Bochum. Erich Kästners Protagonist im Roman „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“, der promovierte Germanist Jakob Fabian, streift durch das freizügige, unmoralische Berlin, durch Dreck und Glanz der späten 1920er-Jahre. Am Ende wird er wegen eines Spaßes ertrinken, genau wie sein Freund Labude, der wegen eines Spaßes Selbstmord begeht. Roman und Stück zeigen eine Gesellschaft am Rande des Abgrunds, kurz vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten.
In den Bochumer Kammerspielen stehen Schauspielstudenten der Folkwang Universität der Künste auf der Bühne, die von Justus Saretz eingerichtet ist. Wenige Versatzstücke imaginieren Zimmer, Bars und Straße; ein Vorhang-Rondell gestaltet Räume und Szenenwechsel. Das Lichtdesign (Sirko Lamprecht) setzt Schlaglichter und schafft Atmosphäre. Die jungen Darsteller singen, spielen und tanzen um ihr Leben, dicht, authentisch und präsent, eine eindringliche Inszenierung von Thomas Dannemann, die am Freitag Premiere feierte.

Jakob Fabian, hervorragend verkörpert von Anton Balthasar Römer, beobachtet den allabendlichen Tanz auf dem Vulkan mehr als das er mitmacht, ein distanzierter Moralist, innerlich kriegsversehrt. Als er Cornelia kennenlernt, erfährt er ein kurzes Hoch, will aktiv werden, an die Zukunft glauben, wird aber durch Jobverlust und den Entschluss seiner Freundin, sich für die Karriere an einen Filmdirektor (mit deutlichen Analogien zu Dieter Wedel) zu verkaufen, schnell ausgebremst.
Jakob flieht in die innere Emigration und nach Dresden, zu Muttern. Hier bleibt er moralisch standhaft, nimmt das gönnerhafte Angebot des rechten Zeitungsverlegers, für ihn zu schreiben, nicht an. Um einen Jungen zu retten, springt er in die Elbe, ein fataler Fehler, da er Nichtschwimmer ist. Der vermeintlich zu rettende Junge schwimmt ans Ufer, es war nur ein Spaß.
Beklemmend aktuell
Das Publikum sieht einen stimmigen, dichten Abend, der in die Zwischenkriegsjahre entführt, gleichzeitig aber politisch und gesellschaftlich beklemmend aktuell ist. Die Inszenierung muss das nicht behaupten, es ist ihr eingeschrieben. Ein starkes Ensemble spielt in einer gelungenen Inszenierung. Zum Schluss gab es verdiente Ovationen im Stehen.
Weitere Aufführungen
Termine: 16. / 19. 2, 15. / 27. / 29. 3.2025; Karten: Tel. (0234) 33 33 55 55.
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