NICHTE SABINE W. fragt: Lieber Onkel Max! Immer wieder wundern sich meine Freunde darüber, dass ich den Geruch von alten Kellern und Benzin an der Tankstelle liebe. Dafür kann ich zum Beispiel den Duft von Lavendel nicht ausstehen. Meine Folgerung wäre, dass nicht jede Nase jeden Geruch gleich wahrnimmt, sondern es von Mensch zu Mensch Unterschiede gibt. Ist das so?
Das stimmt, liebe Sabine. Zwar existiert ein relativ breiter „nasaler Konsens“ unter den Menschen – so gibt es kaum jemanden, der den Duft von Rosen oder frischgebackenen Brötchen nicht mag oder der andersherum die Note eines körperwarmen Hundehaufens liebt. Davon abgesehen aber hat jede Nase ein etwas anderes Wahrnehmungsvermögen – oder sagen wir, einen eigenen „Nasenabdruck“.
Tatsächlich wird der Geruchssinn bereits im Mutterleib ausgebildet. Ab der 26. Schwangerschaftswoche nimmt das Ungeborene alle Düfte der Mutter wahr – auch die Gerüche dessen, was sie isst. Entsprechende Präferenzen würden demnach schon in dieser Entwicklungsphase geprägt, so Professor Hans Hatt, Inhaber des Lehrstuhls für Zellphysiologie an der Ruhr-Universität Bochum und renommierter Duftforscher.
Zur Veranschaulichung der Geruchswahrnehmung spricht Hatt von einem „Duftalphabet“ aus 350 „Buchstaben“, die den menschlichen Rezeptoren entsprechen. Jeder Rezeptor ist dabei für einen Duft zuständig, wobei etwa das Aroma einer Kaffeebohne über 100 verschiedene Duftkomponenten enthält, die stets dieselben spezifischen Rezeptoren aktivieren. Diese Kombination wird entsprechend abgespeichert. Zusammen mit dieser Duftkombination wird die momentane emotionale Situation abgespeichert. Hinzu kommen Bilder und Geräusche. Wird mit einem Duft dann ein bestimmtes Duftmuster ausgelöst, werden dabei automatisch auch die anderen sinnlichen Eindrücke wachgerufen. Da jeder Mensch mit einem jeweiligen Duft eine andere Erinnerung und andere Emotionen verbindet, wird kein Duft je bei allen Menschen die gleiche Wirkung auslösen. Ist jemand zum Beispiel ländlich inmitten regelmäßig gedüngter Felder aufgewachsen, so kann es gut sein, dass er das Aroma von Gülle angenehm empfindet, während andere die Nase rümpfen. So spielen auch bei dir solche emotionalen Verknüpfungen eine Rolle, wenn du alte Keller oder Benzin an der Tankstelle erschnupperst, liebe Sabine!
Übrigens nehmen wir viele Gerüche gar nicht bewusst wahr. Das wäre auch schier unerträglich, weil unsere Nase tatsächlich 24 Stunden im Einsatz ist und wir mit jedem Atemzug in der Luft umherschwebende Duftmoleküle aufnehmen – auch wenn wir schlafen.
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