Wer in diesen Tagen am Kreishaus in Unna vorbeikommt, sieht an den vier Fahnenmasten Flaggen zugunsten der Aktionswoche „Nein zu Gewalt gegen Frauen“ wehen. Die Ukraine-Flagge fehlt nach vielen Monaten erstmals, und die Staatsflagge von Israel war zuvor nur für ein paar Tage zu sehen.
Im Normalfall wehen am Kreishaus die schwarz-rot-goldene Deutschland-Flagge und die grün-weiß-rote Landesflagge von NRW. Wer ordnet nun aber die Beflaggung des Amtsgebäudes mit ausländischen Fahnen an?
Gesetz über das öffentliche Flaggen
Es gibt eine gesetzliche Grundlage für das Hissen von Flaggen an öffentlichen Gebäuden: die Beflaggungsverordnung von Nordrhein-Westfalen von 1984. Sie beruht wiederum auf dem Gesetz über das öffentliche Flaggen.
In dem Regelwerk sind Beflaggungstage festgelegt worden, am bekanntesten darunter sicherlich der Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober und, auf halbmast, der Volkstrauertag. Es wird aber auch zu vielen Anlässen geflaggt, die nicht unbedingt auf den ersten Blick in den Sinn kommen: am 9. Mai zum Europatag zum Beispiel oder am 20. Juli zum Gedenken an die Hitler-Attentäter von 1944.

Die Flaggen anderer Nationen zählt die Vorschrift dagegen nicht auf. Das NRW-Innenministerium kann allerdings das Flaggen an besonderen Tagen anordnen. Diese Ermächtigung trifft das Hissen der Ukraine- und der Israel-Flagge allerdings auch nicht – denn sie hingen für viele Monate bzw. für einige Tage.
Tatsächlich hatte das NRW-Innenministerium bereits Anfang März 2022 per Erlass darüber informiert, dass die Regierung das Hissen der ukrainischen Flagge vor sämtlichen Behörden im Land ausdrücklich begrüße.
Zuvor hatte es in Düsseldorf offenbar Anfragen gegeben, ob das Setzen der Landesflagge der Ukraine überhaupt zulässig sei, heißt es in dem Erlass.
Solidarität mit der Ukraine bekunden
„Viele Menschen im ganzen Land wollen gerade ihre Solidarität mit der Ukraine zeigen. Auch als Landesregierung stehen wir fest an der Seite der Menschen vor Ort“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul damals der dpa.
Die Klarstellung war erforderlich, weil Behörden das Gebot politischer Neutralität zu beachten haben. Der Landrat ist gewählte Amtsperson und Behörde, die in allgemeinpolitischen Fragen nicht Partei ergreifen darf.
- 27. Januar als Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
- 1. Mai, Tag des Friedens und der Völkerversöhnung
- 9. Mai, Europatag
- 23. Mai, Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes
- 17. Juni, der Jahrestag des 17. Juni 1953 (Volksaufstand in der DDR)
- 20. Juli, der Jahrestag des 20. Juli 1944 (Attentat auf Hitler)
- 23. August, der Jahrestag des 23. August 1946, zur Erinnerung an die Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen
- 3. Oktober, Tag der Deutschen Einheit
- Volkstrauertag (zweiter Sonntag vor dem ersten Advent)
- Tage allgemeiner Wahlen (Wahl zum Europäischen Parlament, zu Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen)
- Am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar) und am Volkstrauertag wird halbmast geflaggt.
Die Pressestelle des Kreises Unna bestätigt eben jenes Ansinnen, das mit dem Hissen der Ukraine-Flagge seit März 2022, kurz nach Kriegsbeginn, verfolgt wird: „Sie soll ein Zeichen gegen den Krieg setzen und ein Zeichen für alle Ukrainerinnen und Ukrainern im Kreis Unna und darüber hinaus sein, dass der Kreis solidarisch an ihrer Seite steht.“
Und wie verhält es sich mit der Israel-Flagge? Sie wehte vor dem Kreishaus nur vom 16. bis 24. November. Der Terrorangriff auf israelische Staatsbürger erfolgte bekanntlich am 7. Oktober.
„Die Israel-Flagge war nicht auf Lager und musste erst beschafft werden“, heißt es von der Kreisverwaltung. Wegen längerer Lieferzeiten sei sie erst am 16. November aufgezogen worden.
Israel-Flagge auf Initiative des Landrats beschafft
„Die Israel-Flagge ist auf Initiative von Landrat Löhr beschafft und gehisst worden, um sichtbar Solidarität mit der jüdischen Gemeinde im Kreis Unna und darüber hinaus nach dem Angriffskrieg der Hamas zu zeigen“, erläutert der Kreis.
Warum aber hängen nun beide Nationalflaggen nicht mehr an den Masten? Die Beflaggungsverordnung ermächtigt kommunale Dienststellen „aus eigener Entscheidung“ zu flaggen, „wenn sie eine öffentliche Beflaggung aus regionalen Gründen für erforderlich halten“.
Daher seien für den Zeitraum von einer Woche (Freitag, 24. November bis Freitag, 1. Dezember) die „Nein zur Gewalt gegen Frauen“-Flaggen gehisst worden. Damit solle sichtbar ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen gesetzt werden.
Übrigens werden, so der Kreis Unna, am 1. Dezember sowohl die Ukraine-Flagge als auch die Israel-Flagge wieder vor dem Kreishaus gehisst – und zwar mindestens so lange, bis es zu friedlichen Lösungen in den beiden Kriegsgebieten gekommen ist.
