Unmut über Flüchtlingsunterkunft in Fröndenberg Gereizte Stimmung bei Bürgerversammlung

Geballter Unmut bei Bürgerversammlung über Flüchtlingsunterkunft
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Die Sitzplätze reichten nicht aus, um all die Bürgerinnen und Bürger zu fassen, die zum Bürgergespräch am Dienstagabend erschienen waren. Bürgermeisterin Sabina Müller, der Beigeordnete Heinz Günter Freck und der neue Leiter des Fachbereichs Soziales, Matthias Weischer standen im Verlauf des Gesprächs – und viele Besucher ebenfalls, sogar auf den Fluren und in der Garage des Versammlungsorts.

Der Strickherdicker Jürgen Schulte war dabei und zeigte sich anschließend von dem hohen Interesse begeistert: „Ich denke, dass zwischen 120 und 140 Personen erschienen sind“, so Schulte. Die Bürgermeisterin habe offenbar nicht damit gerechnet, so viele Menschen anzutreffen. Niemand habe etwas gegen Geflüchtete an sich, doch gebe es viele Ängste, die in Erfahrungen aus der Vergangenheit begründet seien.

Bürgermeisterin Sabina Müller musste Rede und Antwort stehen.
Bürgermeisterin Sabina Müller und die Verwaltung standen mit dem Rücken an der Wand. © Peter Benedickt

Ein Thema, das heiß diskutiert wurde, waren alleinstehende Männer. Da habe es früher Belästigungen gegeben, hieß es. Verwaltungsvertreter räumten auf mehrere Nachfragen ein: Ausschließen könne man die Zuweisung eben dieser Personengruppe nicht.

Versammlungsbesucher Schulte fiel auf, dass bei der Frage nach einer Betreuung der Menschen immer wieder nur auf die Ehrenamtler des Patenschaftskreises für Geflüchtete verwiesen worden sei. Das störe viele.

Auf eine konkrete Nachfrage erklärte Freck: „In unseren Häusern verfolgen wir das Prinzip, dass sich die Bewohner selbst versorgen und auch selbst für die Reinlichkeit verantwortlich sind.“ Als er ergänzte, dafür gebe es auch eine Hausordnung und ein Hausmeister würde deren Einhaltung überwachen, weitere Stellen würden nicht geschaffen, erhob sich lautes Gelächter.

Auch Anwohner Dirk Gebser war bei der Versammlung dabei. „Ich habe nichts gegen die Erweiterung an sich, aber so etwas muss für den Bürger nachvollziehbar sein“, erklärt er am Tag danach. Wenn die Stadt erklärt, sie wolle einen Standort nicht gegen einen anderen ausspielen, sei das verständlich. Doch wollten die Bürger schon gerne wissen, was die Grundlage der Entscheidung war.

Seine Hoffnung geht auch zu den Punkten, die von der Verwaltung zur Klärung aufgenommen wurden. „Da hoffen wir schon auf Rückmeldungen“, so Gebser. Das müsse auch nicht in Form einer weiteren Bürgerversammlung geschehen. Ein offener Brief oder Hinweise auf der Homepage der Stadt könnten auch hilfreich sein. Ein fester Ansprechpartner, falls es mal Probleme gebe, wäre da sehr hilfreich.

Brief mit Fragen an die Bürgermeisterin

Direkt zu Beginn der Bürgerversammlung hatte Hans Lütkemeier der Bürgermeisterin seine Fragen mit einem Brief an die Hand gegeben. Er sei generell gegen die Aufstellung von Containern auf dem Gelände, erklärt er. Schon als vor vielen Jahren erstmals Flüchtlinge auf dem Gelände untergebracht wurden, habe es viele Sorgen und Vorbehalte gegeben. Das habe sich inzwischen eingespielt.

Doch sei der Wohnpark Strickherdicke ein Wohngelände, wo solche Container schlicht nicht hinpassten. „Ich hatte auch vorgebracht, ob nicht ein Ortsteil herangezogen werden könnte, wo noch keine Flüchtlinge untergebracht seien“, so Lütkemeier.

Wohncontainer – hier eine solche Unterkunft in Datteln – sollen nach Plänen der Stadtverwaltung in Strickherdicke aufgestellt werden.
Wohncontainer – hier eine solche Unterkunft in Datteln – sollen nach Plänen der Stadtverwaltung in Strickherdicke aufgestellt werden. © Sebastian Balint

Bessere Kommunikation gefordert

Das es gar nicht so rund mit der Eigenverantwortung und Integration sei, bemerkt Christiane Firnrohr. Die Strickherdickerin war 30 Jahre Sonderpädagogin und versucht eine Familie zu betreuen: „Ich bin entschlossen gegen eine Erweiterung hier, denn ich sehe, was jetzt schon schief läuft“, so die Lehrerin. Die Betreuung durch die Stadt sei nicht vorhanden, wie sie bei dem Versuch, eine Familie mit drei kleinen Kindern zu betreuen erlebe.

„Das vierte Kind ist unterwegs und den Kontakt muss ich über eine Freundin der Mutter pflegen, die in Stuttgart lebt und etwas Deutsch beherrscht“, so Firnrohr. Offensichtlich sei die Familie vollkommen überfordert. Die beiden kleinsten Kinder würden im Regen auf dem Spielplatz in Flipflops herumlaufen, die Holzspielzeuge blieben einfach draußen. Wenn sie sich an die Stadt wende, hieße es immer nur, man sei nicht zuständig.

Einmal habe man ihr schon gesagt, Fröndenberg müsse sich nur um Essen und Obdach kümmern, den Rest müsse der Kreis leisten. Beim Kreis habe man ihr gesagt, die Familie stehe auf einer Liste. „Die ganze Kommunikation ist eine Katastrophe“, so Firnrohr. Sie würde, wenn sie etwas Unterstützung erhalte, gerne ihr Engagement zur Vermittlung von Sprache und Werten ausbauen. Doch wenn noch mehr Leute kämen, sehe sie keine Chance dazu.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 22. Mai 2024.