten Bildrand und scheint die Kabel in den Boden zu verlegen. Eine Person steht daneben und hält die Kabel. Hinter ihnen stehen zwei Personen in pinken Warnwesten und Bauhelmen. Eine Person hält einen Laptop und beobachtet die Verlegearbeiten. Die andere Person steht daneben.
Welche Internet-Anbieter man wählen kann, hängt von der verlegten Glasfaserleitung ab. Im schlimmsten Fall könnten Verlegearbeiten in Herten doppelt gemacht werden. Das würde noch mehr Baustellen bedeuten. © Wolfram Scheible

(Hinweis der Redaktion: Dieser Text ist ursprünglich am 17. Oktober 2024)