„Krisenmodus“ – so lautet das Wort des Jahres 2023. Und das nicht zu Unrecht, denn Krieg in der Ukraine und in Nahost, Inflation, Klimawandel und die Spätfolgen der Corona-Pandemie sorgen für einen gefühlt ewig anhaltenden Ausnahmezustand in Deutschland. Der vielen bedrohlichen Krisen zum Trotz blicken junge Menschen einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge jedoch positiv in die Zukunft – zumindest was ihre Berufsaussichten angeht. Der Schule stellen sie dagegen ein schlechtes Zeugnis aus: Viele fühlen sich demnach von der Schule nicht genügend auf die Arbeitswelt vorbereitet und sehen die Bildungschancen ungerecht verteilt.
Von den 14- bis 21-Jährigen gebe nur rund jeder Zehnte an, negative Erwartungen in Bezug auf seine berufliche Zukunft zu haben. Das geht aus einer repräsentativen Forsa-Befragung im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung und der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung hervor, bei der rund Tausend Menschen befragt wurden.
„Viele junge Menschen können gut einschätzen, welche Anforderungen die Arbeitswelt an sie stellen wird“, so ein Experte von Bertelsmann. Rund die Hälfte der jungen Menschen glauben demnach, dass die Bedeutung einer abgeschlossenen Ausbildung oder eines abgeschlossenen Studiums für die eigene berufliche Zukunft zunehmen wird. Von der Fülle an beruflichen Möglichkeiten fühle man sich jedoch oft überfordert.
Junge Menschen zweifeln an der Schule
Junge Menschen blicken zwar positiv in ihre eigene berufliche Zukunft, doch sie zweifeln daran, dass die Schule sie gut darauf vorbereitet. Nur knapp ein Drittel der Befragten (31 Prozent) glaube der Umfrage zufolge, dass es der Schule gelingt, den Jugendlichen relevante Fähigkeiten für die eigene Zukunft zu vermitteln. Insgesamt 67 Prozent geben an, dass dies weniger gut oder gar nicht gelingt.
Nahezu alle jungen Menschen (98 Prozent) halten Selbstorganisation für die wichtigste Fähigkeit für die berufliche Zukunft. Danach folgen Höflichkeit und Toleranz gegenüber anderen Menschen (97 Prozent) und Kenntnisse der deutschen Sprache (92 Prozent). Erst danach folgen den Autoren der Studie zufolge Fremdsprachen (84 Prozent), Kompetenzen in den Bereichen Mathematik und Naturwissenschaften (80 Prozent), Berufserfahrung in Form eines Praktikums (80 Prozent) oder gesellschaftliches Engagement (74 Prozent).
Zweifel an Gleichheit der Bildungschancen
Wie in den Vorjahren sollen die Befragten weiterhin Zweifel an der Chancengerechtigkeit im deutschen Bildungssystem geäußert haben: Nur rund ein Drittel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen sei der Meinung, dass alle Kinder in Deutschland im Großen und Ganzen unabhängig von ihrer sozialen und kulturellen Herkunft die gleichen Chancen auf eine gute Bildung haben. Eine Mehrheit von 64 Prozent findet hingegen, dass dies eher nicht der Fall ist.
In dieser Hinsicht sind junge Menschen pessimistisch: Der Umfrage zufolge gehen sie davon aus, dass sich an dieser Situation auch künftig grundlegend wenig ändern wird. Lediglich ein Drittel der jungen Menschen nehme an, dass in zehn Jahren gleiche Bildungschancen für alle Kinder in Deutschland herrschen werden, während eine Mehrheit von 57 Prozent dies eher bezweifele.
„Viele junge Menschen erkennen genau, dass wir im Bildungsbereich ein Gerechtigkeitsproblem haben. Mit Blick auf faire Chancen einerseits und den Arbeits- und Fachkräftemangel andererseits muss unsere Gesellschaft alles dafür tun, wirklich jedem jungen Menschen die Chance auf einen Schul- und Berufsabschluss zu geben“, sagt Andreas Knoke von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung.
Nach Pisa-Desaster: Wüst sieht Handlungsbedarf schon in Kitas
Neue Pisa-Studie: Deutsche Schülerinnen und Schüler so schlecht wie nie
„Krisenmodus“ ist Wort des Jahres 2023: Gesellschaft für deutsche Sprache