
© Jens Hartmann
Frank Rosin: Glücklich mit einem Kaffee im Schlafanzug vor der Haustür
Sternekoch im Interview
Sternekoch, TV-Star, Kind des Ruhrgebiets - Frank Rosin zählt zur deutschen A-Prominenz. Mit uns sprach er über Heimat, Glück, sein Leben und warum er im Schlafanzug vor die Tür geht.
Sind Sie ein glücklicher Mensch, Herr Rosin?
Die Frage zu beantworten, fällt in der heutigen Zeit mit Blick auf das aktuelle Weltgeschehen natürlich schwer. Da ich gesund bin, eine gesunde Familie habe und es meinem Umfeld auch gut geht möchte ich mich in keiner Weise beklagen.
Gehört dazu auch, dass der ehemalige Glückauf-Grill Ihrer Mutter zu neuem Leben erweckt wurde?
Der Glückauf-Grill meiner Mutter ist letztlich nicht nur der Ursprung meines beruflichen Werdeganges, sondern auch der Ort, an dem das Geld für unsere Familie verdient wurde. 1976 wurde er von meiner Mutter übernommen und bildete daher schon früh ein soziales Fundament für mich. Es war nicht nur ein Imbissbetrieb, in dem Essen zubereitet wurde, sondern gleichzeitig auch eine Anlaufstelle für Menschen, die einfach nur ein offenes Ohr oder aber auch Hilfe suchten. Meine Mutter hat sich in der Region sehr stark sozial engagiert. Ich war erst vor einigen Tagen mit meinen Kindern vor Ort. Und in dem Zuge fragte mich jemand, wie mich denn dort fühle. Und ich antwortete „Wie immer – einfach zu Hause“.
Privat halten Sie Ihre Familie ja bewusst aus der Öffentlichkeit heraus – quasi das Dieter-Bohlen-Konzept. Warum, andere Prominente exponieren ihre Familie viel mehr?
Mir ist Professionalität im beruflichen Zusammenhang extrem wichtig. In meinem Job geht es ja um das, was ich tue. So zeige ich in den Medien auch nur Dinge, die im direkten Zusammenhang mit mir und meist auch in einem beruflichen Kontext stehen. Wenn ich beispielsweise als Schreiner auf einer Baustelle arbeiten würde, würde ich meine Kinder auch nicht dorthin mitnehmen.

Mit seinem Restaurant-Team verbindet den Sterne-Koch seit Jahren ein gutes Verhältnis. © Privat
Verraten Sie uns trotzdem etwas Persönliches? Wo macht Frank Rosin beispielsweise gerne Urlaub?
Grundsätzlich verbinde ich Urlaub mit Sport und Genuss. Ich versuche aber auch immer, Freunde zu besuchen. Urlaub bedeutet für mich zudem, einfach mal anders sein zu dürfen. Es ist ja kein Geheimnis, dass ich meinen Zweitwohnsitz auf Mallorca habe. Das dortige Lebensgefühl lebe und liebe ich. Dort trinke ich morgens im Schlafanzug vor der Haustür meinen ersten Kaffee. Wenn ich das in Deutschland machen würde, sähe es sicher etwas komisch aus. Auf Mallorca ist alles ein wenig anders und wunderschön. Nichtsdestotrotz ist und bleibt das Ruhrgebiet für mich eine Herzensangelegenheit. Wir leben hier in einer tollen Region.
Kochen Sie eigentlich im Urlaub?
Ich koche privat sehr viel. Für Freunde, für Gäste, für die Kinder – und das einfach, frisch und lecker.
Was würden Sie auf die berühmte einsame Insel mitnehmen? Drei Dinge?
Puh, eine gute Frage. Lassen Sie mich überlegen. Das ist richtig schwer. Es kommt auf das Wesentliche an, im Prinzip wie bei einem guten Kakao. Ich würde mich entscheiden für eine Kiste Feuerzeuge, eine Bratpfanne – nein, ich kann die Frage nicht einfach so beantworten…(lacht)

Seit 2011 hält Frank Rosin mit seinem Restaurant zwei Michelin-Sterne. © Jens Hartmann
Mähen Sie selbst den Rasen daheim in Dorsten?
Ja, wenn ich mich entspannen möchte, dann mache ich das. Ansonsten ist das Rasenmähen anderweitig organisiert, weil ich einfach wenig Zeit habe. Im Jahr bin ich in der Regel zwischen 140 und 150 Tage unterwegs.
Können Sie eigentlich bügeln?
Ja, und das mache ich auch selbst. Aber nicht nur das. Ich habe vor ein paar Minuten noch eine Maschine Wäsche gewaschen.
Warum eigentlich Schalke und nicht BVB?
Meine Eltern kamen beide aus Gelsenkirchen. Ich war sogar selbst noch bei Spielen in der Glückauf-Kampfbahn live dabei, habe also die gesamte Entwicklung mitgemacht. So bin ich durch und durch Schalker geworden. Eigentlich hatte ich ja auch gar keine Wahl (lacht). Mein Vater hat mich früher immer zu den Spielen mitgenommen. Ich erinnere mich noch sehr gut an diese Zeit. Als wir ins Stadion kamen, hatte er nur eine Eintrittskarte für sich dabei und zum Ordner immer gesagt „Der Junge geht doch so mit durch, oder?“. So klappte das früher auch.
Werden Sie auf der Straße erkannt und angesprochen?
Ja. Die Sendung „Rosins Restaurants“ ist mittlerweile im Zuge von Smart TV und Internet in vielen europäischen Ländern und nicht mehr nur in Deutschland zu sehen. Selbst in den baltischen Staaten, Dänemark oder auch in den Niederlanden haben wir eine Fanbase. Da wird man durchaus erkannt und auch mal auf der Straße angesprochen.
Sind es mehr Frauen oder mehr Männer, von denen Sie angesprochen werden?
Das ist gemischt.
Mit Oliver Engelke haben Sie ja ein Alter Ego in Dorsten-Wulfen, wie eng ist die Zusammenarbeit?
Das ist Arbeitsverhältnis und Freundschaft gleichermaßen. Dies gilt aber für viele Mitarbeiter. Wir kennen uns nun schon so viele Jahre, sind eng miteinander verbunden, haben sehr viel Nähe, aber auch ausreichend Abstand. Diese Menschen prägen das Restaurant und das Unternehmen. Ich sehe uns dabei als Team. Für mich reicht es nicht, wenn alleine der Küchenchef nach außen beworben wird; es geht um das große Ganze.
Wie entstehen bei Ihnen neue Gerichte?
Neue Gerichte entstehen zunächst durch eine neue Idee. Es ist ein Zusammenspiel verschiedener Gedanken, die dann im Kopf kulinarisch zu einem Gericht gekocht werden. Es wird dann aber auch ganz konkret im Zusammenhang geplant und aufgebaut. Vieles entsteht aber auch ganz spontan. Dabei behalte ich es mir vor, die gesamte Kreativität durch meinen Kochtopf ziehen zu lassen, auch wenn wir die Gerichte im Team gemeinsam entwickeln.
Was ist für eine Sterne-Küche die größte Herausforderung?
Es ist die individuelle, kreative Arbeit als Marke und der Anspruch, jeden Tag die gleich hohe Qualität abzuliefern. Dabei spielt es keine Rolle, ob ich vielleicht zu Hause Stress habe, viel zu tun ist oder mich Kopfschmerzen plagen. Als Marke in der Gastronomie versprechen wir etwas – dieses Versprechen gilt es dann auch dem Gast gegenüber einzuhalten.
Wie oft stehen Sie mit Oliver gemeinsam am Herd?
Nicht mehr ganz so oft. Eines Tages standen wir gemeinsam in der Küche und haben gemerkt, dass zwei einer zu viel sind. Im Fußball gibt es auch keine zwei Spielführer. Irgendwann wird man dann vielleicht zum Trainer. Viele Menschen wissen nicht, was es bedeutet, 40 Jahre in der Küche zu arbeiten. Das zehrt auch körperlich. Ich habe mich schon recht früh als Unternehmer gesehen und erkannt, dass Kochen alleine nicht ausreichen wird. Deshalb habe ich sehr schnell versucht, die Firma Rosin zu einem Unternehmen und anschließend zu einer Unternehmensgruppe zu entwickeln. Das ist mir mit meinem Team auch ganz gut gelungen. Die Kunst ist es, sein Team so stark zu machen, wie man selbst ist. Der Trainer schießt bekanntlich auch keinen Elfmeter in der Verlängerung.
Worauf sollten Menschen zu Hause in der Küche achten?
Sie sollten sich vernünftige Töpfe und Pfannen kaufen. Eine Investition in einen Induktionsherd lohnt ebenfalls, er spart Energie. Wichtig ist aber auch ein schönes Umfeld, wie beispielsweise eine wohnliche Küche. Dann macht das Kochen auch Spaß.
Was hat Sie bewogen, Ihr Leben aufzuschreiben?
In unserer Branche vollzieht sich gerade ein Generationswechsel und viele Herausforderungen, die mich beruflich geprägt haben, sind heute kein Thema mehr. Mit meiner kulinarischen Biographie möchte ich aufzeigen, wie ich zu meinem beruflichen Erfolg gekommen bin - nämlich durch knüppelharte, 40 Jahre lange Arbeit. Mittlerweile sind auch Social Media und andere Dinge wichtig, aber Kontinuität, Fleiß und die langfristige Verfolgung der eigenen Ziele sind noch immer wichtige Bausteine für den Weg zum Erfolg.
Gibt es einen Lieblingskollegen bei The Taste?
Ich verstehe mich mit all meinen Kollegen gut. Damit meine ich jetzt nicht nur das Team von The Taste. Dies gilt auch für Menschen wie z.B. Steffen Hensler oder hier im Ruhrgebiet ansässige Kollegen wie Nelson Müller oder Björn Freitag. Wir sind einfach eine tolle Truppe, helfen uns gegenseitig, reden miteinander. Die Gastronomen im Ruhrgebiet sind eine wunderbare und eingeschworene Gemeinschaft von Top-Kollegen.
Was bedeutet Heimat für Sie?
Heimat ist wie nach einer langen Reise wieder im eigenen Bett zu schlafen.
Sie engagieren sich sehr für andere Menschen, wie mit dem Projekt ROSINCHEN FOR KIDS e.V.. Was sind die Beweggründe?
Das soziale Engagement, das mir meine Mutter vorgelebt hat, lebe ich weiter. Ich möchte den Menschen und der Region etwas zurückgeben. Deshalb helfen wir Kindern aus der Region, die einfach nicht so viel Glück gehabt haben wie ich. Am falschen Ort geboren worden zu sein, kann schon ein Nachteil werden. Neben den Projekten vor Ort betreuen wir mit der Manuel-Neuer-Stiftung sowie der Til-Schweiger-Stiftung an den Wochenenden Kinder, um mit ihnen gemeinsam zu kochen, Sport zu treiben und ihnen ein Bewusstsein für Ernährung und Bewegung zu geben. Die Kinder kommen aus ambivalenten Verhältnissen. Diese Sozialarbeit bereitet allen Beteiligten und auch mir viel Freude und trägt einen Großteil zu einem erfüllten Leben bei.
Apropos – wie sehr belastet Sie das Thema Corona?
Das Thema macht auch mich müde. Wenn ich überlege, wie viele Termine abgesagt wurden, welch kostbare Zeit in den vergangenen Jahren verloren gegangen ist, welche Herausforderungen wir meistern mussten...
Ein Kind der Region - geboren, aufgewachsen und noch immer im Ruhrgebiet beheimatet. Wer hier nicht bleiben möchte, ist selber schuld. In der Freizeit steht die deutsche Nordseeküste mit ihren Inseln, im Winter stehen die Skipisten der Alpen als Lieblingsziele auf der Urlaubsagenda. Zu Hause schlägt mein Herz für den Grimme-Preis in Marl genauso wie für den Halterner Stausee, die Haard in Oer-Erkenschwick und das Kulturangebot in Recklinghausen sowie die kleinen Geheimnisse der anderen Orte - Hauptsache Kreis RE.