NICHTE MIA R. fragt: Lieber Onkel Max, ich habe gelesen, dass viele Amerikaner davon überzeugt sind, dass Deutsche eine Gurke an den Weihnachtsbaum hängen. Es soll sich dabei um eine Glasgurke handeln. Das Kind, welches sie zuerst entdeckt, würde eine Jahr lang mit Glück gesegnet sein. Stimmt das?
Aber ja, liebe Mia! In Amerika ist die seltsame Ansicht, dass es eine typisch deutsche Tradition sei, den Weihnachtsbaum mit Gurken aus Glas zu verzieren, wirklich weitverbreitet. Ein Irrglaube, wie wir alle wissen! Allerdings habe ich festgestellt, dass in unseren Geschäften inzwischen auch jede Menge ungewöhnliche „Kugeln“ für den Weihnachtsbaum zu haben sind. Blaue Frösche, Zwiebeln oder eben auch Gurken als Christbaumschmuck sind heute absolut keine Seltenheit mehr. Doch zurück zu den Amerikanern. Wie es zu dieser „Legende“ gekommen ist, bleibt leider im Bereich der Spekulation. Grundsätzlich ist zunächst einmal festzuhalten, dass am Anfang Watte- und Pappobjekte den Weihnachtsbaumschmuck bestimmt haben. Und so gibt es unter den historischen Objekten des deutschen Weihnachtsmuseums in Rothenburg ob der Tauber eine große Anzahl an Gemüse- und Obstsorten, also etwa Karotten, Äpfel, Kürbisse, Birnen, Pfirsiche oder Kohlköpfe.
Mit dem Aufkommen der Glaskugeln im 19. Jahrhundert kamen dann aber natürlich neue Formen in Mode. Der geschmückte Weihnachtsbaum ist übrigens eine deutsche „Erfindung“, die sich vor allem durch die vielen europäischen Auswanderer zunächst nach Nordamerika und später über die ganze USA ausbreitete. Und was nun die Gurke als angeblich typisch deutsche Weihnachtsdekoration betrifft, so soll sich angeblich folgende Geschichte zugetragen haben: Ein gewisser John Lower, geboren 1842 in Bayern, ging mit seiner Familie nach Amerika und kämpfte dort im Bürgerkrieg. Lower wurde gefangen genommen und ins Gefängnis gebracht. Dort war sein gesundheitlicher Zustand schließlich so schlecht, dass er sicher war, bald sterben zu müssen. In dieser Situation bat er einen der Wärter, ihm einen letzten Wunsch zu erfüllen. Und zwar wollte er vor seinem Tod unbedingt eine Gurke verzehren. Der Wärter brachte ihm tatsächlich das Gewünschte und John Lower fühlte sich durch den Genuss der Gurke so gestärkt, dass er überlebte und glaubte, diesen Umstand besagter Gurke verdanken zu können.
Wieder daheim führte John Lower den Brauch ein, am Abend vor dem Weihnachtsfest eine Gurke am Baum zu befestigen. Wer dann am Morgen als erster diesen Anhänger entdeckte, dem sollte – seiner festen Überzeugung nach – ein glückliches Jahr beschieden sein.
Wer die Gurke zuerst entdeckt, bekommt ein weiteres Geschenk
In den USA ist „The Christmas Pickle – Made in Germany“ der Weihnachtsrenner. In Amerika hat sich inzwischen eine Tradition eingebürgert, die an John Lower erinnert: Heilig Abend wird neben den Weihnachtskugeln auch eine Weihnachtsgurke in den Baum gehängt, und zwar so, dass sie im Tannengrün schwer zu finden ist.
Vor der Bescherung dürfen dann die Kinder das Gemüse aus Glas suchen. Wer es zuerst entdeckt, hat im kommenden Jahr besonders viel Glück, bekommt ein extra Geschenk und darf seine übrigen Päckchen als erstes öffnen.
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