Die G7-Außenministerinnen und -Außenminister setzen ihr Treffen in Münster an diesem Freitag (9.30 Uhr) mit Beratungen über die Gewalt gegen Demonstranten im Iran fort. Neben den systemkritischen Protesten dort dürften die G7-Runde um Gastgeberin Annalena Baerbock (Grüne) auch Berichte über mögliche zusätzliche Waffenlieferungen Teherans an Russland beschäftigen. Die G7-Runde wirtschaftsstarker Demokratien will zudem über ihre Beziehungen zu Zentralasien reden. Bei Gesprächen mit afrikanischen Politikern soll es um regionale Konflikte sowie strategische Fragen gehen.
Der G7-Runde gehören neben Deutschland Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA und Großbritannien an. Deutschland hat bis Jahresende den Vorsitz, im nächsten Jahr übernimmt Japan die Präsidentschaft. Am Rande des G7-Gipfels findet außerdem ein Außenministertreffen im Quad-Format statt. Die Außenminister von Deutschland, den USA, Frankreich und Großbritannien sprechen über die Gefahr einer Eskalation des russischen Angriffskrieges.
Iran: Proteste und Waffenlieferungen
Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, hatte kürzlich gesagt, es bestehe weiter die Sorge, dass der Iran Moskau neben Kampfdrohnen auch andere Waffen wie Boden-Boden-Raketen liefern könne.
Die französische Außenministerin Catherine Colonna drohte angesichts der iranischen Unterstützung für Russland am Donnerstagabend (3.11.) mit weiteren Sanktionen der G7-Staaten. „Wir müssen bereit sein, uns wenn nötig auf neue Sanktionen gegen den Iran zu einigen“, sagte sie am Rande des Treffens. Zudem werde man die Niederschlagung friedlicher Proteste kollektiv verurteilen. Man verlange die Freilassung französischer, europäischer und anderer Staatsbürger, die rechtswidrig inhaftiert seien. Auch Baerbock hatte Teheran wegen der Menschenrechtslage in dem Land scharf kritisiert. Die Bundesregierung rief deutsche Staatsbürger zur Ausreise auf.
Irans Oberster Religionsführer Ali Chamenei hatte die Proteste kürzlich als „hybriden Krieg“ bezeichnet. „Einige heimtückische und böswillige europäische Mächte“ seien auf Irans Boden eingedrungen.
Atomabkommen mit Iran in Frage gestellt
Bei den Diskussionen im Friedenssaal des historischen Rathauses von Münster dürfte auch der anhaltende Streit mit Teheran über das iranische Atomprogramm zur Sprache kommen. Irans Außenminister Hussein Amirabdollahian hatte am Mittwoch laut Staatsmedien erklärt, sein Land wolle in diesem Zusammenhang Gespräche mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) fortsetzen. Eine Delegation solle dafür zu Gesprächen nach Wien reisen.
Wegen der Gewalt gegen Demonstranten hatten Politiker in den USA und Europa die Atomgespräche jüngst infrage gestellt. Das Abkommen soll Iran am Bau einer Atombombe hindern. Im Gegenzug sollen wirtschaftliche Sanktionen aufgehoben werden. Auch wegen der iranischen Militärhilfe für Russland gilt eine rasche Einigung im Atomstreit als eher unwahrscheinlich. Der Westen könne eine solche Einigung derzeit nicht unterschreiben, da sie auch eine Aufhebung von Sanktionen bedeuten würde, heißt es. Angesichts der Menschenrechtslage in dem Land stehe dies jedoch nicht an.
Treffen mit afrikanischen Ministern und AU-Vertreterin
Nach dem Abschluss der Beratungen im G7-Kreis wollen Baerbock und ihre Kolleginnen und Kollegen gegen Mittag mit Vertretern afrikanischer Staaten sowie der Regionalorganisation Afrikanische Union sprechen. Erwartet werden unter anderem die Außenministerin von Ghana, Shirley Ayorkor Botchwey, sowie ihr kenianischer Amtskollege Alfred Mutua. Beide Länder gehören derzeit als nichtständige Mitglieder dem UN-Sicherheitsrat an.
In einem ersten Gespräch sollen unter anderem Konflikte im Sahel sowie am Horn von Afrika zur Sprache kommen. Bei einer zweiten Sitzung dürfte es um strategische und globale Fragen gehen. Hier sollen Themen wie Ernährungs- und Energiesicherheit sowie die Folgen der Corona-Pandemie besprochen werden.
Außenministertreffen im Quad-Format
Die Außenminister von Deutschland, den USA, Frankreich und Großbritannien haben sich über besonders sensible Themen wie einer möglichen Eskalation im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine beraten. Vor der Fortsetzung der Gespräche im größeren G7-Kreis der wirtschaftsstarken Demokratien trafen sich Gastgeberin Annalena Baerbock (Grüne), ihr US-Kollege Antony Blinken, die französische Außenministerin Catherine Colonna und der Brite James Cleverly am Freitagmorgen im historischen Rathaus von Münster im sogenannten Quad-Format.
Russland musste in den vergangenen Wochen immer wieder Niederlagen einstecken und sich aus zuvor besetzten ukrainischen Gebieten zurückziehen. Wiederholt hatte es Atomdrohungen von Präsident Wladimir Putin gegeben. Zuletzt warf Putin der Ukraine vor, an einer atomar verseuchten Bombe zu arbeiten. Kiew dementierte die Vorwürfe. Eine „schmutzige Bombe“ besteht aus radioaktivem Material, das mit konventionellem Sprengstoff freigesetzt wird. Das Außenministerium in Moskau unterstrich am Mittwoch den rein defensiven Charakter der russischen Atomdoktrin.

Demonstrationen zunächst ohne große Zwischenfälle
Mehrere Demonstrationen und Kundgebungen am Rande des G7-Treffens verliefen am Donnerstag (4.11.) zunächst ohne große Zwischenfälle. „Bisher ist alles friedlich gewesen“, sagte eine Polizeisprecherin der Deutschen Presse-Agentur am Nachmittag. Insgesamt waren nach Polizeiangaben bis Samstag 13 Demonstrationen mit mehreren tausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern angemeldet.
Die Stadt Münster befindet sich wegen des Besuches der großen Politik in den vergangenen Tagen im Ausnahmezustand. Demonstrationen und Scharfschützen auf den Dächern beherrschen die kleine Stadt in Nordrhein-Westfalen
dpa
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